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Nebelriss

Nebelriss

Titel: Nebelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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›Einende‹ auf ihn niederfahren. Periston wich der Klinge geschickt aus. »Ich werde einen anderen Weg gehen«, hörte er Eidrom schreien, »einen Weg, der den Echsen selbst verschlossen ist. Bald wird ein Aufschrei durch Sithar gehen, sodass die Krämerfürsten des Silbernen Kreises vor Schreck erblassen. Man wird meinen Namen in Thax voller Angst aussprechen! Man wird mich fürchten! Und man wird Kathyga fürchten - das Königreich, das an der Seite der Goldei einem neuen Zeitalter entgegen schreitet.«
Er ist wahnsinnig,
erkannte Periston. Er wich vor der Klinge des Einenden Schwertes zurück, verteidigte sich zögernd. Vor seinen Augen verschwamm der Raum; der Holzboden, der blass im Licht der Kerzen schimmerte; das Bett, auf dem sich Duane krümmte und hinter dem mit schreckensgeweiteten Augen die Frau des Barons stand. Periston sah nichts als die Spitze des Einenden Schwertes, die ihn umtanzte, ihn verfolgte. Bemerkte nicht die Schatten, die sich in den Raum schoben; hörte nicht die scharrenden Schritte auf dem Boden. Und als sich die gold glimmende Kralle, schärfer als jede Schwertklinge, in seine Kehle bohrte, spürte er nichts als grenzenlose Verwunderung.

KAPITEL 10 - Bronze
    Es hatte geschneit in der Nacht. Eine dünne Schneedecke lag über den Dächern und Straßen von Thax, und wenn sie auch während der Morgenstunden dahinschmolz, blieb hier und dort ein grauer, wässriger Streifen am Straßenrand zurück, ein Vorbote des kommenden Winters.
    Musik lärmte in den Gassen; Flöten und Pauken, Schellen und Leiern, begleitet vom Gesang der Menschenmassen, die sich durch die Straßen schoben. Es herrschte ausgelassene Stimmung. Ein jeder hatte sein bestes Gewand angelegt; viele trugen blumengeschmückte Körbe in den Händen, die mit den Erntegaben des Jahres gefüllt waren: Brot, Obst und getrocknetes Fleisch. Immer wieder schwenkten die Menschen die Körbe über ihren Häuptern, stießen Jubelschreie aus, fassten sich an den Händen und tanzten zu der allgegenwärtigen Musik.
    Der Tag der Ernte in der Mitte des neunten Kalenders war das bedeutendste und älteste Fest, das im palidonischen Hochland gefeiert wurde. Schon zur Zeit des Eroberers Apetha hatte das Volk mit diesem Fest den alten Göttern für die reiche Ernte des ausklingenden Jahres gedankt und sie um einen milden Winter gebeten. Und wenn jene Götter auch längst in Vergessenheit geraten waren, hatte der Tag der Ernte die Jahrhunderte überdauert. Nun war es Tathril, dem die Menschen ihre Erntegaben darbrachten. Überall wehten weiße Fahnen und Bänder, denn Weiß war die Farbe Tathrils, die Farbe seiner Gnade und seines Zorns.
    Auf dem Platz der Gießer und Schmelzer bahnte sich Nhordukael einen Weg durch die Menschenmassen. Ehrfürchtig wichen die Leute vor ihm zurück, sobald sie seine weiße Priesterkutte erblickten, und wenn sich hinter ihm die Reihen schlössen, riefen sie den Namen des Gottes zum Himmel empor.
    Auch Nhordukael trug einen Korb bei sich. Er enthielt Heilkräuter aus dem Tempelhain: Goldnessel und Schachtelhalm, Verlingdorn und Branddistel, Schattenwurz und Gharidanie. Am Tag der Ernte war es die Pflicht eines jeden Priesters, sich um die Kranken und Hilflosen zu kümmern, die kein Geld besaßen, um einen Arzt bezahlen zu können. Den ganzen Tag über verbrachten die Priester damit, Wunden mit heilsamen Umschlägen abzubinden, Sumpfginster gegen Fieber und Leibesschmerzen zu verteilen oder den Absud der Fachandelblüte in entzündete Augen zu träufeln. Die Menschen dankten es den Priestern mit Lobpreisungen auf Tathril und seine Kirche, die selbst den Ärmsten beiseite stand.
Ahnungslose Narren,
dachte Nhordukael. Sie wussten nicht, dass der Tempel am Tag der Ernte nur die minderwertigen Heilkräuter an das Volk verteilte - all die verwachsenen oder noch am Stängel verfaulten Pflanzen, die sich nicht für die Herstellung wertvoller Heiltinkturen verwenden ließen. Die Kräuter, die den Armen verabreicht wurden, waren nur selten von heilsamer Wirkung, mochten manchmal mehr Schaden anrichten als helfen. Fast die Hälfte seines Korbes hatte Nhordukael deshalb aussortiert und unweit des Tempels in einen Graben geworfen, angewidert vom Gestank der verwesenden Blüten und Wurzeln.
    Der Platz der Gießer und Schmelzer lag im Norden der Stadt. Er war einer der größten Plätze von Thax. Unter der Woche polterten hier mächtige Eichenkarren über den Pflasterstein, beladen mit Holz aus den Wäldern Palguras und Kupfererz

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