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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Praxisspind, musterte kurz seine manikürten Fingernägel und stieß einen gedehnten Seufzer aus. Es war schon ein Kreuz, der angesagteste Zahnarzt der oberen Zehntausend zu sein. In seiner Patientendatei zu stehen war fast so gut wie ein Eintrag im Adelsregister.
    Es klingelte und er musste einen Augenblick lang das Durcheinander von Knöpfen auf dem marmornen Empfangstisch studieren, bis er endlich den Türöffner fand. Er sollte den Schichtdienst seiner Assistentinnen besser organisieren. Dass er selbst die Tür öffnen musste, war schon lange nicht mehr vorgekommen. Was für ein Notfall das wohl sein mochte? Mariana hatte am Telefon so aufgeregt geklungen, dass er nicht ganz aus ihr schlau geworden war. Aber sie hatte darauf bestanden, unbedingt noch in dieser Nacht behandelt zu werden.
    Selbstzufrieden ließ Doktor Salvatorius den Blick durch den marmorverkleideten Empfangsraum schweifen. Das hier war das Ergebnis von fünfzehn Jahren harter Arbeit. Es war weit mehr als nur eine Praxis. Dies war der hohe Tempel der Zahnmedizin!
    Die Eingangstür schwang auf. Er hatte Mariana schon länger nicht mehr gesehen. Sie war älter geworden und einmal abgesehen davon, dass sie ein wenig zerzaust wirkte, sah sie gar nicht mal schlecht aus. Aber sie ist eine Patientin, rief er sich ins Gedächtnis. Nicht dass er großen Wert auf den Eid des Hippokrates legte, aber er hatte schon bittere Erfahrungen bei Affären mit Patientinnen gemacht. Wenn man ihrer überdrüssig war, konnte man sie nicht einfach so abservieren. Es gab böses Blut, endlosen Klatsch … Das konnte er sich nicht leisten.
    »Nun, meine Liebe, wo drückt denn der Schuh?«
    »Also, das ist so … Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll …«
    »Mein Freund hat einige üble Zahnfrakturen, aber die sind nicht das eigentliche Problem«, erklärte eine Männerstimme.
    Doktor Salvatorius blickte irritiert zur Tür. Mariana war allein!
    »Ich bin hier, direkt hinter Mariana. Aber suchen Sie mich nicht, Doktor. Sie sind noch nicht in der richtigen Verfassung, um mich sehen zu können. Ein hübsches Haus haben Sie übrigens.«
    Der Zahnarzt stand auf und ging zur Tür. Was zum Teufel bedeutete das? Ob draußen noch jemand wartete? Er spürte, wie sich eine Hand auf seine Schulter legte!
    »Immer mit der Ruhe«, erklang wieder die Männerstimme aus dem Nichts. »Ich verspreche Ihnen, Sie werden heute ein Erlebnis haben, das Ihr Bewusstsein erweitern und Sie die Welt mit anderen Augen sehen lassen wird.«
    »Mariana? Was …« Er sah sich wieder hektisch um. »Du hast ein Band dabei oder einen Lautsprecher. Die Stimme, das bist doch …« Jemand kniff Salvatorius in den Arm.
    »Sie steht fast drei Meter von Ihnen weg. Das kann sie wohl nicht gewesen sein. Ich werde Ihnen jetzt helfen. Wir haben alles Nötige mitgebracht.«
    Wie aus dem Nichts erschien ein Glas auf dem Empfangstisch und füllte sich mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit.
    »Bester schottischer Whisky. Ich hoffe, das trifft Ihren Geschmack, Doktor.«
    Salvatorius blickte Hilfe suchend zu Mariana. »Ich trinke nie!«
    »Sehr gut«, lobte die Männerstimme, »das wird die Sache vereinfachen.«
    »Mariana … Ich weiß nicht, was du hier treibst, aber der Spaß ist zu Ende. Ich bin sicher, wer auch immer dir hier hilft, sitzt irgendwo und lacht sich halb tot, aber jetzt ist es genug, ich …«
    Das Mädchen sah ihn flehend an. »Trinken Sie, Doktor. Das ist kein Spaß. Die meinen es wirklich ernst.«
    »Sie hat Recht, Doktor. Wollen Sie uns sehen? Dann trinken Sie.«
    »Raus mit euch!« Salvatorius stürmte vor und griff nach Marianas Arm. »Los. Es ist mir ganz gleich, wie reich deine Eltern sind. Ich lass mich doch nicht von so einem verzogenen Gör verscheißern und …«
    Etwas packte den Zahnarzt bei den Schultern und zog ihn zurück. Neben seinem Knie knurrte es bedrohlich, als sei auch noch ein großer Hund in der Praxis.
    »Wir mögen es nicht, wenn man so grob zu unserer Wohltäterin ist«, hauchte die Männerstimme so nah an seinem Gesicht, dass Salvatorius warmen Atem auf der Wange spürte. »Jetzt trinken Sie, denn wenn ich böse werde, werde ich wiederkommen. Stellen Sie sich einmal vor, wie es ist, wenn Sie plötzlich jemand schubst, während Sie mit Ihren Skalpellen arbeiten. Ich kenne Männer wie Sie, Doktor. Sie leben von Ihrem guten Ruf, und glauben Sie mir, ich weiß, wie man einen guten Ruf ruiniert.«
    Salvatorius schielte zu dem Telefon, das auf dem Empfangstisch stand. Die

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