Nelson sucht das Glück
sie über die Ereignisse der vergangenen Tage nach. Vor zwei Tagen hatte Evan sie um ein Gespräch gebeten und sie mit einer überraschenden Neuigkeit konfrontiert. Er habe wieder Kontakt zu einer früheren Freundin, mit der er vor ein paar Jahren zusammen gewesen war. Es falle ihm sehr schwer, ihr dies zu sagen, doch er habe beschlossen, es noch einmal mit der anderen Frau zu versuchen. Sie sei die große Liebe seines Lebens gewesen, meinte er, und in ein paar Tagen würde er ausziehen. Es sei schrecklich für ihn, Katey wehzutun, sagte er, aber auf lange Sicht scheine es das Beste zu sein. Zuerst war Katey sehr aufgewühlt gewesen, doch als sie nun im Flugzeug nach New York saß, fühlte sie sich erleichtert. Sie hatte die Zeit mit Evan genossen, doch etwas an ihrer Beziehung hatte nie gestimmt. Tief in ihrem Herzen wusste sie, dass sie ihn nicht vermissen würde. Sie hätte sich gewünscht, er hätte einen besseren Zeitpunkt für seine Entscheidung gewählt, doch immerhin war Nelson in guten Händen, solange sie weg war.
Oliver war begeistert davon, Nelson eine ganze Woche wieder bei sich zu Hause zu haben. Alles drehte sich um den Hund. Großmutter Norma hatte das Tier schon seit Monaten nicht mehr gesehen und freute sich sehr. Nelson lief in Haus und Garten umher, schnüffelte und war glücklich darüber, wieder einmal in seinem alten Revier zu sein. Nachts kuschelte er sich bei Oliver ins Bett so wie früher. Jake bemerkte jedoch, wie der Hund jedes Mal, wenn jemand an die Tür kam, hoffnungsvoll schnupperte, und schloss daraus, dass Nelson Katey vermisste.
Eine Woche später holte Katey ihn ab. Ihre Konzertreise war ein Erfolg gewesen, doch sie war glücklich, wieder zu Hause zu sein. Es war nicht zu übersehen, dass Oliver traurig war, den Hund wieder weggeben zu müssen, doch sie machten Pläne für einen Besuch in Los Angeles zwei Wochen später. Sie nahm den Jungen in die Arme und versprach ihm, dass er Nelson bald wiedersehen würde. Während sie sich umarmten, hielt Katey Nelson auf dem Arm, und er leckte ihnen glücklich die Gesichter. Jake lächelte vor sich hin.
Die Besuche in Los Angeles alle zwei Wochen setzten sich fort, und manchmal fanden sie sogar öfter statt. Als die Monate ins Land gingen, begann sich Katey auf die Treffen zu freuen. Sie bestimmten ihre Wochenenden. Sie vermisste Evan nicht besonders, doch manchmal war sie einsam, und Olivers lächelndes Gesicht und Jakes warmherzige Art waren stets eine Freude für sie.
Bei ihrer ersten Begegnung war ihr aufgefallen, dass Jake gut aussah, doch damals war sie mit Evan liiert gewesen, und sie war ein treuer Mensch. So hatte sie sich nicht gestattet, mehr für Jake zu empfinden. Nun jedoch freute sie sich nicht nur auf Jakes und Olivers Besuche am Wochenende, sondern es war auch die Nähe von Jake und der Blick aus seinen dunklen Augen, nach denen sie sich sehnte. Im Lauf der Monate redeten sie bei Jakes und Olivers Besuchen über viele Dinge. Jake erzählte ihr von dem Tod seiner Frau und davon, wie schwierig das alles gewesen war. Katey war beeindruckt, wie engagiert er als alleinerziehender Vater war. Übermäßig viel reden tat er nicht, doch sie spürte, dass er nachdenklich und intelligent war und viel Anstand besaß. Manchmal, wenn sie im Garten mit dem Hund spielten, streifte seine Hand sie einen Moment lang, und dann spürte sie einen winzigen Schauder, der ihr den Arm hochlief.
Eines Samstagnachmittags waren sie so sehr ins Gespräch vertieft, dass sie vollkommen die Zeit vergaßen und die Sonne bereits unterging, als Jake feststellte, dass sie noch nach Chico fahren mussten. Katey bot ihnen an, über Nacht zu bleiben. Sie habe ein gemütliches Gästezimmer, in dem sie gerne übernachten könnten. Jake war zunächst nicht dafür, doch Katey bestand darauf. Sie bestellten sich Pizza und schauten sich im Kabelfernsehen einen alten Film der Coen-Brüder an. Während Katey und Jake plauderten, schlief der Junge auf der Couch ein.
Katey war nur wenig überrascht, als sich Jake irgendwann vorbeugte und sie küsste. Sie umarmten sich, und Kateys Herz schlug schneller, als Jakes warmer Körper sich an sie drückte und seine Lippen sie berührten.
Unten zu ihren Füßen schaute ein kleiner dreibeiniger Hund zu ihnen auf und schnüffelte. Der Duft der Leidenschaft von Katey und Jake stieg ihm in die Nase. Er wusste, was nun kommen würde, und er wusste auch, dass er die beiden allein lassen musste, damit sie mit dem seltsamen Ritual
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