Neobooks - Die Zitadelle der Träume
überrascht in das Gesicht der Königin.
»Ich danke Euch, Meister Gideon. Ihr habt unseren Kriegern Hoffnung gegeben. Die allein lässt ihren Mut wachsen, stärkt ihre Muskeln und schärft ihre Waffen. Ich habe Euch eine Weile zugehört, und wenn auch nur einige Berichte über die Heldentaten des Erben wahr sind, werde auch ich mit neuer Hoffnung im Herzen in den Schlaf gehen.«
Er lächelte sie freundlich an. »Ich hatte es nicht nötig, etwas zu erfinden. Unser junger König mag in jeder Burg und vor jedem Heer denkbar verloren wirken, aber auf dem Schlachtfeld dürfte es kaum seinesgleichen geben. Vertraut auf ihn!«
Die Königin nickte verhalten. »Derea schwärmte auch von seinen Fähigkeiten, und so leicht ist mein Sohn nicht zu beeindrucken.«
Ihre Miene wurde nachdenklich. »Aber er ist noch so jung, Meister, so unerfahren. Kann er der gewaltigen Verantwortung überhaupt gerecht werden? Ich bitte Euch, sprecht mir jetzt keinen Mut zu, sondern sagt mir, was Ihr wirklich denkt.«
»Er ist jung an Jahren, aber nicht an Erfahrung«, widersprach Gideon sofort. »Mich plagten zu Beginn unserer gemeinsamen Reise dieselben Bedenken wie Euch jetzt, aber längst weiß ich es besser. Nicht Rhonans unbestreitbare Kampfkraft, sondern seine innere Stärke ist es, die mir Zuversicht gibt. Mit einem offenbar angeborenen Selbstverständnis stellt er sich jeder neuen Herausforderung und meistert sie genauso mutig wie besonnen. Bei Hofe wäre er zu einem selbstbewussteren Prinzen geworden, der jetzt gelassen und würdevoll zu seinen Kriegern sprechen könnte, aber in Minen, dunklen Gassen und Kerkern wurde er zum Erben der Kraft. Ich bin nun wirklich über das Alter hinaus, in dem ich noch leicht zu beeindrucken wäre, aber der Prinz hat sich mein tiefes Vertrauen und meine volle Bewunderung verdient.«
Er lächelte, und seine Züge wurden weich. »Rhonan war zeitlebens ein Einzelgänger und hält sich daher selbst für unfähig, Führer der Reiche zu sein. Er glaubt, er könne keine Reden halten, die begeistern oder mitreißen, dabei findet er oft die richtigen Worte. Er glaubt, er könne kein Führer sein, und bemerkt nicht einmal, wie ihm alle, die ihn kennengelernt haben, bedingungslos folgen. Er ist kein strahlender Held in blinkender Rüstung, aber in seinem Herzen ist er der Großkönig, auf den wir alle gehofft haben. Er ist stark, tapfer und selbstlos und geht immer besonnen und überlegt vor. Glaubt mir, meine Königin, in seinen noch so jungen und doch schon so vernarbten Händen ist das Schicksal der Reiche bestens aufgehoben.«
Sie ergriff zum zweiten Mal an diesem Abend seine Hände und drückte sie warm. »Meister Gideon, Eure Worte haben mir neue Zuversicht gegeben, und Eure unüberhörbare Liebe zu Eurem Begleiter macht auch mir neuen Mut. Ihr seid der Weise der Berge. Wenn unser König Euer Herz gewonnen hat, werde ich ihm auch das meine öffnen. Wenn er Euer Vertrauen hat, werde auch ich auf ihn bauen. Ich danke Euch und wünsche Euch eine gute Nacht. Mögen die Götter Euren Weg ebnen!«
Der Gelehrte verneigte sich dankend, ging zu Canons Zelt und spähte hinein. Erleichtert nahm er zur Kenntnis, dass sein junger Freund endlich einmal wieder ruhig und tief schlief. Ob es die Nachricht gewesen war, dass sich Caitlin absprachegemäß auf dem Weg nach Mar’Elch befand, oder die erschöpfende Gegenwart der Königin, die letztlich dazu geführt hatte, dass er eingeschlafen war, war ihm dabei herzlich gleichgültig. Mit einem Lächeln verließ er das Zelt, um endlich den Schmied aufzusuchen.
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20. Kapitel
Derea erwachte und sah über sich das schrumplige Gesicht einer sehr alten Frau.
Die Alte lächelte und entblößte dabei kleine braune Zahnstumpen. »Na! Wieder bei uns, Hauptmann?«
»Wo bin ich?« Seine Stimme war kaum mehr als ein heiseres Krächzen, und sie hielt ihm unverzüglich einen Becher an die Lippen. Er hatte wahnsinnigen Durst, aber es schmeckte grässlich. Er drehte das Gesicht weg und verzog es angewidert.
Was sie dazu veranlasste, meckernd aufzulachen. »Nicht unbedingt lecker, aber gut für dich: Ziegenblut mit Honig! Ochsenblut wäre besser gewesen, aber einen Ochsen hatten wir leider nicht. Du hast viel Blut verloren, Jungchen.«
Derea konnte mit Müh und Not seinen Brechreiz unterdrücken, bemerkte erst jetzt, dass er mit Seilen ans Bett gefesselt war, und fragte erneut, diesmal ziemlich unbehaglich: »Wo bin ich? Wer seid Ihr?«
»Du bist im Grenzland nach
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