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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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aber nicht klar, wie sie darauf reagiert hätte. Also ließ ich es bleiben.
    Der Augenblick der Rührung verflog schnell, und ich fand wieder in die Realität zurück. Ich hätte Carol jetzt gern nach den Ereignissen der letzten Jahrzehnte befragt, aber damit hätte ich sie vermutlich über die Maßen strapaziert. Bei ihr war schließlich alles noch ganz neu – im Gegensatz zu mir hatte sie keine paar Stunden Zeit gehabt, um den Schock wenigstens einigermaßen zu verarbeiten. Deshalb stimmte ich beinahe begeistert zu, als sie vorschlug, sich jetzt mal um das Essen zu kümmern: »Schließlich ist es schon Abend und das Leben muss ja irgendwie weitergehen«, meinte sie mit leicht bedrücktem Tonfall und zog sich in ihre Küche zurück.
    Ich hatte Angst vor diesem Gespräch gehabt, hatte einen Ausbruch von … Angst, Feindseligkeit, gar Hysterie erwartet und war daher froh, dass sie alles so gefasst nahm. Vermutlich würde sich das Entsetzen später einstellen …
    ***
     
    »Bratkartoffeln, wie schön!«, rief ich unwillkürlich, als ich eine gute Stunde später auf ihren Ruf hin wieder auf die Terrasse kam, wo das Abendessen auf mich wartete. Ich hatte die Zeit grübelnd in meinem Arbeitszimmer verbracht und mich hauptsächlich damit beschäftigt, dem Computer mit seiner virtuellen Tastatur seine Geheimnisse zu entlocken. Das war zwar jetzt nicht wichtig, lenkte aber ein wenig von den Problemen ab, die mich nach wie vor zu erdrücken drohten. Sobald man sich einmal daran gewöhnt hatte, eine Projektion und keine Tasten vor sich zu haben, die jedes Mal leicht klickten, wenn man sie anschlug, war es eigentlich gar nicht so schwierig. Ich stand also auf, ging hinaus und stellte fest, dass es bereits dämmerte. Was für ein Tag!
    Carol hatte ›richtig‹ gedeckt, mit Tischdecke, einer Kerze – gegen die Mücken, aber auch um ein wenig Stimmung zu machen – und einer Flasche Pinot Grigio. »Den magst du also auch«, meinte sie, und dann mussten wir beide unwillkürlich lachen. Ich denke, das tat nicht nur mir gut, denn eigentlich war die Stimmung ja nach wie vor ziemlich gespannt. Demnach gab es auch in puncto Geschmack Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Männern in Carols Leben.
    »Vielleicht sollten wir mal vergleichen«, schlug ich vor. »Also, Kartoffeln mag ich in so ziemlich jeder Zubereitung und ich bin auch überhaupt nicht sonderlich heikel. Nur mit gedünsteten Tomaten, Roten Rüben und Sellerie kann man mich verjagen.«
    »Genau wie Bernhard.« Da ich mich entgegen dem standesamtlichen Eintrag Bernd nannte, war damit schon einmal ein Unterscheidungsmerkmal gegeben.
    »Könnte es sein, dass du eine starke Abneigung gegen Pfirsiche hast?«, fragte ich, und Carols Augen weiteten sich.
    »Ja, ist doch verrückt, nicht wahr? Aber lass uns mal unsere persönliche Vergangenheit ein wenig erforschen. Ich bin in Savannah, Georgia, geboren, habe dort gleich nach dem College geheiratet, einen Football-Star unserer Highschool, aber das ging nur ein Jahr gut, dann mussten wir feststellen, dass wir beide für die Ehe noch zu jung gewesen waren und uns eigentlich gar nichts zu sagen hatten.
    Ich bin dann nach Richmond, in die Hauptstadt, gezogen, habe einen Job in der dortigen Niederlassung von Siemens angenommen, mich ziemlich schnell in den Niederlassungsleiter verliebt und den auch 1984 geheiratet.«
    »Und der hieß zufälligerweise Bernhard Lukas, habe ich recht?«
    »Ja, aber woher weißt du das?«
    »Weiß ich nicht, lag aber irgendwie nahe. Ich war übrigens nicht bei Siemens, sondern Auslandskorrespondent, und das nicht in Richmond, sondern in Washington, aber Carol – also ›meine‹ Carol – habe ich auch 1984 geheiratet. Ich vermute, dein Mädchenname war auch Gillespie, und deine Familie ist vor ein paar Generationen aus Schottland nach Georgia eingewandert?«
    Carol nickte bloß und schüttelte gleich darauf wieder einmal verblüfft den Kopf.
    »Ich habe Bernhard immer ein wenig um all die Errungenschaften in Europa beneidet«, meinte sie dann. »Und Siemens hat ihn ja wirklich fürstlich bezahlt. Nicht dass ich ihn deswegen geheiratet hätte«, entfuhr es ihr, als müsse sie sich vor mir verteidigen. »Aber weißt du, in Savannah waren wir alles andere als wohlhabend, und in Richmond lebte es sich zwar besser, doch ein Auto konnte ich mir nicht leisten. Da kam mir das Leben, das Bernhard führte, direkt luxuriös vor, und ich machte mir eine Weile Gedanken, ob wir wirklich zusammenpassen würden. Bei dem

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