Nelson DeMille
wurden.«
Ich antwortete nicht, erinnerte mich aber, dass ein Teil des Kuhhandels, den Frank mit der Regierung eingegangen war, darin bestanden hatte, dass er Haftverschonung bekam, im Gegenzug jedoch wegen nicht bezahlter Steuern für illegale Einkünfte und/oder Bußgeldern Alhambra abtreten musste. Als ich nach Franks Tod zum letzten Mal auf dem Grundstück war, hatte man die prachtvolle Villa abgerissen und die Ländereien in Bauplätze aufgeteilt, um die Einnahmen der Regierung zu maximieren, aber auch aus purer Bosheit.
Ich war seit meiner Rückkehr sogar ein paarmal an dem ehemaligen Anwesen vorbeigefahren und hatte durch das schmiedeeiserne Tor einen kurzen Blick auf die neuen Häuser geworfen. Es waren Mini-Alhambras mit roten Ziegeldächern und hell verputzten Mauern, so als wären die Trümmer des Herrenhauses zu kleinen Kopien seiner selbst neu erstanden. Ich fragte mich, ob der spiegelnde Teich und die Neptunstatue überlebt hatten.
Jedenfalls wusste ich jetzt, dass Anthony Bellarosa eines der Villengrundstücke erworben hatte. Ich war mir nicht sicher, ob das eine Ironie des Schicksals oder symbolisch war oder ob Anthony von Dominic, dem Bauherrn, einem Paesano von Frank, einfach ein gutes Angebot bekommen hatte.
Anthony schien über das väterliche Erbe nachzugrübeln. »Die verfluchten FBIler haben das Grundstück gestohlen«, erklärte er mir.
Es ärgert mich, wenn Menschen - wie zum Beispiel meine Exfrau - die Geschichte umschreiben, vor allem, wenn ich im fraglichen historischen Moment zugegen war. Möglicherweise kannte Anthony jedoch die näheren Umstände nicht, die zum Verlust seines Erbes geführt hatten. Allerdings konnte er sie mit Sicherheit erraten, wenn er halbwegs Köpfchen hatte und bereit war, den Tatsachen ins Auge zu sehen.
Offenbar haperte es bei ihm an beidem, denn er fuhr fort: »Die verfluchten FBIler haben das Grundstück gestohlen und meine Familie auf die Straße gesetzt.«
Wider besseres Wissen klärte ich Anthony auf: »Ihr Vater hat Alhambra an die Regierung abgetreten.«
»Yeah. Sie haben ihm 'ne Knarre an den Kopf gehalten, und dann hat er es ihnen gegeben.«
Ich hätte dem unangekündigten Besuch einfach ein Ende bereiten sollen, aber es gab da noch ein paar Punkte zu klären, und ich war ... na ja, vielleicht ein bisschen um Susan besorgt. Immerhin war sie nach wie vor die Mutter meiner Kinder. Ich schaute mir Anthony genau an. Er sah nicht aus wie ein Killer, aber das galt auch für seinen Vater. Für Susan übrigens ebenfalls. Ich gehe jede Wette ein, dass Frank überrascht war, als sie die Waffe zog und drei Schüsse abgab.
Anthony ließ sich weiter über das Thema aus: »Sie haben die RicO-Gesetze angewandt und sich alles gegriffen, was sie in die Finger kriegen konnten, nachdem er ... tot war. Wie es die römischen Kaiser gemacht haben, wenn ein Vornehmer gestorben ist. Sie haben ihn wegen irgendwas beschuldigt und sich seine Ländereien geschnappt.«
Ich hatte Frank Bellarosa eigentlich nie für einen vornehmen Römer gehalten, konnte mir aber das Justizministerium und den iRs durchaus in der Rolle eines habgierigen und mächtigen Imperators vorstellen. Nichtsdestotrotz verlor ich die Geduld und erklärte ihm: »Die Gesetze zur Bekämpfung der Bandenkriminalität und des organisierten Verbrechens sind hart und werden manchmal ungerecht angewandt, aber -«
»Sie stinken. Wo bleibt da der Rechtsstaat?«
»Sind Sie Jurist, Mr Bellarosa?«
»Nein. Aber -«
»Nun ja, ich schon. Aber vergessen wir die Gesetze. Ich weiß zufällig aus erster Hand, dass Ihr Vater einwilligte, dem Justizministerium gewisse Liegenschaften zu übertragen, wenn man ihm im Gegenzug ...« Ich sah, dass Anthony wusste, worauf das hinauslief, und nicht hören wollte, dass sein Vater das einzige Gesetz gebrochen hatte, das zählte - das Gesetz der Omertà, die Schweigepflicht.
Daher und weil man über Tote nur Gutes sagen soll, fuhr ich fort: »Ihr Vater hatte Steuers chulden ... ich war sein Steuer berater ... und er hat sich darauf eingelassen, dem Finanzministerium ein paar seiner Besitztümer abzutreten, darunter leider auch Alhambra.« Frank hatte auch Stanhope Hall hergeben müssen, das er, wie ich glaube, auf Susans Drängen hin meinem idiotischen Schwiegervater William abgekauft hatte. Aber ich war mir nicht sicher, ob Anthony darüber Bescheid wusste, und da ich nicht wollte, dass er sich noch weiter hineinsteigerte, sagte ich lediglich: »Es war kein schlechter
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