Nebular Sammelband XL 1 - Aufbruch der Menschheit (Episode 1-30 - "Die Große Erschütterung")
erwacht!«
Die letzten Tage von India
Als Ramir den Vorraum zur Bibliothek betrat, war er entschlossen, dem Spuk ein Ende zu bereiten. Zielstrebig ging er zum Lesesaal und ignorierte die grimmig auf ihn herabblickenden Kriegergestalten, die seinen Weg säumten. Sein Platz und auch alle übrigen waren leer.
Merkwürdig
, dachte Ramir und machte sich am holografischen Projektor zu schaffen.
Allein im Lesesaal, wählte er die komfortablere Spracheingabe für seine Datenbankabfrage. Normalerweise herrschte im Lesesaal absolute Stille. Doch jetzt war seine Stimme in der ganzen Halle zu hören.
»Zeige mir eine Liste aller extraindischen Besucher, die sich derzeit auf India aufhalten!«
Das holografische Terminal antwortete mit verbaler Sprachausgabe über ein Akustikfeld.
»Es gibt keine registrierten Besucher auf Kalmot, den anderen Städten und auf ganz India.«
Ramir rieb sich die Nase.
»Da irrst Du dich! Deine Daten sind lückenhaft! Ich habe den Fremden heute gesehen, zweimal.«
»Es gibt keine registrierten Besucher auf ganz India«, antwortete die KI monoton. »Meine Daten waren niemals lückenhaft. Ich kann jeden Bewohner von India zu jeder Zeit lokalisieren.«
Kannst Du nicht
, dachte Ramir trotzig und versuchte es anders.
»Auf welche außerindische Spezies trifft folgende Beschreibung zu: Großer muskulöser Körperbau, stark ausgeprägte Behaarung, stellenweise auch im Gesicht. Annähernd progonautischer Körperbau, aufrechter Gang, leicht vorgeschobene Stirnpartie, archaisch wirkende Rüstungen, vermutlich aus organischen Materialien gefertigt.«
Die KI benötigte eine knappe Sekunde, bis die Antwort erfolgte. »Die Beschreibung stimmt in einigen Punkten mit den Gnoboden überein, allerdings besaß dieses Volk vier Arme und einen leicht gebückten Gang.«
»Gnoboden?«, sinnierte Ramir leise. »Ich habe noch niemals etwas von dieser Zivilisation gehört. Warum sprichst Du von diesen Wesen in der Vergangenheitsform?«
»Die Zivilisation der Gnoboden wurde vor 1.024.893 India-Jahren durch die Supernova von Croxon ausgelöscht.«
Ramir schüttelte den Kopf. »Nein, archäologische Daten interessieren mich nicht. Ich suche nach einem Fremden, der fast ein Progonaut sein könnte und heute und hier unter uns lebt.«
»Es gibt keine registrierten Besucher auf Kalmot, auf die deine Beschreibung zutrifft.«
»So langsam verliere ich das Vertrauen in deine Allwissenheit!«, erwiderte Ramir wütend. »Ich glaube nicht mehr, dass Du mir effektiv weiterhelfen kannst.«
»Ich wurde gebaut, um bei komplexen und anspruchsvollen Problemstellungen behilflich zu sein, doch deine Frage überfordert meinen Kenntnisstand.«
Ramir schüttelte den Kopf.
»Ich werde mir die Daten anders besorgen müssen. Abfrage beendet!«
»Vielleicht liegt es daran, dass ich schon so lange Zeit keine sinnvollen Eingaben mehr bekommen habe. Meine Datenspeicher sind regenerativ, ich verliere also kein Wissen, aber fehlender Datenaustausch bedeutet Stagnation. Ich wurde geschaffen, um zu lernen und mein Wissen weiterzugeben, aber nicht, um in Agonie zu verfallen.«
Ramir stutzte.
»Was soll das bedeuten? Du erhältst jede Sekunde Milliarden Informationsquanten von Kalmot, dem ganzen Planeten und von unseren Kolonien …«
Der Chot verhielt mitten im Satz und erinnerte sich an die funktionsgestörten Maschinen, die ihm heute bereits begegnet waren.
Ramir wurde misstrauisch.
»Aus welcher Zeit stammen die letzten Einträge deiner holografischen Speicher und was ist ihr Inhalt?«
»Der letzte Eintrag stammt von Herrscher Schanthier und wurde vor genau 987.000 India-Jahren aufgezeichnet«, erklärte die KI.
»Na bitte! Soeben hast Du selbst bestätigt, dass etwas mit deiner zentralen Recheneinheit nicht in Ordnung ist. Herrscher Schanthier residiert heute, er lebt in der Gegenwart, nicht in der fernen Vergangenheit!«
»Das Alter meiner holografischen Speichereinträge lässt sich zweifelsfrei und exakt bestimmen«, klagte die KI.
»In Ordnung«, bestätigte Ramir. »Ich werde dir veranschaulichen, dass dir ein Fehler unterlaufen ist.
Welches Thema wurde über unseren Herrscher archiviert? Es muss sich um einen aktuellen Beitrag handeln, wie Du feststellen wirst.«
Die KI der Bibliothek antwortete nicht sofort und benötigte offenbar einige Zeit, um die Information zugänglich zu machen.
Nach rund zehn Sekunden antwortete die KI bedauernd.
»Bitte entschuldige die ungebührlich lange Wartezeit. Einige Speichereinträge
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