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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis
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aber ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte.
    »Sie kümmern sich also um ihre Hütte?«
    »Ganz recht.«
    Anthony deutete mit dem Kopf zum Durchgang ins Esszimmer und sagte, auf die Papierstapel anspielend: »Sieht so aus, als ob Sie hier allerhand Arbeit haben.« Er lächelte und fragte: »Ist dies das Testament der alten Dame?«
    Tatsächlich hatte ich ihr Testament gefunden, daher sagte ich: »Richtig.«
    »Hat Sie Millionen?«
    Ich antwortete nicht.
    »Hinterlässt Sie Ihnen was?«
    »Ja, eine Menge Arbeit.«
    Er lachte.
    Wie schon gesagt, ich war Ethels Nachlassverwalter, und ihre weltlichen Besitztümer gingen an ihr einziges Kind, besagte Elizabeth. In Ethels Testament, das ich aufgesetzt hatte, wurde mir nichts vermacht, und ich wusste auch, dass sie es genau so haben wollte.
    »Mr Sutter? Was haben Sie in London gemacht?«
    Anthony schaukelte mit dem Stuhl, und ich beugte mich zu ihm vor. »Warum stellen Sie mir all diese Fragen?«
    »Ach ... ich will mich bloß unterhalten.«
    »Okay, dann stelle ich Ihnen mal ein paar unterhaltsame Fragen. Woher wissen Sie, dass Mrs Allard im Sterben liegt?« »Jemand hat's mir erzählt.«
    »Und woher wissen Sie, dass ich in London lebe und momentan hier bin?« »Ich höre allerlei.«
    »Geht's ein bisschen genauer, Mr Bellarosa?«
    »Anthony. Nennen Sie mich Anthony.«
    Näher wollte er sich dazu anscheinend nicht äußern.
    Ich musterte sein Gesicht im schummrigen Lichtschein. Anthony war etwa siebzehn oder achtzehn gewesen - in der elften oder zwölften Klasse auf der La Salle -, als meine Frau seinen Vater ermordete. Er war also noch keine dreißig, aber ich erkannte an den Augen und am Verhalten, dass Anthony Bellarosa im Gegensatz zu den meisten amerikanischen Jungs, die erst spät erwachsen werden, ein Mann war oder zumindest kurz davor stand. Früher ließ er sich Tony nennen, aber die Kurzform hatte nicht das nötige Gewicht, deshalb war er jetzt Anthony.
    Vor allem aber fragte ich mich, ob er die Geschäfte seines Vaters übernommen hatte.
    Das Grundprinzip des amerikanischen Strafrechts ist, dass jemand als unschuldig gilt, bis seine Schuld bewiesen ist. Allerdings konnte ich mich in diesem Fall noch ganz deutlich daran erinnern, was Frank Bellarosa über seine drei Söhne gesagt hatte: »Mein Ältester, Frankie, hat keinen Sinn fürs Familiengeschäft, deshalb hab ich ihn aufs College geschickt, danach hab ich ihm in Jersey eine eigene kleine Sache aufgebaut. Tommy geht aufs Cornell. Er will ein großes Hotel in Atlantic City oder Vegas leiten. Ich will ihn bei Frankie in Atlantic City unterbringen. Bei Tony, der auf die La Salle geht, liegt die Sache anders. Er will rein.«
    Ich musterte Anthony, einst Tony genannt, und dachte daran, wie stolz Frank auf seinen jüngsten Sohn gewesen war, als er abschließend sagte: »Der kleine Grünschnabel will meinen Job. Und wissen Sie was? Wenn er ihn unbedingt haben will, kriegt er ihn auch.«
    Ich vermutete, dass Tony den Job bekommen hatte und Don Anthony Bellarosa geworden war. Aber ich wusste es nicht genau.
    Anthony fragte mich: »Ist es in Ordnung, wenn ich Sie John nenne?«
    »Ich bin jetzt Tony.« Vermutlich sollte man sich über einen Mafia-Don nicht lustig machen, aber ich habe das auch mit seinem Vater gemacht, der es zu schätzen wusste, dass ich vor ihm nicht katzbuckelte. Auf jeden Fall musste ich die Hackordnung klarstellen.
    Anthony rang sich ein Lächeln ab. »Ich kann mich erinnern, dass ich Sie Mr Sutter genannt habe.«
    Ohne darauf zu antworten, fragte ich ihn erneut: »Was kann ich für Sie tun, Anthony?«
    »Tja, na ja, tut mir leid, dass ich einfach so reinschneie, aber ich bin vorbeigefahren und habe Licht gesehen, und wie schon gesagt, ich hab gehört, dass Sie wieder da sind, und da das Tor geschlossen war, bin ich durch die ... wie nennen Sie das? Den Personaleingang.«
    »Den Seiteneingang.«
    »Yeah. Er war nicht abgeschlossen. Sie sollten ihn abschließen.« »Ich bin nicht der Pförtner.«
    »Richtig. Jedenfalls bin ich auf die Idee gekommen, vorbeizuschauen und Hallo zu sagen.«
    Meiner Ansicht nach steckte ein bisschen mehr Vorsatz dahinter. »Hoffentlich blockieren Sie nicht das Tor«, sagte ich zu ihm.
    »Nein. Mein Fahrer hat das Auto ein Stück weiter weg geparkt. Hey, erinnern Sie sich noch an Tony? Den Fahrer meines Vaters?«
    »Soweit ich mich erinnere, hieß er früher Anthony.«
    Er lächelte. »Yeah. Wir haben eine Abmachung. Ist nicht so verwirrend.«
    »Richtig.« Ich

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