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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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belegte.
    Ein lang gezogenes Jaulen riss den Erlkönig aus seinen Gedanken. Blau heulte die Decke der Lagerhalle an. Er hatte die Augen verdreht, und soweit man Gefühle aus einem Hundegesicht ableiten konnte, wirkte er glücklich.
    »Was hat dein Hund?«
    Joe zuckte mit den Schultern. »Er ist high. Das dauert meistens nicht sehr lange, wenn er Farbe schnüffelt.«
    »Du meinst, dein Hund ist süchtig?«, fragte der Elbenfürst ungläubig. Er hatte schon betrunkene Pferde gesehen, die unter Obstbäumen halb verfaultes Fallobst gefressen hatten, aber Hunde, die an Farbtöpfen schnüffelten, das war eine Marke für sich.
    Der Trucker zog eine Grimasse. »Red nicht schlecht von meinem Hund!« Joe kniete sich neben Blau nieder und streichelte ihm den Nacken. »Mein Kleiner hatte ’ne schwere Kindheit. Ich hab ihn auf ’ner Müllkippe in ’nem Ölfass gefunden. Irgendein Schwein hat ihn da ausgesetzt. Blau war fast verdurstet. Trotzdem hat er versucht mir eine Hand abzubeißen, als ich ihn aus dem Fass geholt habe. Er war halt schon immer ein Hund mit Charakter!« Er gab dem Hund einen Knuff und Blau stieß ein zufriedenes Grunzen aus. »Ich hab ihn mitgenommen und hier in der Lagerhalle langsam wieder hochgepäppelt. Er hat in einem Körbchen mit Lumpen neben meiner Werkbank gelegen. Alle paar Stunden hab ich ihn mit kleinen Gulaschstückchen gefüttert. Leider hab ich erst nach zwei Wochen gemerkt, dass unter meiner Werkbank ein offener Farbtopf stand. Seitdem vermittelt der Geruch von Farbe meinem Kleinen das Gefühl, dass er geborgen ist. Wenn er an einem Farbtopf schnüffeln kann, wird er zahm wie ein Lämmchen. Und weil in dem Topf blaue Farbe war, habe ich mein kleines Beißerchen Blau genannt.«
    Joe wirkte wie eine Mutter, die stolz erzählte, wie ihr Baby den ersten Zahn bekam. Der Erlkönig beschloss zu Blau freundlich zu sein. »Eine ungewöhnliche Geschichte. Aber Blau ist sicher auch ein ungewöhnlicher Hund.«
    Der Trucker lächelte glücklich. Irgendwie sahen er und sein Hund sich in diesem Augenblick verdammt ähnlich. »Das kannst du wohl sagen! Blau ist der beste Wachhund, den ich je hatte. Du bist der Erste, der den Hof betreten durfte, ohne dabei von mir begleitet zu werden. Normalerweise ist Blau sehr misstrauisch gegenüber Fremden!«
    »Betrachten wir das als ein gutes Omen, was unsere weitere Zusammenarbeit angeht. Doch kommen wir jetzt zur Sache! Kann ich mich auf dich verlassen?«
    »He, glaubst du etwa, das Wort eines Truckers wär wie ein Furz im Wind? Wenn du gegen Mager was unternehmen willst, kannst du auf mich bauen!«
    »Und du, Gabi?«
    Die Friseuse legte die Rechte in pathetischer Geste auf ihre linke Brust. »Ich schwöre, mein Bestes zu geben.«
    Der Erlkönig zwang sich zu einem Lächeln. Er hatte einige Zweifel, wie weit er mit seinem Team kommen würde. Auf der anderen Seite brauchte er für seine nächsten Aktionen Unterstützung. Wenn die beiden Mist bauten, konnte er sich ja immer noch von ihnen trennen.
    »Wie du schon sagtest, sollten wir nicht davon ausgehen, dass der Energieminister sich an das Ultimatum halten wird, das ich ihm gestellt habe. Deshalb werde ich das auch nicht tun. Wir werden schon morgen erneut zuschlagen! Ich habe mir Folgendes gedacht …«

13

    Till hatte sich zwar keine konkreten Vorstellungen darüber gemacht, wohin die Heinzelmänner ihn und seine Freunde bringen würden, aber als sie direkt auf das Hauptgebäude der Universität zumarschierten, war er doch einigermaßen überrascht. Die Videokamera neben dem Albertus-Magnus-Sitzbild schwenkte brav zur Seite und filmte den leeren Vorplatz, als sie durch den Haupteingang marschierten. Laller winkte sie gleich dahinter eine Treppe hinunter und führte sie über einen Korridor zu einer Stahltür, hinter der eine weitere Treppe lag. Sie betraten ein wahres Labyrinth von weitläufigen Kellern. Immer weiter ging ihr schweigender Marsch, bis sie schließlich noch eine dritte enge Treppe hinabstiegen. Hier hingen merkwürdige, länglich ovale Lampen an den Wänden, die mit einem Gitterwerk aus Draht gesichert waren und gelbes Licht verbreiteten.
    Am Ende der Treppe befand sich ein Gang, der von dicken, rostigen Stahlstreben gestützt wurde. Dicht an der Wand vorbei lief ein löchriges Förderband, das offensichtlich schon seit Jahrzehnten nicht mehr in Betrieb war. In einer Seitenkammer sah man Presslufthämmer und anderes schweres Werkzeug.
    »Wo sind wir hier?«, fragte Till entgeistert.
    »Wonach sieht

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