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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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arbeitete als sonst. Von einer plötzlich emporflackernden Hoffnung hochgerissen, daß wenigstens Heliane in Sachrang zurückgeblieben sei — denn das konnte sie ihm doch nicht antun! — , rannte er zum Fenster und riß es auf. Der Wagen, von Etienne gesteuert, näherte sich dem Tor. Heliane saß neben ihm. Die Jungen zwischen Koffern auf der hinteren Sitzbank. Die schmiedeeisernen Flügel öffneten sich wie durch Zauberei und schlugen hinter dem Wagen wieder klirrend zusammen.
    »Heliane!!!«
    Aber sein Ruf erreichte sie nicht mehr.

18

    Stunden tiefster Niedergeschlagenheit und heftiger Selbstvorwürfe wechselten mit anderen, in denen Pforten sich von aller Schuld freisprach und in flammendem Zorn Heliane, Etienne und die Jungen der Undankbarkeit, des Verrates und der Treulosigkeit bezichtigte. Die alte Eifersucht gegen Etienne erhielt neuen Auftrieb. Etienne, das war der ewige Widersacher, der Mann im dunkeln, der ihm nicht vergaß und nie verzieh, daß er ihm Heliane weggenommen hatte. Etienne, das war der Intrigant, der ihn immer heimlich belauert hatte. Wie wäre er sonst darauf gekommen, Heliane und Manfred ausgerechnet nach Grünwald ins >Vinum bonum< zu führen! Zufall? Daran mochte glauben, wer wollte, aber nicht er! Etienne, das war der diabolische Gegenspieler, der auf seine Stunde gewartet hatte — ganz typisch für einen Halbromanen! — und der nun seine Rache vollendete, indem er auch noch die Kinder in sein Lager hinüberzog. Es waren melodramatische Szenen, in die Pforten sich hineinsteigerte, wenn er abends, von der Arbeit in den Ateliers erschöpft und erregt zugleich, nach Sachrang zurückkehrte und verloren durch das große, leere Haus irrte. Seine Stimmung wurde nicht besser, wenn ihm Babette mit verschwollenen Augen das Essen auftrug. Er stocherte lustlos in den appetitlich angerichteten Speisen herum und ließ sie oft unangerührt in die Küche zurückgehen.
    »Herrgott, Babette!« fauchte er sie an. »Hören Sie doch endlich mit der verdammten Heulerei auf! Und sehen Sie mich nicht an, als ob ich einem alten Mann das Portemonnaie geklaut hätte!«
    Aber er entlockte dem alten Mädchen nur einen neuen Tränenstrom. »Seien Sie mir nicht böse, Herr Pforten, aber ich gehe zum Quartalsersten, wenn die gnädige Frau nicht zurückkommt.«
    »Sind Sie total verrückt?« schrie er sie an. »Natürlich kommt meine Frau zurück! Weshalb, zum Teufel, sollte sie denn nicht zurückkommen? «
    »Weil sie mir einen Kuß gegeben hat, als sie ging«, schluchzte Babette, »und weil sie gesagt hat: Mach’s gut, Babettchen, alte, treue Seele. — Und das war der Abschied für immer!«
    Pforten starrte sie an, sie erzählte es später in der Küche dem Stubenmädchen Margot, daß man sich direkt vor ihm fürchten konnte. Dann drehte er sich um und stapfte wortlos aus dem Zimmer. Hölzern wie der künstliche Mensch, den sie das letzte Jahr auf dem Oktoberfest gesehen hatten. Es konnte einem eine Gänsehaut über den Rücken laufen...
    Die Suchanzeige nach dem Hund Poldi erschien an auffallender Stelle und in großem Format in sämtlichen Tageszeitungen und Abendblättern. Ein findiger Reporter schlachtete die Story von dem verlorengegangenen Filmhund sogar zu einem Zweispalter aus und leistete der Sache damit wertvolle Hilfestellung, aber es nützte nichts, der Hund blieb einfach trotz der hohen Belohnung verschwunden.
    »Und was machen wir nun, Herr Pforten?« fragte der unglückselige Leonhard, als er Pforten am Abend in Sachrang anrief, um ihm das negative Ergebnis der Suchaktion mitzuteilen.
    »Weiter inserieren, bis der Hund gefunden ist!« gab Pforten zurück. »Und erhöhen Sie die Belohnung, hören Sie!«
    Leonhard hörte und legte hundert Mark zu.
    »Das wird ‘n teurer Hund«, sagte er zum dicken Clemente, als er den neuen Insertionsauftrag vom Büro aus telefonisch an die Zeitungen durchgab.
    »Isses Ihr Jeld?« knurrte Clemente. »Na also! Schaffen Sie die Töle zurück, oder es rauscht im Karton. Seit zwei Tagen steht Pforten dusselig wie ein Anfänger vor der Kamera, wie ein besoffener Anfänger. Glauben Sie vielleicht, es macht mir Spaß, jede lausige Einstellung fuffzigmal zu wiederholen! Und außerdem kostet es Väterchen Bugatzkitsch seine Pinkepinke. Wenn der hört, daß Sie daran schuld sind — jede Minute zweitausend Eier! — , dann gute Nacht, Tante Ottilie!«
    Leonhard sah die Unterschrift des Produktionschefs schon unter seinem Kündigungsbrief: Sehr geehrter Herr... und bedauern

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