Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
vor. So als ob ... ich weiß nicht ... irgendwie war es ganz ähnlich wie dies hier, ich meine ... mit dir zu reden. Es fühlte sich an wie – wie soll ich es dir erklären? – als sei ich in meinem Kopf ... nicht mehr allein!
»In deinem Kopf? Hast du im Geist mit jemandem gesprochen?«
Ein körperloses Kopfschütteln. Nein, nicht gesprochen, zugehört! Und auch nicht ich, sondern jemand anders. So als ob da noch jemand – ein Fremder – drin gewesen wäre! Jemand, der einfach nur in meinem Hinterkopf rumsaß und sich eins grinste, während er meine Gedanken belauschte und mich ... beobachtete! Genau so hat es sich angefühlt, Harry: Auf einmal wusste ich, dass ich beobachtet wurde! Das Gefühl wurde immer stärker, bis ... na ja, bis es dann aus war. Unheimlich, was?
Harry hatte schon unheimlichere Dinge erlebt. Im Augenblick behielt er dies jedoch ebenfalls lieber für sich. Doch nachdem er Banks aufmerksam zugehört hatte, kam ihm der Gedanke, dass Darcy Clarke wohl recht haben dürfte, und zwar in beiden Punkten.
Zum einen hatte er sich bereits bis über die Ohren in den Fall vertieft, so sehr, dass dies ihn mit Sicherheit von seinen Grübeleien ablenken und er nicht mehr unentwegt darüber nachdenken würde, wer, was oder wo er eigentlich überhaupt war. Zum andern sah es tatsächlich so aus, als müsse er die Sache bis zum Schluss durchziehen, weil es eine Aufgabe für den Necroscopen war. Wer außer Harry Keogh sollte damit zurechtkommen?
Und je länger er Jim Banks zuhörte – und dessen Schock und Entsetzen spürte –, desto fester wurde sein Entschluss ...
So fing alles an, fuhr Banks nach einer Weile fort, und daran änderte sich auch nicht viel. Es war nicht die ganze Zeit über bei mir, nur wenn ich tatsächlich an dem Fall arbeitete. Doch je näher ich der Sache kam, umso stärker spürte ich seine Gegenwart. Und es war auch kein »Es«, sondern ein Er! Jemand, der genauso real ist wie du und ich ...
»Du redest von einem Telepathen«, erklärte Harry ihm, »einem Mentalisten. Jemand, der einfach so in den Geist eines Menschen eindringt, muss ...«
... ein Hirngespinst sein, schnitt Banks ihm das Wort ab. Ja, ich weiß. Zumindest dachte ich das.
»Nicht unbedingt ...«, sagte Harry nachdenklich. Denn der Necroscope entsann sich der Sache, die Boris Dragosani zugestoßen war. Der Vampir Thibor Ferenczy, jenes untote Wesen in der Erde, war in dessen Geist eingedrungen, um Dragosani seinem Willen zu unterwerfen. Außerdem wusste er, dass die Gedankenspione des E-Dezernats sich mitunter solch geistiger Lauschangriffe bedienten. Telepathie war kein wildes Hirngespinst, keine Ausgeburt der Fantasie. Es gab sie wirklich. Selbst die Gedanken, die er sich im Augenblick darüber machte, waren eine Ausprägung dieses Talents. Auch dies bekam Banks selbstverständlich mit.
Ich hatte also recht, sagte er nach einem Moment des Schweigens. Nenn’ es meinetwegen, wie du willst, aber was du da im Augenblick tust, ist genau dasselbe.
»Na ja, nicht ganz«, entgegnete Harry, indem er den Kopf schüttelte. »Soweit ich weiß, gibt es nur zwei Leute, die das hier können. Der eine bin ich, und der andere ist ... mein Sohn! Anscheinend hat er dieses Talent von mir geerbt. Und offenkundig spionieren wir dich nicht aus! Du weißt , dass ich hier bin, und es steht dir frei, dich mit mir zu unterhalten oder nicht. Echte Telepathie dagegen ist die mentale Kommunikation unter Lebenden ...« Mitunter auch Untoten! Diesen Gedanken behielt er jedoch ebenfalls für sich. Es brachte nichts, die Angelegenheit noch komplizierter zu machen, als sie ohnehin schon war.
»Außerdem«, fuhr er fort, »bedeutet Telepathie nicht zwangsläufig, dass man es mit einem ungebetenen Eindringling zu tun hat. Sie kann durchaus auch auf Gegenseitigkeit beruhen. Gewisse Freunde von mir spionieren Gedanken aus, zugegeben – allerdings um unsere Gesellschaft zu schützen und unsere Art zu leben, dieselben Ideale, für die du mit deiner Arbeit eingetreten bist. Wenn meine Freunde mir von ihren Fähigkeiten berichten, dann hat das nichts mit der unheimlichen Sache zu tun, die du erlebt hast.«
Nein, natürlich nicht, bei mir war es nämlich ein ungebetenes Eindringen!, erklärte Banks mit Nachdruck. Und mehr noch, es war richtig angsteinflößend. Hätte es nicht schließlich ein Ende gefunden, wie auch immer, dann – ich weiß nicht – hätte es mich wahrscheinlich in den Wahnsinn getrieben. Hah! Stattdessen ... gab ich den Löffel
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