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Nemesis 03 - Alptraumzeit

Nemesis 03 - Alptraumzeit

Titel: Nemesis 03 - Alptraumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie mir ihre Furcht vor dem seltsamen Zittern, das nun langsam wieder nachließ, schon gestanden. Trotzdem sagte sie: »Vielleicht ist in der Küche noch ein Pflaster für mich übrig. Es brennt nämlich schon ziemlich gemein.«
    Vorsichtig tasteten wir uns in der Dunkelheit weiter voran. Eine kleine Ewigkeit verging, ehe wir endlich durch die menschenverachtenden Unterkünfte in den offiziellen Teil des Kellers gelangten. Wir mussten schnell feststellen, dass der Einsturz anscheinend doch erheblichere Schäden angerichtet hatte, als uns zunächst klar gewesen war: Nirgendwo brannte noch Licht. Weder in den Kellerräumen noch im zuvor hell beleuchteten Treppenhaus. Als wir das Erdgeschoss erreichten, lag auch dieses stockfinster vor uns. Das Licht, das aus der Küche bis in die Eingangshalle hätte leuchten müssen, war erloschen. Der Stromausfall betraf allem Anschein nach nicht nur den separaten Stromkreis in dem mysteriösen Labyrinth, sondern auch das gesamte Haupthaus, vielleicht die ganze Anlage.
    Der einzige Lichtstrahl, den wir ausmachen konnten, drang durch die offene Tür vom Burghof zu uns hinein.
    Judith und ich tauschten einen kurzen, fragenden Blick, dann eilten wir durch die Empfangshalle und traten ins Freie.
    Der Nieselregen war von einem heftigen Platzregen abgelöst worden, der den gesamten Hof in einen fast knöcheltiefen See verwandelt hatte. Er schwappte wie ein Wasserfall über die Dachrinne und lief in Sturzbächen über die Stufen und in den Brunnenschacht, in dem von Thun verschwunden war. Im Zentrum des Platzes erkannten wir die Lichtquelle, die wir bereits aus mehr als zwei Dutzend Schritten Entfernung als den Handscheinwerfer identifizierten, von dem ich bisher angenommen hatte, dass er, möglicherweise mit Carl, unter den Trümmern begraben worden war. Daneben, zusammengekauert, schluchzend und vor Angst und Kälte erbärmlich zitternd, erspähten wir Ellen.
    Judith eilte auf sie zu und legte ihr den Arm um die Schultern. »Ellen?«, fragte sie leise. »Bist du verletzt?
    Kann ich dir irgendwie helfen?«
    »Fass mich nicht an.« Ellens Atem ging so schnell, dass er wie ein Hecheln klang. Ich sah die Panik in ihren Augen, in denen gleich mehrere Äderchen geplatzt waren, und ich hatte keinen Zweifel daran, dass sie auf der Stelle aufgesprungen und vor Judith und mir die Flucht ergriffen hätte, wäre sie nicht so furchtbar schwach gewesen. Sie musste über einen längeren Zeitraum völlig hysterisch durch den Keller geirrt sein. »Geht weg«, presste sie schluchzend hervor.
    »Du wirst dich erkälten«, versuchte Judith Ellen zur Vernunft zu bewegen. »Lass uns in die Küche gehen. Du bist klatschnass und –«
    »Ich habe gesagt, du sollst mich nicht anfassen!« Wo gerade noch Schwäche und Angst aus Ellens Stimme geklungen hatten, machte sich nun wieder Hysterie breit.
    Judith zog gehorsam ihren Arm zurück. »Keine zehn Pferde bringen mich noch einmal in dieses Gemäuer, versteht ihr?«, schluchzte Ellen. »Nicht einmal hundert.
    Ich bleibe hier, ganz genau hier, bis die Nacht vorbei ist und dieser gottverdammte Cateringservice hier aufkreuzt, und wenn es sein muss, auch noch die nächsten vierzehn Tage. Ich gehe nicht mehr da rein.«
    Judith warf mir über die Schulter hinweg einen zweifelnden Blick zu, aber ich hob nur hilflos die Schultern.
    Anscheinend hatte ihr Irrgang durch das finstere Labyrinth eine heftige Klaustrophobie in der jungen Ärztin ausgelöst, so dass sie nun auch nach noch so gut gemeintem Zureden nicht mehr willens und in der Lage sein würde, irgendeinen geschlossenen Raum zu betreten.
    Wenn ich keine Gewalt anwandte (wozu ich nicht einmal mehr in der Lage gewesen wäre, wenn ich gewollt hätte, denn auch mich hatten die Ereignisse der vergangenen Stunden erheblich geschwächt und es fiel mir mittlerweile sogar schwer, aufrecht stehen zu bleiben, während Judith sich um Ellen kümmerte), konnte ich sie mit Sicherheit nicht daran hindern, hier draußen im strömenden Regen sitzen zu bleiben. Schlimmstenfalls zog Ellen sich eine Lungenentzündung zu, aber schließlich hatte sie es ja nicht weit zum Arzt.
    »Wie du willst«, sagte Judith resignierend an Ellen gewandt, stand wieder auf und bückte sich nach der Taschenlampe, die der Regennässe in diesem Augenblick noch tapfer trotzte. Ich befürchtete, dass das nicht mehr lange so bleiben würde. Der kleine Handscheinwerfer war ganz offensichtlich wasserfest. Aber wasserfest bedeutete noch lange nicht, mit Kiemen

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