Nele geht auf Klassenfahrt
doofe Sache«, antwortete sie und räusperte sich ausgiebig. »Ich glaube, wir haben Mäuse in der Burg. Die haben heute Nacht das Leder angeknabbert. Oder so.«
Tanne schüttelte sich. Sie konnte Mäuse nicht besonders gut leiden.
»Ist ja eklig«, sagte sie mitfühlend. »Nagetiere machen alles kaputt und pinkeln überallhin, sagt meine Mama. Sie hatte mal eine in ihrem Geschäft. Die knabberte alle Nudeln an und ist sogar die Käsetheke hochgeklettert.«
Nele nickte. »Ja, blöd«, sagte sie. Mehr nicht. Und ihre Tasche machte sie auch nicht auf.
Im Gegensatz zu Tanne schien sie überhaupt keinen Hunger zu haben. Sie saß einfach nur da und hielt ihre Tasche umklammert.
Frau Kussmund begrüßte die Kinder über Mikro und der Busfahrer machte ein paar Späße über Klabautermänner und Inselgeister.
Dann ging die Fahrt los.
Nach einer Weile kramte Tanne ihre Brotdose aus ihrem Rucksack und packte ein knuspriges Brötchen aus. Es war fingerdick mit Käse und frischen Radieschen belegt. Hungrig biss sie hinein.
Auch Florian und Basti holten ihre Vorräte heraus. Basti hatte eine Dose Cola mit und spritzte Tanne damit von hinten voll.
»Einmal duschen! Dein Käse stinkt«, kreischte er.
»Ihhh, bist du eklig!«, brüllte Tanne und sprang wütend auf. »Das klebt total.«
Während Basti einen Lachanfall kriegte, zwängte sich Tanne an Nele vorbei, um sich in der Toilette den Hals abzuwaschen.
Im selben Moment musste der Bus abbremsen, weil sich auf der Landstraße der Verkehr staute, und Tanne plumpste auf Nele.
»Pass doch auf«, rief Nele ärgerlich. »Du zerquetscht meine Tasche.« Sie schob Tanne missmutig in den Gang.
»Spinnst du?«, konterte Tanne beleidigt. »Deine doofe Tasche ist eh kaputt. Hilf mir lieber mit diesen Nervensägen.« Sie kriegte als Erstes Florian zwischen die Finger und verpasste ihm eine Kopfnuss, während Basti in Deckung ging.
Florian kicherte. »Ich bin unschuldig, Tannenzapfen«, rief er übermütig.
»Ich trink gar keine Cola.«
Tanne ballte die Faust und ging zum Angriff über. In letzter Zeit konnte Florian sie ungeheuer wütend machen.
»Tanja, sofort ist Schluss! Wer hier Streit sucht, wird postwendend wieder nach Hause geschickt.« Frau Kussmund war unbemerkt von hinten herbeigelaufen und zog Tanne ärgerlich an ihrem T-Shirt.
»Ihh, du klebst ja!«, rief sie aus und ließ los. Sie rieb ihre Handflächen.
»Deshalb bin ich doch so sauer«, heulte Tanja los. Sie konnte es überhaupt nicht leiden, wenn sie ungerecht beschuldigt wurde. Das war der einzige Grund für sie zu weinen. »Basti hat angefangen und mir Cola in den Ausschnitt gegossen.«
Frau Kussmund runzelte die Stirn. »Erstens hatte ich deutlich gesagt, dass Cola auf der Klassenreise verboten ist, und außerdem ist das wirklich fies von dir, Basti«, schimpfte sie.
»Du bekommst hiermit die erste Verwarnung. Statt dass ihr euch über unsere Reise freut, ärgert ihr euch gegenseitig. Ganz schön dumm. In zehn Minuten machen wir Pause an einer Raststätte. Dort werden wir unsere Frau Birnbaum einsammeln. Ich werde ihr einschärfen, dass sie ein Auge auf euch haben soll. Wenn wir anhalten, kann dir der Busfahrer deine Reisetasche herausgeben, Tanja, und du ziehst ein frisches Shirt an.« Sie schickte sich an, zurück auf ihren Platz zu gehen.
»Können wir dann auch zur Toilette gehen, Frau Kussmund?«, rief Nele ihr hinterher. Es war der erste Satz, den sie zu der ganzen Sache sagte.
Frau Kussmund nickte. »Klar. Und jeder von euch kriegt ein Eis. So viel Zeit muss sein. Wir machen ja Ferien.«
Das war das wirklich Nette an Frau Kussmund. Sie konnte sich ganz schön schnell aufregen, aber eine Minute später war sie wieder gut gelaunt wie immer.
»Du hättest mir mal helfen können, Nele«, klagte Tanne, als Frau Kussmund wieder nach vorne verschwunden war. »Irgendwie bist du heute komisch. Hast du Ärger gehabt? Oder Kopfweh?« Das hatte ihre Mutter manchmal und dann konnte man gar nicht mit ihr reden.
Nele schüttelte den Kopf und sagte mit einer ganz komischen Stimme: »Tut mir leid, Tanne. Es ist was anderes, aber ich kann das jetzt echt nicht sagen.«
Tanne schaute ihre Freundin besorgt an und wühlte ein Kaubonbon aus ihrer Hosentasche hervor. »Hier«, sagte sie und reichte es Nele. »Nervennahrung.«
Einige Minuten später bog der Busfahrer auf die Raststätte und die Kinder stürmten kreischend ins Freie.
Suse Birnbaum stand bereits mit einem winzigen Rollkoffer, auf dem ganz viele
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