Nekropole (German Edition)
standesgemäß gekleidet sein, Conte Andrej Delãny«, fuhr Corleanis fort. »Du willst doch nicht, dass man dich sofort als Ausländer erkennt, oder? Also zieh dieses prachtvolle Kleid an. Es hat mich eine Menge Mühe gekostet, all diese Kleider zu besorgen.«
»Nur über deine Leiche«, sagte Andrej. Abu Dun brummte zustimmend.
»Aber du solltest wirklich …«, begann Don Corleanis noch einmal, doch Hasan brachte ihn mit einer Geste zum Verstummen. »Es ist gut, Don«, sagte er. »Ich weiß deine Hilfe zu schätzen, und ich danke dir dafür. Gib die Kleider an Alis Männer, die sie gut gebrauchen können.«
»Aber ich …«
»Und nun solltest du wirklich gehen«, fuhr Hasan fort, jetzt eine Spur schärfer. »Wir brechen in weniger als einer Stunde auf, und du und deine Männer sollten die Stadt dann schon verlassen haben oder wenigstens auf dem Weg sein.« Er wies auf den Wirt und senkte die Stimme. »Und rate ihm und seiner Familie dasselbe, wenigstens für eine Weile.«
Corleanis machte ein betroffenes Gesicht, aber er protestierte nicht mehr, sondern raffte die Kleider mit trotzig vorgeschobener Unterlippe und so hastig wieder zusammen, dass er ganz vergaß, seinen verletzten Arm in der Schlinge vor der Brust hängen zu lassen.
»Ist alles vorbereitet?«, wandte sich Hasan an Ali.
»Selbstverständlich«, antwortete der Assassinen-Hauptmann. »Auch wenn ich nach wie vor der Meinung bin, dass wir bis zur Dämmerung …«
»Damit hast du sicherlich recht, aber so viel Zeit bleibt uns nicht, fürchte ich«, unterbrach ihn Hasan. »Gib den Männern Bescheid, dass sie sich fertig machen. Und jemand soll nach Ayla sehen und ihr dasselbe sagen.«
Corleanis winkte einen seiner Männer herbei, der den Kleiderstapel entgegennahm und hastig damit verschwand, und wandte sich mit gesenktem Blick an Hasan. »Ich weiß, es steht mir nicht zu, Euch zu kritisieren …«
»Warum tust du es dann?«, fragte Ali.
»… aber Euer … Camerlengo … hat recht, fürchte ich. Ihr wollt in den Vatikan?«
Hasan zog überrascht die Brauen hoch. Corleanis fuhr mit noch immer gesenktem Blick und noch leiserer Stimme fort: »Das wird im Moment sehr schwierig, fürchte ich, wenn nicht unmöglich. Zumindest nicht, ohne dass man Euch erkennt. Der Platz vor dem Petersdom ist voller Menschen, und das wird er auch bleiben, bis das Konklave vorüber ist, und durch den Paseo könnt Ihr ebenfalls nicht gehen. Sie haben die Besatzung des Castel Sant’ Angelo verdreifacht und kontrollieren jeden, der die Engelsbrücke betritt.«
Andrej sah aus dem Augenwinkel, wie Ali dazu ansetzte, Corleanis mit scharfen Worten in seine Schranken zu verweisen, und von Hasan mit einer seiner kaum merklichen Gesten daran gehindert wurde. »Und was genau willst du damit sagen?«
»Ich kann Euch behilflich sein, Eminenz. Es gibt … andere Wege als nur die offiziellen, um dorthin zu gelangen. Wenn Ihr mir nur sagen würdet, was …«
»Wir dort wollen?«, fiel ihm Ali ins Wort. »Das könnte ich. Aber dann müsste ich dich töten. Und alle deine Männer auch.«
Corleanis starrte ihn aus großen Augen an, schluckte und lachte dann nervös. »Euer … Camerlengo hat Humor, Eure Heiligkeit.«
»Nein«, sagte Ali. »Habe ich nicht.«
Hasan warf Ali einen leise strafenden Blick zu, bevor er sich wieder an Corleanis wandte. »Du wüsstest einen solchen Weg?«
»Ich nicht«, antwortete der fette Schmuggler, »doch ich habe einen Schwager, der jemanden kennt, der …« Corleanis brach ab, als Ali sich räusperte, und warf ihm einen ängstlichen Blick zu.
»Euer Angebot ehrt dich, Don«, sagte Hasan, nachdem er tatsächlich einen Moment lang über diesen Vorschlag nachgedacht oder wenigstens einigermaßen überzeugend so getan hatte. »Aber ich muss es ablehnen, so verlockend es auch klingt. Ich kann nicht zulassen, dass noch mehr Unschuldige ihr Leben riskieren.«
Dass Corleanis das nicht gefiel, war ihm mehr als deutlich anzusehen. Aber er schluckte die Antwort, die ihm auf der Zunge lag, herunter, auch wenn es ihm sichtlich nicht leichtfiel, und wandte sich mit einem Ruck ab, um zur Theke zu gehen, wo er mit seiner schrillen Stimme unverzüglich auf den Wirt einzureden begann. Andrej machte sich nicht die Mühe hinzuhören, aber der Mann hatte sein vollstes Mitgefühl.
»In den Vatikan?«, vergewisserte sich Abu Dun. »Wir wollen in die Schatzkammer des Vatikans einbrechen? Das wird ein Spaß.« Doch er lachte nicht, und auch sonst niemand. Für einen
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