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Nebra

Nebra

Titel: Nebra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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bezeichnen. Nein, er musste sich irren. Das alles existierte bestimmt nur in seiner Einbildung. Für einen kurzen Moment huschte der Gedanke durch seinen Kopf, dass er vielleicht doch ein falsches Glas erwischt hatte, irgendeine Substanz, die bewusstseinsverändernde Wirkung hatte. Doch dann fiel sein Blick auf seinen schmerzenden Arm. Er betrachtete seine Hände, seine Füße und den Raum um sich herum. Alles war so wie immer. Regale, Türen, Lampen, alles wie gewohnt. Mit Ausnahme der Eindringlinge. Waren sie also doch real? Er musste sich zwingen, nicht in Panik zu fallen. Angst erzeugte Unsicherheit, und Unsicherheit wurde zu Aggression. Und um nichts in der Welt wollte er die Kraft dieser Wesen zu spüren bekommen. Ein Blick auf ihre schrecklichen gelben Zähne und die blauen aufgeplatzten Lippen ließ ihn vor Entsetzen die Augen schließen.
    In diesem Augenblick ertönte ein Glockenton. Der Fahrstuhl war da. Der Schamane stieß die Tür auf, während der größere der beiden Angreifer Bartels packte und in die Kabine zerrte.
    Er wurde unsanft gegen die stählernen Wände geschleudert. Blut tropfte von seiner Stirn auf das verschrammte Metall. Der Schamane blickte aus seinen unergründlichen Augen auf ihn herab.
    Was wollte dieser Typ von ihm? Warum der Keller? Anscheinend wusste er genau, wohin er wollte. Bartels war sich im Klaren darüber, dass er den dreien körperlich nichts entgegenzusetzen hatte. Diese Wölfe waren stark, verdammt stark. Sie würden ihn töten, sollte er Widerstand leisten. Der Fahrstuhl hielt mit einem Ruck. Die Türen öffneten sich. Die Etage mit den Sicherheitslabors. Wieder wurde er von den Wesen gepackt und den Gang entlanggezerrt, vorbei an den Werkstätten und Depots. So plötzlich, wie sie begonnen hatte, endete die Rutschpartie. Sie waren an der hintersten Tür des Ganges angelangt.
    Auf einmal wusste er, warum sie hier waren.
    »Die Scheibe«, stammelte er. »Das ist es, was ihr wollt. Es ist die verdammte Himmelsscheibe.«
    Der Schamane knurrte etwas, das man mit viel Phantasie als Ja deuten konnte. Donnernd schlug er mit seiner Hand gegen die Wand neben dem Magnetlesegerät.
    Zitternd erhob sich Bartels. Er glaubte zu verstehen, was man von ihm wollte. Mit unsicherem Griff nahm er die Magnetkarte aus seiner Hemdtasche und hielt sie dem Schamanen entgegen. Doch statt sie an sich zu nehmen, trat dieser einen Schritt zurück und deutete in Richtung Tür. Der Befehl war eindeutig. Bartels nickte. Wenn nur seine Beine nicht so zittern würden. Er spürte, dass er kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. Bartels steckte die Karte ins Lesegerät und zog sie durch. Er brauchte zwei Versuche, bis die Elektronik ansprach. Pkase insert your key leuchtete auf dem Display auf. Bartels fischte seinen Schlüssel aus der Hosentasche. Das gestaltete sich schwieriger, als er dachte. Seine linke Schulter war von den Attacken des Wesens beinahe wie gelähmt. Doch endlich hatte er ihn und steckte ihn in die Öffnung. Der Schlüssel drehte sich im Schloss, und über dem Panel öffnete sich zischend das Ziffernfeld - die letzte Sicherheitshürde. Unter Aufbietung seiner ganzen Konzentration tippte er die siebenstellige Nummer ein und wartete. Nichts geschah.
    Noch einmal tippte er den Code ein. Diesmal drückte er die Tasten kräftiger. Immer noch keine Reaktion. Bartels spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Der Schamane begann unruhig zu werden. Er spürte wohl, dass etwas nicht stimmte. Ein scharfes Knurren aus den Kehlen der Wolfswesen erinnerte Bartels daran, dass sie nicht gewillt waren, noch länger zu warten.
    Noch einmal versuchte er es, wieder ohne Erfolg. Bartels' Gedanken rasten zeitgleich in verschiedene Richtungen. Warum funktionierte die verdammte Sicherheitsabfrage nicht? Er hatte doch den aktuellen Code eingegeben. Ein schrecklicher Gedanke fuhr ihm durch den Kopf. Was, wenn man während seiner Abwesenheit die Sicherheitsabfrage geändert hatte? War das möglich? Aber warum hätte man das tun sollen, ohne ihn zu informieren? Noch einmal hämmerte er auf die Tasten, doch das Ergebnis blieb das gleiche.
    Langsam und mit einem ganz miesen Gefühl im Magen drehte er sich um. »Es geht nicht«, sagte er. »Der Zahlencode muss geändert worden sein. Ich kann nichts dafür«, fügte er völlig überflüssigerweise hinzu. Schon bei seinen ersten Worten war das Knurren der Wölfe um einige Grade schärfer geworden. Der Schamane kam auf ihn zu. Mit der Hand schlug er Bartels vor die

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