Nelken fuers Knopfloch
Grund. Aber ich bin doch so stolz darauf, mich mit dir sehen zu lassen...«
Er zog eine Zwergdahlie aus der Vase, mit der der Tisch dekoriert war und streichelte mit der roten Blüte ihre Hand. »Da wir schon einmal bei den Geständnissen sind: Es kitzelt auch meine Eitelkeit, mit einer Frau zusammen zu sein, nach der sich jeder Mann den Hals verdreht. Und auf die Gefahr hin, dich tödlich zu langweilen, kann ich nur immer das gleiche wiederholen: Du bist das bezaubernste Geschöpf, dem ich je begegnet bin.«
»Wie vielen Frauen hast du das schon gesagt?«
»Laß mich nachrechnen!« bat er mit seinem jungenhaften Grinsen, das ihn seinem Publikum so sympathisch machte, und begann am kleinen Finger der linken Hand zu zählen. »Keinem halben Dutzend! Wenn ich einmal sterbe, werde ich wahrhaftig nur Unterlassungssünden zu bereuen haben.«
Er sah sie lächelnd an, und bereitete sich auf die Frage vor, ob auch sie einem so ruhigen Ende entgegenblicken könne, aber zum Glück erschien der Getränkekellner mit dem Chablis und zeigte Pforten diskret das Etikett; es war ein Montmaire des Jahrgangs 47, leicht und blumig, aber mit vollem Körper, und Pforten nickte zustimmend, nachdem er gekostet hatte. Fast gleichzeitig rückte der Oberkellner, weiß beschürzt vom Hals bis zu den Schuhen, mit dem Servierwagen an und legte Simone die Vorspeise vor, Krebsschwänze in einer pikanten Kräutersauce. Pforten beobachtete, wie sie es genoß, so aufmerksam bedient zu werden und im Mittelpunkt der fast feierlichen Zelebration zu stehen, mit der ihr der Getränkekellner den Wein kredenzte. Pforten hob das Glas und trank ihr zu.
»Salute, amore... Ich bin ein wenig traurig darüber, daß unsere gemeinsame Arbeit in zwei oder drei Tagen zu Ende geht...«
»Daran mag ich gar nicht denken, Michael! Bitte, wenn du schon durchaus einen Trinkspruch anbringen willst, dann bemüh dich um einen besseren Text.«
Die Trauer hinderte sie allerdings nicht, sich dem Vorgericht mit Genuß hinzugeben. Pforten sah ihr zu, wie sie die kleine Gabel zum Munde führte, einem verführerischen Mund mit zwei blitzenden Zahnreihen, und er fand sie in der schmeichelhaften Beleuchtung des lachsfarbenen Seidenschirms jugendlicher, hübscher und begehrenswerter als je zuvor.
»Du weißt, daß ich nach Frankfurt fahre, sobald unsere letzten gemeinsamen Szenen abgedreht sind...«
Sie nickte ihm zu. Ihr Blick wurde aufmerksam und wach.
Pforten zögerte sekundenlang, als stände er vor einer Hürde.
»Hättest du Lust, mich nach Frankfurt zu begleiten?« fragte er etwas unvermittelt. »Wenn ich dich Raimondi empfehle und wenn er dich sieht, müßte es doch mit dem Teufel zugehen, wenn du nicht irgendeine nette Rolle in seiner Inszenierung von >Onkel Humphrey< bekommen sollstest. Was meinst du dazu?«
»Glaubst du wirklich, daß du mich bei Raimondi unterbringen könntest?«
»Eine Garantie kann ich dir natürlich nicht geben. Aber für gewöhnlich setze ich durch, was ich mir sehr wünsche. Es fragt sich nur, ob auch du es wünschst...«
»In Frankfurt bei Raimondi zu spielen — wie du nur fragen kannst! Es wäre die Erfüllung eines Traums, den ich für unerreichbar halte...«
»Und was für ein Aber ist noch dabei?« fragte er, denn ihm war ein Zögern in ihrer Stimme und ein Schatten in ihrem Gesichtsausdruck nicht entgangen.
»Nichts von Bedeutung«, sagte sie und bemühte sich, unbefangen zu erscheinen. »Ich habe dir doch erzählt, daß Waldemar Stiebeling für mich in seinem neuen Drehbuch eine Rolle schreibt...«
»Mir ist zweierlei neu«, murmelte er etwas verkniffen, »ich höre zum erstenmal, daß du eine neue Rolle bekommen sollst — und ich höre auch zum erstenmal, daß Herr Stiebeling mit Vornamen Waldemar heißt.«
»Ich bitte dich, Michael! Sein Name steht schließlich vor jedem deiner Drehbücher!« Und in ein kleines Gelächter ausbrechend, das selbst für Pfortens geschultes Gehör keinen falschen Ton enthielt, fragte sie ihn, während sie mit der Gabel nach seiner Hand zielte, ob er etwa auf Herrn Stiebeling eifersüchtig sei.
»Stiebeling...!« Er sprach den Namen aus, als spucke er einen Tabakskrümel von der Zungenspitze. Wer war schon Stiebeling? In der Rangliste der Branche stand er als Drehbuchautor ganz weit hinten; gewiß, man brauchte diese Burschen, aber man achtete sie nicht sonderlich, es waren Metzger, die die Ideen anderer ausschlachteten. Eigentlich war die Frage dieses Mädchens schon beleidigend, aber sie war
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