Nebelriss
wurde gedankt, sondern dem gütigen Schicksal, das Reichtum und Sorglosigkeit bescherte.
Im großen Festsaal von Thakstel fand ein Gelage statt. Auf langen Tafeln waren die feinsten Köstlichkeiten angerichtet. Die Tische bogen sich förmlich unter der Last der Teller und Platten, der Schüsseln und Krüge, in denen die Herrlichkeiten der sitharischen Küche auf ihre Verköstigung warteten: gebratene Ferkel in Wacholdersoße, ausgelassener Gänseschmalz, auf Glaszwiebeln gedünsteter Lachs, geröstete Hahnenleber in Kräuterbutter, Wachtelpastete und gespickter Rehrücken, gezuckerte Bohnen und vodtivischer Reis, würziges Salzkraut und Erbsenschoten in Sahneschaum; Brombeerpudding und ganatische Äpfel in Blätterteig. Die Luft war erfüllt von Wohlgerüchen, und das heitere Lachen, das lustige Klappern der Teller und Gläser verriet, dass der Hofstaat durchaus Gefallen an diesem opulenten Mahl fand.
»Es ist ein wundervolles Fest, mein Kaiser«, flüsterte Ceyla. Ihre braunen Augen ruhten voller Bewunderung auf Akendor, der seine Hände um ihre Hüften gelegt hatte. Sie standen auf einer der Emporen, die sich in Hufeisenform am oberen Rand des Festsaals entlang zogen. Von hier aus hatten sie eine hervorragende Aussicht auf die Feiernden. Schon seit einer halben Stunde sahen sie dem Treiben der jungen Adeligen zu, die sich auf die angerichteten Tafeln stürzten, zu der Musik eines Harfenspielers tanzten und singend ihre Weinbecher leerten.
Ceyla trug heute ihr kostbarstes Kleid, ein schwarzes Seidengewand, das mit silbernen Stickereien durchwirkt war. Akendor selbst hatte es ihr geschenkt; damals, nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht. Er hatte in ihre Augen geblickt, so wie er es auch heute tat, hatte ihr gelocktes Haar gestreichelt und ihren Namen geflüstert, »Ceyla, geliebte Ceyla«, und sie hatte sich vor seinen Augen entkleidet, um das Seidengewand anzulegen. Er hatte sie umarmt und geküsst, und sie war glücklich und zugleich verwirrt gewesen; sie, die doch das Leben am Hof kaum kannte, die kaum ahnte, was es bedeutete, Geliebte des Kaisers zu sein.
»Hoch lebe der Kaiser«, rief von unten einer der Grafen, den Blick auf Akendor gerichtet. Überall schössen die Gläser nach oben, und Akendor beugte sich über die hölzerne Brüstung und winkte den Feiernden zu. Sein Gesicht strahlte. Dann wandte er sich wieder Ceyla zu, die zärtlich ihre Hand auf die seine legte. »Ich freue mich, dass Ihr guter Laune seid, mein Kaiser«, sagte sie fröhlich. »In den letzten Wochen wart Ihr oft in einer so seltsamen Stimmung.« Sie suchte nach den richtigen Worten. »All Eure Sorgen und Ängste … und nun steht Ihr hier und genießt dieses wundervolle Fest.«
Akendor blickte auf die feiernden Adeligen herab. »Ja, ich genieße es«, sagte er. »Und weißt du auch, weshalb, geliebte Ceyla?«
Ihre Finger schlössen sich liebevoll um sein Handgelenk. »Nein, mein Kaiser. Verratet es mir.« »Weil es das letzte Fest ist«, sagte Akendor. Er beobachtete Ceyla und bemerkte zufrieden, wie sich ihr Mund in kindlichem Erstaunen öffnete. »Das letzte Fest, das in Thakstel gefeiert wird. Und es stimmt mich heiter, den Schmarotzern und Schmeichlern dort unten bei ihrer letzten Mahlzeit zuzusehen.«
Ceyla runzelte die Stirn. »Wie meint Ihr das, mein Kaiser?«
Er entwand sich ihrem Griff. »Mein Kaiser! Mein Kaiser!«, äffte er sie nach. »Warum nennst du mich nicht bei meinem Namen? Ich heiße Akendor Thayrin - geht das nicht in deinen hübschen Schädel?« Sie senkte den Blick. »Verzeiht mir, mein - Akendor …«
Akendor lachte auf. »Du bist ein seltsames Mädchen! Wie kannst du mir gegenüber so schüchtern sein, obwohl du in meinem Bett gelegen hast, obwohl du mich nackt gesehen und mit mir geschlafen hast?« Er zog sie zu sich heran, bis ihr Kopf an seiner Schulter lag. »Wenn ich glücklich bin, dann nur deshalb, weil du bei mir bist, Ceyla, weil ich dich in meinen Armen halte, deinen Atem spüre, den Duft deiner Haare rieche.« Er ließ sie wieder los und wies erneut auf die Feiernden. »Was kümmern mich die dort unten, solange du bei mir bist.« Ceyla blickte ihn erschrocken an. »Ihr dürft so nicht sprechen! Sie lieben Euch doch, mein Kaiser … Akendor«, verbesserte sie sich rasch, »sie verehren dich!«
Akendor schüttelte den Kopf. »Die Hälfte von ihnen spioniert mich für Scorutar aus, und sie alle sind nur deshalb am Hof, um mich abzulenken und zu täuschen. Dass ich unter all diesen Heuchlern einen
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