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Nebra

Nebra

Titel: Nebra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Hand, und blickte in die Ferne. Als er sie kommen sah, stellte er seine Schale zur Seite, stand auf und kam ihr entgegen. »Guten Morgen, meine Teuerste«, sagte er mit vollem Mund. »Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, aber ich konnte mich nicht beherrschen. Der Obstsalat ist köstlich. Sie müssen ihn probieren. Wie haben Sie geschlafen?«
    »Ausgezeichnet«, entgegnete Hannah. »Ich hoffe, ich habe Sie nicht zu lange warten lassen.«
    Stromberg winkte ab. »Ich könnte hier den ganzen Tag verbringen, ohne mich zu langweilen. Haben Sie die riesigen Kolonien von Wasservögeln bemerkt? Es ist so ein wunderschöner Platz. An fast keinem Ort der Welt kann ich mich so entspannen wie hier. Und im Gegensatz zu Ihnen habe ich ja Urlaub.« In seinem Gesicht blitzte der Schalk auf. »Kommen Sie, ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    Er nahm sie bei der Hand und zog sie in Richtung eines schmalen, tunnelähnlichen Eingangs am Fuße des Turms. Sie mussten den Kopf einziehen, so niedrig war der Gang. Durch eine dicke doppelwandige Mauer hindurch betraten sie einen Innenraum, auf dessen Boden sich die Grundmauern einiger radial angeordneter Kammern erkennen ließen. In einiger Höhe sah Hannah Mauerabsätze und herausragende Stützpfosten. Vermutlich hatte man den Turm früher mit hölzernen Zwischenebenen unterteilt. Nur noch eine schmale Wendeltreppe und eine ebenso kleine Aussichtsplattform waren davon übrig geblieben. Nach oben hin war das Gebäude offen. Hannah konnte die Wolken darüber hinwegziehen sehen. »Dies war früher mal die Fluchtburg eines Keltenfürsten«, sagte Stromberg, und seine Stimme hallte von den Wänden wider. Die Akustik hier drin war fabelhaft. Sie hätte jedem Konzertsaal zur Ehre gereicht. »Dieses Gebäude verfügt sogar über eine eigene Wasserversorgung und Abwasserleitungen. Wenn man wollte, könnte man sich hier häuslich einrichten. Ein gebührender Altersruhesitz für mich, finden Sie nicht? Aber ich sehe schon, ich langweile Sie mit meinem Geschwätz. Ich hatte Ihnen eine Überraschung versprochen. Hier ist sie.« Er beugte sich nach unten, griff hinter eine Steinplatte und hielt einen Koffer in die Höhe. Im schummerigen Licht des Brochs erkannte Hannah die Sicherheitsschlösser. Sie runzelte die Stirn.
    »Ganz recht«, sagte Stromberg und drückte ihn ihr in die Hand. »Ich möchte, dass Sie ihn bekommen.«
     
     
     
33
     
    Hannah wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Nach einer Weile schüttelte sie den Kopf. »Das kann ich nicht annehmen. Die Scheibe ist viel zu wertvoll.«
    »Ich bestehe darauf«, sagte Stromberg. Sein Gesicht drückte aus, dass er in dieser Hinsicht nicht mit sich diskutieren lassen würde.
    »Sie brauchen sie viel dringender als ich.« »Brauchen? Wofür?«
    »Das will ich Ihnen erklären. Lassen Sie den Koffer ruhig hier unten stehen und folgen Sie mir.«
    Hannah sah, wie Stromberg die ersten Stufen erklomm. Sie stellte den Koffer seitlich ab, dann kletterte sie ihm nach. Die Treppe war nur einen knappen Meter breit und knarrte bedenklich, während sie emporstieg. Einen besorgten Blick nach unten werfend, überlegte sie, was wohl passieren würde, wenn eine der dünnen Stufen brach. Sie würde tief fallen, so viel war gewiss. Nach einigen Umrundungen erreichte sie die Spitze des Turms. Eine hölzerne Plattform war dort angebracht, die etwa vier Quadratmeter maß. Erleichtert legte Hannah ihre Hände auf die Mauerkrone.
    »Ist das nicht ein Anblick?«, fragte Stromberg. Hannah musste ihm zustimmen. Die Aussicht von hier oben war wirklich atemberaubend. Im Süden sah sie die Gipfel der Highlands, die wie geisterhafte Burgen aus dem Nebel ragten. Im Osten und Westen erstreckte sich die wild ausgefranste Küstenlinie. Felder und Weiden, die wie ein Flickenteppich ausgebreitet lagen, endeten an den Klippen, als wären sie abgeschnitten worden. Hier begann das Meer. Tiefblau und mit weißen Schaumkronen gesprenkelt, zog es sich bis zum Horizont. Irgendwo in der Ferne waren schwach die Umrisse der Orkney-Inseln zu erkennen. Etwa fünfzig Meter unter ihnen donnerten die Wellen gegen die Steilküste. Schwärme von Seevögeln erfüllten die Luft mit ihrem Kreischen und tanzten in der steifen Brise.
    »Also gut«, sagte Hannah. »Schießen Sie los.« Stromberg wartete einen Moment, dann sagte er: »Ich fürchte, Sie werden mich gleich noch weniger leiden können, aber es ist wichtig, dass Sie mir genau zuhören. Sie werden die Originalscheibe für eine Weile aus dem

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