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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Studenten jetzt wesentlich kleiner als vorhin während der Schlacht.
    Till wollte aufstehen, doch kaum dass er sich aufgesetzt hatte, wurde ihm schon schwindelig. Vorsichtig tastete er nach seiner Stirn. Ein schmerzhafter Stich ließ seine Hand zurückzucken. Er hatte eine pflaumengroße Beule, dort, wo ihn der Dolch des Erlkönigs getroffen hatte.
    »Na, endlich wieder unter den Lebenden angekommen?« Rolf erschien aus dem Dunkel des Eingangs und kniete sich neben Tills Lager nieder. »Du hast ganz schön was abgekriegt. Kannst von Glück sagen, dass die Wunde nicht aufgeplatzt ist.«
    Till hasste diese Art bemutternder Sprüche. Er biss die Zähne zusammen und setzte sich erneut auf, wild entschlossen so zu tun, als ginge es ihm wesentlich besser, als es in Wirklichkeit der Fall war. »Wie haben wir gewonnen?«
    Rolf deutete in Richtung einer flachen Empore, wo der alte Priester einen verletzten Hund versorgte. »Den Sieg haben wir wohl ihm zu verdanken. Er ist plötzlich mit einer Meute Hunde und mit jeder Menge gesegnetem Wodka aufgetaucht.«
    »Gesegneter Wodka?« Allein beim Gedanken an Alkohol wurde Till schon übel.
    Rolf schmunzelte. »Eigentlich ist die Sache etwas komplizierter. Ursprünglich hatte er sich und seine Leute mit Hochdruckwasserpistolen ausgerüstet, die mit vom Papst persönlich gesegnetem Frostschutzmittel und Weihwasser geladen waren. Durch den seltsamen Einfluss der Dunklen hat sich das Ganze dann in hochprozentigen Wodka in ledernen Wasserschläuchen verwandelt. Ein wahres Teufelszeug, sage ich dir! Es hat die Dunklen in rosa Wölkchen verwandelt und die Reste des Wodkas haben wir bei unserer Siegesfeier vernichtet.«
    »Der Erlkönig ist also tot und das Elfenbein befindet sich wieder in Obhut der Heinzelmänner.« Till seufzte erleichtert.
    »Ganz so ist es nicht«, druckste der blonde Krieger verlegen. »Aber auf jeden Fall ist der Spuk vorbei. Das Tor ist zurückerobert und die Heinzelmänner sind schon dabei, es wieder abzubauen. Die Knochenflöte ist leider Hundefutter geworden. Jedenfalls behauptet das Wallerich. Nur der Erlkönig … Der hat es geschafft, durch das Tor zu entkommen.« Rolf zuckte mit den Schultern. »Aber was bedeutet das schon! Schließlich gibt es für ihn keinen Weg zurück in unsere Welt. Der Sieg ist vollkommen. Und das Beste ist, abgesehen von ein paar Verstauchungen, drei angebrochenen Rippen und einer Frostbeule gibt es auf unserer Seite keine nennenswerten Verluste. Es ist wie ein Wunder!« Der Krieger sah zum Inquisitor hinüber. »Na ja, einen der Hunde hat es erwischt. Ein Pfeil. Aber das ist auch nur eine leichte Fleischwunde.« Rolf beugte sich jetzt weiter vor und senkte seine Stimme zu einem Flüstern: »Dieser Inquisitor ist ein sehr seltsamer Mensch. Ich glaube fast, er ist für den Einbruch ins Tierheim verantwortlich, von dem neulich in der Zeitung stand. Du hättest sehen sollen, wie er sich aufgeregt hat, als diese Promenadenmischung da hinten verletzt worden ist.«
    »Der Erlkönig ist entwischt?« Tills hämmernde Kopfschmerzen machten konzentriertes Zuhören zur Qual, doch diese Worte waren mit eisiger Klarheit bis in den letzten Winkel seines Hirns gedrungen. »Und der Inquisitor hat eine Geheimwaffe gegen die Dunklen ? Wie lange war ich bewusstlos?«
    »Mach dir keine Sorgen. Die Gruppe Vita Armati hat einen eigenen Arzt dabei. Der hat dich untersucht und meint, es sei alles in Ordnung. Lediglich eine Gehirnerschütterung. Du solltest …«
    »Wie lange war ich bewusstlos?«, wiederholte Till seine Frage gereizt.
    »Ich glaube vier Stunden.«
    Der Student fluchte. Dann stemmte er sich hoch und stakste auf wackeligen Beinen hinüber zum Inquisitor.

24

    Auf dem alten Friedhof gegenüber dem Archäologischen Institut lag kein Schnee. Der Winter hatte sich mit den Dunklen zurückgezogen. Seit fast drei Stunden kauerten sie hier schon hinter Grabsteinen verborgen und beobachteten einen Baum. Beständiger Nieselregen hatte sie bis auf die Haut durchnässt.
    Till blickte zu den verschiedenen Verstecken. Pater Wschodnilas trug einen langen, schwarzen Trenchcoat. Das nasse, graue Haar hing ihm in Strähnen in die Stirn. In der Dunkelheit schien er fast mit dem Baum verschmolzen zu sein, an dem er lehnte. Er hatte einen großen, schwarzen Rucksack geschultert, der mit dem in Silber aufgestickten Muschelemblem mittelalterlicher Pilger geschmückt war und den Aufnäher mit den Stadtwappen von Jerusalem, Rom, Santiago de Compostela und Köln

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