Nebular Sammelband XL 1 - Aufbruch der Menschheit (Episode 1-30 - "Die Große Erschütterung")
mussten zuerst restauriert und wiederhergestellt werden. Die letzten Einträge von Schanthier befassen sich mit dem großen Krieg gegen die Dunkle Bruderschaft, der vollständigen Zerschlagung unserer Kampfflotte und dem Fall Indias. Es sind seine letzten Worte an das Volk von India.«
Ramir richtete sich steil auf. »Was ist das für ein Unsinn? Von welchem Krieg redest du? Unsere Kampfflotte wurde niemals zerschlagen. India ist nicht gefallen und wurde nicht einmal bedroht! Jeder kann sich davon mit eigenen Augen überzeugen. Du brauchst nur vor die Tür dieser Bibliothek zu treten und dich genau umzusehen!«
»Ich verfüge über Dokumentationen und Bildmaterial zum letzten Tag von India«, erklärte die KI. »Willst Du die Speicher einsehen?«
Ramir wurde blass. Seine schlimmsten Befürchtungen wurden offenbar wahr. Mit seiner Welt und dem ganzen Leben stimmte tatsächlich etwas nicht. Eine tief in ihm sitzende Unruhe wühlte ihn plötzlich auf, brach sich Bahn und stieg in sein Bewusstsein auf.
»Abspielen, alles!«, befahl er tonlos und ließ sich in den Sessel sinken.
Was seine Augen nun sahen, konnte er nicht glauben.
Schützt das Leben!
»Ich gebe euch einen guten Rat, sogar ohne Bezahlung«, gluckste Scorch gerade über die Kommunikationsverbindung, als Nok die Zentrale betrat. »Drosselt die Sauerstoffzufuhr in eurem Hangar, oder die Froniten werden in Kürze eure Basis überschwemmen.«
Die Kommandantin kniff kurz die Augen zusammen und lief zuerst zum Pult der Raumüberwachung. Hunderte Schiffe waren auf Triton gelandet und hatten sich um die Basis gruppiert. Die Anzahl der Typen war überschaubar, aber der gesamte Mond war zu einem einzigen Behelfsraumhafen geworden.
Eine Spezialistin der Raumüberwachung stand Nok kurz zur Seite. Die zwei Meter große Frau musste zur vergleichsweise zierlich gebauten Kommandantin hinabblicken, als sie mit dunkler Stimme erklärte: »Wir konnten bisher 54 unterschiedliche Bauformen klassifizieren. Größenvariationen haben wir dabei nicht berücksichtigt. Wir nehmen aber an, es gibt bei jedem Volk verschiedene Schiffsklassen. Unsere Durchmusterung bezieht sich hauptsächlich auf unübersehbare Gemeinsamkeiten bezüglich bestimmter Konstruktionsmerkmale. Die meisten Schiffszellen besitzen eine komplexe Struktur, viel ausgefallener, als unsere Pulsarkreuzer. Der Knotenrechner hat lange an einer Klassifizierung gearbeitet und eine erste Aufstellung herausgegeben. Die Daten wurden in die Registrierdatenbank der Basis überspielt. Jedes Schiff besitzt nun eine eindeutige Identifikationsnummer und Kennung. Wir können also sofort feststellen, falls neue Einheiten auftauchen und sich dieser Flotte anschließen. Es gibt aktuell 31.236 fremde Schiffe im Neptunsektor, auf Triton und den übrigen Monden des Eisriesen.«
Nok überflog kurz die Holofolie mit den Grobdaten und trat dann dicht vor das Zentraldisplay. Das kugelförmige Projektionsfeld zeigte immer noch den gestochen scharfen Bildausschnitt aus Scorchs Domizil. Die Kommandantin konnte sicher sein, dass ihr Bild ebenfalls zum Pyramidenschiff des Schwacken übertragen wurde. Ein zwischengeschalteter Universalübersetzer machte diese Unterhaltung überhaupt erst möglich.
»Demnach haben wir es also mit 54 verschiedenen Spezies zu tun?«, fragte die Kommandantin an Scorch gewandt und ließ die Frage in der Luft hängen.
Einige Sekunden verstrichen und es erfolgte zunächst keine Antwort. Scorch saß schmatzend auf seinem Sitzkissen und schien vor sich hin zu brüten.
Nok Daralamai war leicht irritiert und konnte beim besten Willen nicht sagen, ob der Schwacke ihr seine ungeteilte Aufmerksamkeit widmete oder sich auf etwas ganz anderes konzentrierte. Wie die Trox, so besaßen auch die Schwacken ein umlaufendes Sehorgan. Es gab keine Augen, die man fixieren konnte, kein Gesicht, das sich einem zuwandte.
»Wo kommen all diese Schiffe her?«, hakte Nok erneut nach.
Endlich erfolgte eine Reaktion. Der Schwacke richtete sich ein Stück auf.
»Es sind vielleicht weniger als 54 Spezies, vielleicht auch mehr, wer weiß das schon genau? Warum ist das überhaupt so wichtig? Habt ihr knochigen Zweibeiner einen angeborenen Ordnungszwang oder ist das eine evolutionsbedingte Handlung? Mussten eure Weibchen in der frühen Entwicklung immer die gesammelten Früchte und Beeren akribisch zählen und sortieren und legten somit den Grundstein für eine genetische Prägung? Trifft es zu, dass ihr deshalb auch heute noch alles
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