Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
lediglich das auslösende Moment. Er erinnerte ihn an alles, was er verloren hatte, daran, dass es in dieser Welt auch noch ein paar anständige Leute gab. In einer Welt weit über ihm, jenseits der endgültigen Finsternis. Okay, sagte er deshalb. Es war folgendermaßen ...
Dem Besitzer eines Nachtclubs wurde der Porsche gestohlen. Dies ging Banks nicht besonders nahe, denn er wusste, dass der Besitzer, ein gewisser Geordie King, selbst eine ganze Latte an Vorstrafen hatte. Früher war er ein Hansdampf in allen Gassen gewesen, ein richtiger Gangster alter Schule. Aber das war schon lange her. Nun war er ein respektabler »Geschäftsmann« und ließ sich nichts mehr zuschulden kommen.
Trotzdem hatte Geordie King noch seine Kontakte in die Unterwelt und stellte auf eigene Faust ein paar Nachforschungen an. Allzu viel fand er zwar nicht heraus, aber es war immerhin besser als nichts. Ein Informant, der Geordie einen Gefallen schuldete, hatte ihm gesagt, er solle die Augen nach einem gewissen Skippy offenhalten. Er würde ihn an einer Spinne »oder so einem Vieh« erkennen, das auf seinen rechten Handrücken tätowiert war. Eine Spinne mit fünf Beinen und einem Stachel. Mehr noch: Dieser Skippy stammte »von oben, aus dem Norden«, aus Geordies altem Revier in Newcastle, wo das Geschäft mit »Gebrauchtwagen« noch lief wie geschmiert. Sein starker Akzent würde ihn verraten, man hörte ihm sofort an, wo er herkam.
Also ließ King überall herumerzählen, dass er sich gerne mal mit einem Typ namens Skippy von oben aus dem Norden unterhalten würde. Seine diversen Kontaktleute in den Pubs und Clubs hielten die Augen nach dem Spinnen-Tattoo offen; und schon bald gingen die ersten Berichte ein – in Form ominöser Warnungen! Skippy gehöre zu einer Bande, mit der man sich besser nicht anlegte. Mit anderen Worten: Kassier’ das Geld von deiner Versicherung, Geordie, und vergiss die Sache!
Gleichzeitig hatte King jedoch munkeln hören, Skippy solle häufig eine Kneipe unweit seines eigenen Clubs im Eastend aufsuchen.
Nun, King hatte zwar eine bewegte Vergangenheit, aber seine besten Jahre lagen weit hinter ihm. Also befolgte er den Ratschlag und ließ die Finger davon ... was ihn allerdings nicht davon abhielt, die Information den Bullen zukommen zu lassen, genauer: Jim Banks. Es ging ihm sozusagen ums Prinzip. Ganovenehre und so weiter!
So kam es also, dass Banks in jener Nacht vor gerade mal einem Monat in die fragliche Kneipe ging ...
»Und du hast keinem gesagt, dass du einen Tipp bekommen hattest?« Das fand Harry ein bisschen seltsam.
Rivalitäten, erwiderte Banks mit einem körperlosen Achselzucken. Schließlich war es mein Fall. Mag sein, dass es nicht ganz den Dienstvorschriften entsprach, aber vielleicht wollte ich mir etwas beweisen. Vielleicht hatte mich auch mein Gespür verlassen? Aber wir sind hier in England und nicht in den USA, und bisher war es bei uns nicht üblich, dass Polizisten in der Ausübung ihres Dienstes getötet werden. Außerdem hatte ich es, soweit ich wusste, sowieso nur mit einer Bande von Autoschiebern zu tun. Vielleicht hätte ich mir ja ein Beispiel an Geordie King nehmen und ein bisschen vorsichtiger vorgehen sollen.
»Glaubst du, dass mehr dahintersteckt? Mehr als bloß Autodiebstähle?«
Nein, ich denke nicht. Die klauen Autos, schlicht und ergreifend. Sie sind in erster Linie jung und durchgeknallt und nehmen wahrscheinlich auch Drogen, aber sie sind bloß Autodiebe. Und mindestens einer von ihnen schert sich offensichtlich einen Dreck um ein Menschenleben! Und ein Polizist ist ihm noch weniger wert ...
»Erzähl’ mir, wie es in jener Nacht war!«
Ich dachte, du wolltest es »sehen«?
»Können wir uns das nicht für später aufheben? Für ... sagen wir, den Schluss?«
Banks schwieg einen Moment. Für ... den Mord an mir?
»Wenn es nicht zu – oh, Shit!«, unterbrach Harry sich. Um ein Haar hätte er »schmerzhaft« gesagt.
Er spürte Banks, wenn auch grimmig, grinsen. Hey, lass dir darüber keine grauen Haare wachsen, Harry! Sehen wir den Tatsachen doch ins Gesicht, meine Wortwahl könnte auch manchmal etwas sorgfältiger sein! Doch er wurde gleich wieder ernst.
Ich ging natürlich in Zivil hin, das versteht sich von selbst. Ich meine, ich habe schon lange keine Uniform mehr getragen. Aber ich zog mir nichts Besonderes an, der Laden hatte einen ziemlich üblen Ruf. In jener Nacht herrschte das reinste Sauwetter, Regen, Hagel und Gott weiß was noch alles
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