Nelson DeMille
Deal.«
»Es war Raub.«
Genau genommen war es eine Kapitulation um des Überlebens willen. Ich erinnerte mich, was Frank Bellarosa zu mir gesagt hatte, als er unter Hausarrest stand und seine Kooperation mit den Bundesbehörden zu rechtfertigen versuchte: »Der alte Schweigekodex ist nicht mehr. Die wahren Männer, die rechtschaffenen, die Helden, sind ausgestorben, und zwar auf beiden Seiten des Gesetzes. Heute sind wir alle Papiertiger der Mittelschicht, die Bullen und die Schurken; und wenn es nötig ist, machen wir Geschäfte, um unsere Haut, unser Geld und unser Leben zu retten. Wir verpfeifen alle, und wir ergreifen die Chance mit Freuden.«
Frank Bellarosa hatte seine ungebetene Erklärung mit den Worten abgeschlossen: »Ich war einmal im Gefängnis, Anwalt. Glauben Sie mir, das ist kein Platz für unsereinen. Es ist für die bösen Menschen, die Finsterlinge, die harten Burschen.«
Anthony warf mir einen kurzen Blick zu, zögerte und sagte dann: »Manche Jungs sagen, Sie wissen schon, dass mein Vater Feinde hatte ... und manche Jungs sagen, er hat... der Regierung Informationen verkauft.« Wieder warf er mir einen Blick zu, und als ich nicht reagierte, sagte er: »Jetzt ist mir klar, dass es bloß um Steuerprobleme ging. Sie haben ihn deswegen schon mal drangekriegt.«
»Stimmt.«
Er lächelte. »Genau wie Al Capone. Wegen Schnapsschmuggel konnten sie Capone nicht kriegen, deshalb haben sie ihn wegen den Steuern drangekriegt.« »Ganz genau.«
»Es läuft also darauf hinaus, Anwalt, dass Sie ihm gesagt haben, er soll sie bezahlen.«
»Richtig. Das ist besser als eine Anklage wegen Steuerhinterziehung.« Eigentlich hatte Frank Bellarosa mir geholfen, mich aus einer Anklage wegen Steuerhinterziehung herauszuwinden. Genau genommen hatte Frank das Steuerverfahren gegen mich in die Wege geleitet, wie ich später herausfand; dass er mich rauspaukte, war also das Mindeste, was er tun konnte. Danach war ich ihm einen Gefallen schuldig, den ich ihm tat, als ich ihm bei einer Mordanklage beistand. Franks Vorbild war, was nicht weiter verwunderlich ist, Niccol o Machiavelli, und er konnte ganze Passagen aus Der Fürst zitieren und wahrscheinlich sogar eine Fortsetzung schreiben.
»Dass sich die FBIler dieses Grundstück gegriffen haben, hatte also nichts mit der Mordanklage gegen ihn zu tun?«, fragte mich Anthony.
»Nein.« Und das stimmte teilweise sogar. Komischerweise hatte Frank der Bischof Bellarosa, wahrscheinlich der größte Kriminelle Amerikas, der nicht in den Diensten der Regierung stand, den ihm zur Last gelegten Mord nicht begangen. Ansonsten gab es zweifellos nur wenig, das er in zwanzig, dreißig Jahren organisierter Kriminalität nicht getan hatte, aber diese Anklage wegen der Ermordung eines kolumbianischen Drogenbosses war von Mr Alphonse Ferragamo zurechtfrisiert worden, einem US-Bundesanwalt, der eine persönliche Vendetta wider Mr Frank Bellarosa führte.
»Sie waren einer seiner Anwälte bei dieser Mordsache. Richtig?«, fragte Anthony.
»Richtig.« Eigentlich war ich sein einziger Anwalt. Die sogenannten Mafia-Anwälte hielten sich bedeckt, während John Whitman Sutter von Perkins, Perkins, Sutter und Reynolds vor einem Bundesgericht stand und der ungewohnten Aufgabe nachkam, sich einfallen zu lassen, wie man einen Mafia-Don gegen Kaution freibekam. Frank wollte wirklich nicht ins Gefängnis.
»Wissen Sie, dass das FBI die Typen gefunden hat, die den Kolumbianer umgenietet haben?«
»Das weiß ich.« Ich hatte es schon vor Jahren von meiner Tochter erfahren, die stellvertretende Bezirksstaatsanwältin in Brooklyn ist und froh war, mir erzählen zu können, dass ich einen Unschuldigen verteidigt hatte. Die Worte »unschuldig« und »Frank Bellarosa« werden für gewöhnlich nicht im selben Satz verwendet, aber innerhalb der engen Grenzen dieses Falles hatte ich das Richtige getan und war somit rehabilitiert. Gewissermaßen.
»Dieser Drecksack von Ferragamo hatte es auf meinen Vater abgesehen.«
»Stimmt.« Tatsache war, dass Mr Ferragamo, der US-Bundesanwalt für den südlichen Bezirk von New York, die größte Trophäe des Dschungels einheimsen wollte - Frank Bellarosa. Die Mordanklage war aus der Luft gegriffen, aber letzten Endes hatte Alphonse Ferragamo seine Beute zu Fall gebracht, wie ein Schakal, der sich in einen großen Kaffernbüffel verbeißt.
Anthony fuhr mit seiner Eloge fort: »Dieser Drecksack konnte nichts von dem beweisen, was er ihm vorgeworfen hat. Es war alles
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