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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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unheimlicher wurde sie ihm. Die Luft war voller Schmutz, die Wälder krank und vor einigen Jahren hatte es sogar Gift geregnet. Es war höchste Zeit, dass er zurückgekehrt war! Er konnte nicht begreifen, dass die Zwergenvölker untätig dabei zusahen. Man musste den Menschen Grenzen stecken.
    Nachdenklich stocherte er mit der Nadel im Kofferschloss herum. Er hätte nicht mit Cagliostro hierher kommen sollen. Der Aufenthalt Nebenan hatte den Grafen zwar verändert, aber seine menschliche Dummheit und Ignoranz waren geblieben. Er würde niemals den Weg für eine Invasion der Dunklen ebnen können. Dafür war Cagliostro viel zu sehr damit beschäftigt, Spaß zu haben.
    Mit leisem Klicken öffnete sich eines der beiden Kofferschlösser. Der Erlkönig tupfte sich mit dem Ärmel über die Stirn. Er schwitzte ein wenig. Zu transpirieren war seiner Majestät nicht angemessen! Er sollte sich besser unter Kontrolle haben!
    Der Elbenfürst lehnte sich einen Augenblick zurück und versuchte sich zu entspannen, doch bald schon begannen seine Finger auf dem Koffer zu trommeln. Cagliostro war nicht gut für sein seelisches Gleichgewicht. Er konnte den Ärger über diesen Stümper einfach nicht aus seinen Gedanken verbannen. Der Graf hatte großspurig erklärt, dass ihn der Papierkram der Zwerge nicht im Geringsten interessiere. Idiot! In so einem Koffer wurden nicht irgendwelche Buchhaltungsakten transportiert.
    Mit einem weiteren leisen Klacken sprang das zweite Schloss auf. Der Erlkönig hob den Kofferdeckel und ein Stapel Papier quoll ihm entgegen. Flüchtig überflog er die ersten Seiten. Es waren Namenslisten, kombiniert mit Zahlen.

Gachmureth
Volker von Alzey
Rübezahl
Karodame
312
117
223
513 …

    Spitzel auf der Gehaltsliste der Zwergenvölker! Aber wie mochten sie wohl bezahlt werden? Wenn er diese Liste nur nach Nebenan bringen könnte! Der Elbenfürst blätterte noch einmal zurück und ging die Namen sorgfältig einen nach dem anderen durch.
    Als er die letzte Seite auf den kleinen Stapel legte, atmete er erleichtert auf. Es war niemand aus dem geheimen Rat der Dunklen dabei. Aber etliche gehörten zum weiteren Umfeld der Rebellen gegen die Zwergentyrannei. So wie es aussah, war ihr Aufstand schon jetzt eine verlorene Sache.
    Der Erlkönig lehnte sich im Sessel zurück und betrachtete in Gedanken versunken die Bücherwand. Gewiss wäre es heldenhaft, einen aussichtslosen Kampf zu führen … Es gab einmal eine Zeit, da hatte er den Römern und ihren verführerischen Sprüchen geglaubt. Dulce et decorum est pro patria mori. Süß und edel ist es, für das Vaterland zu sterben. Unsinn! Er war einmal das gewesen, was man heute einen harten Burschen nannte. Hatte in vielen Kriegen der Feenvölker gekämpft und sich auch etliche Schlachten der Menschen angesehen. Aber einen Tod, der süß und edel war, nein, so etwas gab es nicht. Wenn Männer mit aufgeschlitzten Bäuchen ihre Gedärme in den Händen hielten und wie Kinder nach ihren Müttern riefen oder wenn sie mit zerschmetterten Beinen hilflos am Boden lagen und ihre eigene Reiterei über sie hinwegpreschte, wo war dann das Vaterland? Schlimmer waren aber vielleicht sogar die dran, die nur einen Arm oder ein Bein verloren. Als Krüppel hatten sie dann ein Leben lang Zeit festzustellen, wie viel das Vaterland für jene übrig hatte, die ihre Knochen hingehalten hatten.
    Er könnte versuchen die Papiere nach Nebenan zu schmuggeln. Dafür müsste er eines der von den Heinzelmännern bewachten Tore passieren. Wenn er erwischt wurde, würde er vermutlich für Jahrzehnte in irgendeinem Rattenloch von Kerker verschwinden, und wenn er freikam, würde ihm keiner dafür danken, was er riskiert hatte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Spitzel der Zwergenvölker auch in den innersten Kreis der Rebellion vorstießen. Die Sache war verloren, bevor sie richtig begonnen hatte. Warum also sollte er weiter dafür streiten?
    Lohnte es nicht, einzig für seine eigenen Ziele alles zu wagen? Es gab so viel in dieser Welt zu verbessern oder genauer gesagt wieder ins rechte Lot zu rücken. Das war seine Bestimmung hier! Sollte Cagliostro doch den naiven Helden spielen. Er war schließlich nur ein Mensch. Für den Grafen war diese Rolle angemessen.
    Der Erlkönig legte die Namensliste zur Seite. Er würde noch die restlichen Papiere durchgehen, doch dann sollte er die ersten Schritte in seine Freiheit wagen. Er musste ein Buch über die sachgerechte Bedienung von Automobilen finden und

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