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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Unterbrechung zur Mittagszeit neun Stunden vor der Kamera gestanden und verspürte im Augenblick keinen anderen Wunsch, als sich für eine Viertelstunde lang zu legen. Die Stargarderobe, die ihm zur Verfügung gestellt worden war, unterschied sich von den Garderoben der Chargenspieler nur dadurch, daß sie ein wenig geräumiger war, so daß ein aus der Requisitenkammer ausrangierter Sessel und ein brettharter, wachstuchbespannter Diwan darin Platz fanden. Ein winziger Wasch- und Duschraum schloß sich an. Der Hund Poldi, von der glühenden Hitze unter den Jupiterlampen nicht weniger erschöpft als sein Herr, lag hechelnd unter dem Sessel und hob lauschend den Kopf, als sich jemand der Garderobe näherte und an die Tür klopfte. Es schien offensichtlich ein Bekannter zu sein, denn der Hund schlug nicht an.
    »Raus!« knurrte Pforten, und sein abgespanntes Gesicht wurde nicht liebenswürdiger, als Leonhard trotzdem die Tür öffnete, hineinschlüpfte und aus dem Stapel von Briefen den, der für Pforten bestimmt war, auf den Schminktisch warf. Er schien den Inhalt des Schreibens, das der gelbe Umschlag enthielt, auswendig zu kennen, denn er zitierte geläufig: »Morgen sieben Uhr dreißig mit Hund. Einstellungen 135 bis 160. Dekoration und Aufbau Hundeasyl. — Übrigens waren Sie heute großartig, Herr Pforten!«
    »Hauen Sie ab, Mensch, Sie gehen mir auf die Nerven!« sagte Pforten grob und wischte sich die zentimeterdick aufgetragene Fettcreme aus dem Gesicht, aber der Dramaturg hatte in drei harten Berufsjahren ein dickes Fell bekommen.
    »Nee, wirklich, Herr Pforten, Hut ab! Und überhaupt, was Sie in den letzten Szenen aus der kleinen Simpson rausgeholt haben — Respekt vorm Dampfschiff! Hätte ich dem Mädchen nie zugetraut.« Er beugte sich nieder und streichelte Poldis Kopf. »Vom Hunde ganz zu schweigen...!« Er sprach den letzten Satz mit einer gewissen Betonung aus, als wünsche er, Pforten mit dem Zitat des bekannten Romantitels von Jerome, »Drei Mann in einem Boot... «, zu zeigen, daß er literarisch durchaus nicht so unbewandert sei, wie Pforten es annehmen mochte, denn er zog den jungen Mann mit seinen Bildungslücken manchmal erbarmungslos auf.
    Pforten warf einen Blick auf den Terminzettel: »Wo wird die Asylszene gedreht? Etwa draußen?«
    »Nee, Herr Pforten, selbstverständlich im Atelier. Is schon alles aufjebaut. Wir haben draußen zweihundert Meter abgedreht, so daß wir Ihre Szenen nur in den Streifen reinschneiden brauchen. Is bedeutend bequemer für Sie und — absolut jeruchlos! Die Hunde waren wie varrickt, man verstand sein eijenes Wort nich. Und ob Sie’s glauben oder nich — dem Stiebeling is schlecht jeworden!«
    Pfortens Gesicht glättete sich, er schnippte dem jungen Leonhard aus seiner angebrochenen Packung eine Zigarette entgegen, die jener mit Dank hinters Ohr schob, da das Rauchen in der Garderobe nur den Hauptdarstellern gestattet war.
    Der Umschwung in Pfortens Stimmung war so augenfällig, daß der junge Mann sofort wußte, Pforten werde ihn um eine Gefälligkeit bitten.
    »Was soll’s denn sein, Herr Pforten?« fragte er diensteifrig.
    Pforten stand auf und ging in den Duschraum hinüber, der nur durch einen Vorhang von wasserdichtem Kunststoff von der Garderobe abgetrennt war.
    »Ich habe heute abend eine Verabredung, Leonhard — Theaterleute aus Frankfurt«, fügte er hinzu, obwohl er genau wußte, daß der junge Mann ihm kein Wort glaubte, aber er wollte das Dekorum wahren; »kurz und gut, es handelt sich um den Hund. Ich habe keine Zeit, ihn ins Hotel zu bringen, und er ist nicht ganz die Rasse, mit der ich in einem guten Lokal aufkreuzen möchte, Sie verstehen...?«
    »Ich verstehe genau, Herr Pforten! Sie wünschen, daß ich den Poldi heute abend unter meine Fittiche nehme;«
    »Es geht doch nichts über eine rasche Auffassungsgabe!« sagte Pforten mit einem kleinen Grinsen. »Aber außerdem wird es ja auch Zeit, daß Sie sich an den Hund gewöhnen.«
    »Jetzt verstehe ich Sie nicht ganz...«, murmelte der junge Mann ahnungsvoll und sah Pforten fragend an.
    »Na, wie viele Drehtage hat denn unser vierbeiniger Künstler noch?« fragte Pforten dagegen.
    »Soviel ich weiß, zwei...«
    »Na also!« sagte Pforten gemütlich. »Dann kriegen Sie den Hund, den Sie gekauft haben, ja ohnehin zurück. Servus, mein Lieber!« Er zog das Unterhemd über den Kopf und warf es auf den Diwan. Leonhard starrte ihn an, aber da Pforten Anstalten machte, aus der Hose zu steigen, griff

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