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Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Titel: Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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und gar nicht angenehmen Gefühl konfrontiert, von einem halben Dutzend wildfremder Menschen ganz unverhohlen neugierig angestarrt zu werden.
    Kollegen? Was für Kollegen?
    Es war nicht ganz ein halbes Dutzend; um genau zu sein, war das halbe Dutzend nicht einmal dann voll, wenn ich mich selbst mitzählte, was ich ganz instinktiv schon getan hatte. Dennoch wusste ich ebenso instinktiv und sofort, wem ich gegenüberstand; und ich kam mir genau so instinktiv sofort unterlegen vor. Ein klassischer Fehlstart.
    Ich war blindlings und wie ein Trottel hier hereingestolpert, während sie in Ruhe beisammengesessen und mich einer ersten — und zweifellos nicht unbedingt wohlwollenden — Musterung unterzogen hatten.
    An dem mit Brandflecken und zahllosen sich überschneidenden Gläserringen übersäten Tisch saßen zwei junge Frauen und zwei Männer. Die beiden Mädels waren vollkommen verschieden — die eine klein und ein wenig pummelig, aber hübsch, mit hellen, kurz geschnittenen Haaren und lustigen Augen, die andere schlank, eher der sportlichathletische Typ, mit schulterlangen, glatten roten Haaren und deutlich hübscher als die Pummelige, fast schon eine Schönheit. Sie wäre sogar ganz eindeutig eine Schönheit gewesen, hätte sie nicht eine fühlbare Kälte ausgestrahlt und hätte ich in ihrem Blick nicht eine Art von latenter Arroganz gelesen, die mich innerlich sofort auf Distanz gehen ließ. Die beiden waren so unterschiedlich, als hätte man sie ganz gezielt ausgesucht.
    Aber das traf auf uns alle zu. Nach dem ersten Eindruck zu urteilen verband uns so wenig Gemeinsamkeit, dass ich kaum glauben konnte, mit dieser Sippschaft verwandt zu sein.
    »Du musst Frank sein.«
    Die Stimme des hellblonden Burschen, der genau auf der anderen Seite des Tisches saß, riss mich nicht nur jäh aus meinen Gedanken, sondern machte mir auch klar, dass ich die beiden Frauen mindestens zehn Sekunden lang unverblümt angestarrt hatte; und das, dem spöttischen Funkeln in den Augen Pummelchens nach zu urteilen, offenbar nicht mit dem intelligentesten aller Gesichtsausdrücke. Ich hoffte, dass ich zumindest nicht gesabbert hatte.
    Ein wenig schuldbewusst wandte ich meine Konzentration dem Jungen zu, der mich angesprochen hatte. Junge war das erste Wort, das mir einfiel, als ich in sein Gesicht sah, obwohl er vermutlich höchstens ein Jahr jünger war als ich oder als der Vierte im Bunde, der neben ihm saß. Aber alles an ihm strahlte etwas Jungenhaftes aus, angefangen von dem welligen blonden Haar, das ihm fast bis auf die Schultern reichte, über das saloppe Jeanshemd und die dazu passenden Hosen bis hin zu den ausgelatschten Cowboystiefeln, die er trug — ich konnte sie sehen, obwohl er auf der anderen Seite des Tisches saß, denn er fläzte lang ausgestreckt in dem unbequemen Bauernstuhl und hatte die Beine zur Seite ausgestreckt, als warte er nur darauf, dass jemand kam und darüber stolperte, um in perfekter Slapstickmanier auf die Nase zu fallen. Was für eine lustige Vorstellung, haha! Und dieser Kerl sollte ein Verwandter von mir sein? Ich weigerte mich einfach, das zu glauben.
    »Frank Gorresberg, das stimmt«, antwortete ich leicht verwirrt, während ich automatisch nach der Hand des Langhaarigen griff, die er mir über den Tisch hinweg entgegenstreckte. Wie er das Kunststück fertig brachte, dabei nicht aus dem Stuhl zu fallen, war mir ein Rätsel.
    »Aber woher … ?«
    »Ed«, sagte mein langhaariges Gegenüber. »Eduard, um genau zu sein, aber ich ziehe Ed vor und jeder, den ich kenne, auch.«
    Er schüttelte meine Hand kurz und kräftig, ließ sich wieder zurücksinken und deutete auf den blonden Riesen, der neben ihm saß und mich (so kam es mir vor) fast mitleidig musterte. Ich gönnte ihm nur einen ganz kurzen Blick. Ich hatte es nie mit diesen Muskelpaketen gehabt, und die logische Konsequenz daraus war, dass ich nicht unbedingt dazu tendierte, sie fair zu beurteilen. »Das ist Stefan. Ich bin Ed, und da wir nur drei Männer in der Gruppe sind, musst du Frank sein.« Er griente selbstzufrieden über diese logische Schlussfolgerung (was erwartete er — dass ich ihn mit offenem Mund anstarrte und dann vor Ehrfurcht auf die Knie sank, um ihn als würdigen Nachfolger von Sherlock Holmes auf Erden willkommen zu heißen?) und machte dann eine flatternde Handbewegung zu den beiden Frauen.
    »Judith und Ellen. Jetzt fehlt nur noch Maria, aber das ist wieder mal typisch Frau. Sie kommt zu spät … ihr Name war doch Maria,

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