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Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Titel: Neobooks - Das Leben in meinem Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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Jacke über und bittet Alberta, die stumm und erschreckend blass am Fuß der Treppe steht, Josie zu wecken und anzukleiden. Ich warte bereits an der Haustür. Sobald Sarah ihre Tasche genommen hat, drücke ich die Klinke herab und lasse ihr, wie immer, den Vortritt.
    Sarah zieht ihre Jacke zu und verschränkt die Arme fest vor der Brust.
    Ja, dieser Morgen ist extrem kühl – in jederlei Hinsicht.
    Ich öffne die Beifahrertür meines Wagens für sie und vergesse dabei, dass dieser Platz bereits besetzt ist. Jack springt aus dem Auto, schüttelt sich und begrüßt Sarah freudig. Lachend beugt sie sich zu ihm herab und streichelt sein Fell, doch die Ablenkung währt nicht lange. Schnell fällt ihr wieder ein, dass hier etwas nicht zu stimmen scheint. Ich sehe es an dem Wandel ihres Gesichtsausdrucks, noch ehe sie sich aufrichtet.
    »Wollen wir?«
    Ich bedeute ihr einzusteigen und werfe die Tür hinter ihr zu. Als ich den Motor gestartet habe und über meine Schulter zurückblicke, um rückwärts aus der Auffahrt zu fahren, bemerke ich ihren Blick.
    »Nur noch eins, versprochen«, sagt sie. »Sag mir, wohin es geht.«
    »Ins Ungewisse«, brumme ich.
    »Schurke!«, schimpft Sarah, die sich der Doppeldeutigkeit meiner Antwort nicht bewusst ist.
    Schurke
, wiederhole ich in Gedanken und spüre dabei die wohlbekannte Wärme in meiner Brust. Das ist eine Bezeichnung aus ihrem Heimatland. Hier verwendet man das Wort wohl schon seit einem Jahrhundert nicht mehr. Ich liebe ihren britischen Akzent.
    Dieser verdammte Mistkerl! Weiß er denn nicht, was er an Sarah hat?
    Ihre Beine wippen nervös, sie spielt mit ihren Händen. Ihre Nervosität springt auf mich über und lässt mich meine Pläne, sie weit aus der Stadt herauszuführen, umwerfen. Spontan fällt mir ein, wohin ich sie stattdessen bringen werde. Zielstrebig lenke ich den Mercedes über die breite Palmenallee und biege nach zirka acht Meilen in eine unscheinbare Seitenstraße ab. Wir fahren an einer Bäckerei vorbei und an einem winzigen Blumenladen, der so urig und mediterran aussieht, dass er mich jedes Mal wieder an Italien erinnert. Der Straßenverlauf wird immer enger und holpriger. Der Mercedes stöhnt und ächzt, und Sarah sucht Halt an dem Griff über ihrer Tür, aber ich fahre unbeirrt weiter, bis die Straße, die mittlerweile eigentlich kaum mehr als ein staubiger Weg ist, direkt über einer winzigen Bucht endet. Hier parke ich den Wagen. Eine Weile sitzen wir noch schweigend nebeneinander und blicken auf den menschenleeren Strand vor uns.
    Die Idylle dieser kleinen Bucht ist umwerfend. Der Pazifik breitet sich in all seiner frühmorgendlichen Schönheit vor uns aus. Um diese Uhrzeit erscheint das Wasser noch eher grau als blau, ähnlich wie das Nordmeer. Die Wellen rauschen mit schäumenden Kronen dem Ufer entgegen, bevor sie sich an den Felsen brechen, die hier und da klobig aus dem Wasser ragen. Eine einzelne Palme wächst am Rande des winzigen Strandes und überlässt ihre Wedel ergeben dem Spiel des Windes.
    »Gefällt es dir?«, frage ich. Sarahs Gesichtsausdruck ist schwer zu deuten. »Ja«, haucht sie, schüttelt dann aber den Kopf. »Ich lebe seit fünfeinhalb Jahren hier … und wie lange sind wir gefahren? Zwanzig Minuten?«
    »Nicht ganz!«
    Das Kopfschütteln wird stärker. »Nicht ganz, genau! … Und ich kenne diesen wunderschönen Platz nicht. Als Josie noch ein Baby war, habe ich mir fest vorgenommen, viel Zeit mit ihr am Wasser zu verbringen. Aber sobald Daniel und ich mit ihr einen Fuß vor die Tür setzen, werden wir von einem Schwarm Paparazzi verfolgt. Es ist nahezu unmöglich, unbehelligt Zeit als Familie zu verbringen.«
    Ich blicke über den Pazifik und lasse ihre Worte sacken. Die Paparazzi werden sich nach diesem Skandal erst recht auf Sarah stürzen, so viel steht fest.
    »Ben«, sagt Sarah nach einem kurzen Moment in Stille. Unter zuckenden Lidern sehe ich sie an.
    »Warum sind wir hier?« 
    ***
    Wie gerne würde ich noch hinauszögern, was doch unabwendbar ist.
    »Wir werden heute nicht drehen, Sarah«, beginne ich leise. Ein dumpfes Gefühl legt sich über mein Herz und quetscht es ein.
    Erstaunt sieht sie mich an. »Werden wir nicht? Warum nicht?«
    Als ich nicht sofort antworte, kehrt die Sorge in ihre Augen zurück und wandelt sich binnen eines Wimpernschlages zu Panik. »Ist Randy etwas zugestoßen? Oder einem der anderen? … John vielleicht? Meine Güte, … Ben, sprich mit mir, ich bitte dich.«
    Ich schüttele heftig

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