Nelson DeMille
wette, der Fahrer des toten Dons hatte bei der Abmachung nicht viel zu sagen. Was die Familiengeschäfte, die überlebenden Angestellten und die Nachfolgeregelungen anging, konnte ich mich recht deutlich entsinnen, dass es noch andere Familienmitglieder gab, die Frank Bellarosas Job wollten. Und da ich sehen wollte, wie Anthony reagierte, fragte ich: »Wie geht's Ihrem Onkel Sal?«
Anthony starrte mich an, ohne zu antworten. Ich starrte zurück.
Das letzte Mal hatte ich Salvatore D'Alessio alias Sally Dada bei Franks Beerdigung gesehen. Bevor meine Frau Frank Bellarosa umnietete, hatte es schon jemand anders versucht, und Onkel Sal war der Hauptverdächtige gewesen. Das Ganze hatte sich vor einem Restaurant in Little Italy zugetragen, und ich war leider dabei gewesen und hatte überdies so dicht neben Dandy Don Bellarosa und Vinnie, seinem Leibwächter, gestanden, dass ich mit Vinnies Blut bespritzt wurde. Nicht einer meiner besten Ausgehabende.
Natürlich war Onkel Sal bei dem Anschlag nicht zugegen gewesen, aber seine Unterschrift stand höchstwahrscheinlich unter dem Mordauftrag. Ich hasse Familienstreitigkeiten, und obwohl ich persönlich mit dem Problem durchaus vertraut bin, hat meines Wissens bislang noch kein Sutter oder Stanhope einen Mord an einem Familienmitglied in Auftrag gegeben ... obwohl es keine schlechte Idee wäre. Ich glaube sogar, dass ich gerade eine Verwendung für Anthony Bellarosa gefunden habe. Ist nur ein Witz. Wirklich.
Anthony antwortete endlich: »Mit dem ist alles okay.«
»Gut. Richten Sie Ihrem Onkel Sal schöne Grüße von mir aus, wenn Sie ihn sehen.«
»Yeah.«
Es gibt ein paar Dinge im Leben, die man nie vergisst, und die Frühlings- und Sommermonate, die mit Franks Tod im Oktober und meiner Trennung von Susan geendet hatten, sind voller Bilder und Töne, die sich für immer in mein Gedächtnis eingebrannt haben. Dazu zählt neben Vinnie, dem unmittelbar vor meinen Augen der Kopf weggeballert wurde, vor allem der Anblick des jungen Anthony Bellarosa am Grab seines Vaters. Der Junge hielt sich ungemein gut - besser als seine Mutter Anna, die ständig heulte und alle paar Minuten in Ohnmacht fiel -, und in Anthonys Augen sah ich etwas, das über Trauer hinausging. Er starrte seinen Onkel Sal so durchdringend an, dass der Ältere den Blick seines Neffen nicht erwidern konnte. Der Junge, das war für mich und alle anderen offensichtlich, wusste, dass sein Onkel versucht hatte, seinen Vater umzubringen. Und ebenso offensichtlich war, dass Anthony Bellarosa die Rechnung eines Tages begleichen würde. Daher war ich überrascht, als ich erfuhr, dass Onkel Sal gesund und munter war - und Anthony noch nicht umgebracht hatte.
Diese Herrschaften waren jedoch, wie ich im Laufe meiner kurzen Bekanntschaft mit Frank Bellarosa und seiner großen Familie gelernt hatte, überaus geduldig und umsichtig, wenn es darum ging, wer umgelegt werden sollte und wann.
Was das Thema anging, fragte ich mich, wie Anthony zu Susan Sutter stand, die etwas vollbracht hatte, woran Onkel Sal gescheitert war. Nun, da Susan wieder da war - rund vierhundert Meter von hier entfernt, genau genommen -, fragte ich mich ... aber vielleicht sollte man dieses Thema lieber auf sich beruhen lassen, deshalb blieb ich beim Familiengeplauder und fragte Anthony: »Wie geht es Ihrer Mutter?«
»Der geht's gut. Ist wieder in Brooklyn. Ich erzähl ihr, dass ich Sie gesehen habe.«
»Bestellen Sie ihr bitte meine besten Grüße.« »Yeah. Sie hat Sie gemocht.«
»Das beruhte auf Gegenseitigkeit.« Über diesem Gespräch hing drohend die unangenehme Tatsache, dass meine damalige Gattin Anna Bellarosa zur Witwe gemacht und Anthony und seinen beiden Brüdern den Vater genommen hatte. »Und Ihre Brüder?«, fragte ich. »Frankie und Tommy, richtig?«
»Richtig. Denen geht's gut. Was ist mit Ihren Kids?«
»Alles bestens.«
»Ich kann mich an sie erinnern. Clevere Kids.« »Danke.«
Die Grace Lane, die an Stanhope Hall und Alhambra vorbeiführte, war eine Privatstraße und endete am Long Island Sound, daher war Anthony Bellarosa nicht einfach vorbeigefahren, und mir kam der Gedanke, dass er noch immer in der Gegend wohnen könnte, was mir gar nicht behagte. Weil ich es genau wissen wollte, fragte ich: »Wo wohnen Sie?«
»Auf dem alten Grundstück meines Vaters«, erwiderte er. »Dort wurden ein paar Häuser gebaut, und ich hab eins davon gekauft. Sie heißen Alhambra-Anlagen. Zwei Hektar, die als Bauland ausgewiesen
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