Nebenan: Roman
ihm Bambams Helm zwischen die Beine geriet und er kopfüber das letzte Stück der Treppe hinabstürzte. Till landete auf dem abgenutzten Perser am Treppenabsatz. Der Helm rollte neben ihm scheppernd über den Steinboden bis zur Küchentür.
»Lass mein Mädchen in Ruhe, Langer . Wenn ich dich noch einmal auf dem Friedhof erwische, kannst du dich auf was gefasst machen!«, zischte die leise Stimme irgendwo am Treppengeländer der Galerie, die zu Tills Zimmer führte. Eine Tür öffnete sich.
»Was ist denn hier los? Könnt ihr nicht mal nachts mit diesem Schwertkampfquatsch aufhören?« Gabriela erschien am Treppengeländer. Sie trug ein Nachthemd aus schwarzer Spitze, und obwohl sie zweifellos gerade erst aufgestanden war, saß ihr Haar so perfekt, als käme sie frisch aus einem Friseursalon.
»Hast du die Stimme gehört?«, fragte Till, während nun auch Rolf am oberen Geländer erschien.
»Stimme? Bist du sicher, dass du schon wach bist?«
»Es war jemand in meinem Zimmer«, beharrte Till. »Am Computer. Und er hat die Adressdatei der Ui Talchiu geklaut …« Er sah zum Helm bei der Küchentür. »Und dir, Rolf, sollte man deine verdammte Blechmütze um die Ohren hauen«, fluchte er. »Bist du von allen guten Geistern verlassen, das Ding mitten auf der Treppe liegen zu lassen?«
»Das Ding saß wie immer auf dem Elchkopf beim Treppenabsatz!«
»Ihr glaubt mir nicht.« Es war mehr eine ernüchterte Feststellung als eine Frage. »Dann kommt doch mit in mein Zimmer und seht euch die verdammte Diskette an. Diese Handschrift darauf …« Till eilte die Treppe hinauf und die beiden folgten ihm in sein Zimmer.
Der Text auf dem Computerbildschirm war verschwunden. Stattdessen sah man dunkle Dungeongänge. Das Diskettenlaufwerk war leer.
»Welche Diskette?«, fragte Gabriela auf ihre provozierend kühle Art.
»Sie war eben noch hier …«
»Sag mal, was stimmt mit dir eigentlich nicht? Gestern erzählst du allen, eine Möwe wäre genau auf dich zugeflogen, um dir gezielt auf den Kopf zu scheißen, heute die Sache mit der Diskette. Verfolgungswahn nennt man so was. Ich kann ja verstehen, dass du nach dem Krach mit deinem dämlichen Prof etwas durcheinander bist, aber …«
»Die Diskette war hier!«, beteuerte Till und bückte sich noch einmal nach dem Laufwerk. »Ich hab sie doch selber in Händen gehalten!«
»Dann hast du wohl Besuch von den Heinzelmännchen gehabt.« Rolf klopfte ihm mitfühlend auf die Schulter. »Wenn ich irgendwas für dich tun kann …«
»Aber ich habe sie doch …« Till zuckte innerlich zusammen. Heinzelmännchen? Er musste an den rätselhaften Zwischenfall in der Märchenvorlesung denken. Den kleinen Kerl mit seiner versponnenen Liebeserklärung. Offiziell hatte es geheißen, das sei eine Massenhalluzination gewesen. Aber Till wusste, was er gesehen hatte!
»Das kann jedem mal passieren«, erklärte Rolf mitfühlend. »Hast du dir bei dem Sturz vielleicht den Kopf gestoßen? Soll ich dir ’nen Joint drehen, damit du noch ’ne Runde schlafen kannst?«
Till fühlte sich sehr müde. Er wusste, dass die Diskette hier irgendwo sein musste. Aber er würde auf die anderen nicht weiter einreden. »Lasst mich einfach nur in Ruhe.«
Einen pedantischen Trottel hatte Cagliostro ihn genannt. Der Erlkönig verbog kunstvoll die Nadel, die er sich von Mariana hatte geben lassen, und ging dann zum Koffer hinüber. Der Graf würde schon sehen, was er davon hatte, sich wie ein Idiot aufzuführen. Dieser Zahnarztbesuch … Der reine Wahnsinn! Und auch noch damit anzugeben, dass Baldur den Arzt zum Schluss ein bisschen gezwackt hatte. Wenn er so weitermachte, würde es nicht mehr lange dauern, bis die Heinzelmänner mit ihren Hilfstruppen vor der Tür standen.
Der Elbenfürst strich sanft über den Koffer. Er hatte allen magischen Öffnungsversuchen widerstanden. Ein gutes Stück Zwergenhandwerksarbeit! Auf den ersten Blick sah er aus wie ein ganz gewöhnlicher Aktenkoffer, nur dass er viel kleiner als die Koffer der Menschen war. Doch wer immer ihn geschaffen hatte, hatte auf Nummer sicher gehen wollen. Der Erlkönig hatte das Seitenleder eingeschnitten und darunter eine dünne, aber sehr widerstandsfähige Stahlplatte gefunden. Wer an den Inhalt des Koffers wollte, musste die Schlösser öffnen.
Der Elbenfürst machte es sich in dem Sessel neben dem Bücherregal bequem, legte den Koffer auf die Knie und stellte das Radio an. Je mehr Informationen er über die veränderte Welt bekam, desto
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