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Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Titel: Neobooks - Die Zitadelle der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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wackelig, auf seinen Füßen halten. Der verstorbene Fischersohn, dem er seine Kleidung verdankte, war offensichtlich von kräftiger Statur gewesen. Nur ein Gürtel verhinderte, dass die Hose herunterrutschte, und in das Hemd hätte selbst Rhonan gepasst.
    Juna hatte bei seinem Anblick einen Lachanfall bekommen und ihre Großmutter gefragt, ob denn kein Nachbar Kleidung eines Jungen erübrigen konnte.
    Derea, der sich am Stuhl hatte festhalten müssen, um auf den Füßen zu bleiben, hatte jede Menge Pläne, sie zu strafen, aus Mangel an Möglichkeiten verworfen und lediglich mit den Zähnen geknirscht.      
    Am Abend saß er mit den zwei Frauen am Tisch und trank Beerenwein, den Marlena selbst hergestellt hatte. Sturm fegte um die kleine Hütte und ließ Holz und Leder klappern und knirschen. Der Hauptmann warf oft besorgte Blicke auf das Dach aus Stroh. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn sie unvermittelt im Freien gesessen hätten, denn sehr vertrauenerweckend sah es nicht gerade aus. Die Kerze auf dem Tisch flackerte wild und das Kaminfeuer rauchte noch mehr als üblich.
    Marlena erzählte gerade, dass sie die Fischer gewarnt hatte, auf den See, der vom Weststrom gespeist wurde, zu fahren, weil es in der Nacht Unwetter geben würde. Sie brach sich ein Stück Brot ab, kaute und vollendete ihren Bericht: »Sie werden zu Hause bleiben, obwohl es nachts und bei schlechtem Wetter die größten Fänge gibt. Nur Jobst wird fahren, weil er mir nicht glaubt, und seinen Tod finden. Doch das ist kein Verlust. Im Dorf war er nie beliebt, und seine Frau wird froh sein, den alten Säufer loszusein, und wird sich mit Arnd verbinden. Das ist gut, denn Arnd braucht eine Mutter für seine drei Kinder. Und die Ehe wird halten.«
    »Woher wollt Ihr das alles wissen?«, fragte Derea verblüfft und angelte sich ein Haferplätzchen.
    »Weil ich es gesehen habe.«
    Dereas Hand mit dem Plätzchen verharrte in der Luft. »Wollt Ihr damit sagen, Ihr könnt in die Zukunft sehen?«
    Sie musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen und nickte. »Das ist nicht weiter schwierig. Willst du auch einen Blick in die Zukunft werfen?«
    »Ihr meint, ich könnte hier und jetzt in meine Zukunft sehen?«
    Er unterdrückte ein Grinsen und schüttelte den Kopf. »Ich will nach all dem, was Ihr für mich getan habt, nicht unhöflich sein, aber ich glaube nicht an solche Dinge.«
    Die Alte wirkte nicht beleidigt, sondern nickte. »Das ist auch kein Wunder. Es gibt zu viele Scharlatane, die sich mit Zukunftsdeutung ihr Brot verdienen, keinerlei magische Begabung besitzen und gern das prophezeien, was ihr Geldgeber sich erhofft. Ich bin eine Hexe, also eine Zauberin der alten Art. Ich gehöre zu den wenigen Magierinnen, die sich nicht auf die Nebelinsel begeben haben. Ich wollte den dort herrschenden Einschränkungen entgehen. Meine Zauberkraft ist groß, aber auch ich kann dir nicht die Zukunft zeigen. Ich weiß um meine Zukunft und um die zeitnahe Zukunft meiner Umgebung, nicht um die deine. Du bist nur ein Reisender für mich. Deine Zukunft kannst nur du selbst sehen. Du bist Sohn der Nebelkönigin und besitzt magische Kräfte: nicht sehr ausgeprägt, aber sie werden mit meiner Hilfestellung reichen. Die Frage ist nicht, ob du es kannst, sondern ob du es willst. Nicht immer macht uns dieses Wissen glücklich.«
    Dereas Blick huschte zu Juna, die den Kopf schüttelte, wieder zurück zur Alten. »Ihr treibt wieder einmal Scherze mit mir? Richtig?«
    »Nein! Dafür ist meine Enkelin zuständig. Ich biete meine Hilfe an.«
    »Könnte ich sehen, ob Camora besiegt wird?« Ein nervöses Kribbeln befiehl ihn.
    Marlena verschränkte ihre Finger ineinander, bog die Hände, dass es vielfach knackte, und zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, was du sehen wirst. Jeder sieht die Dinge, die ihm am wichtigsten sind. Kann sein, du siehst Camoras Ende, kann sein, du siehst deinen eigenen Tod.«
    Er schluckte und fuhr sich mit der Hand über den Mund.
    »Tut es nicht«, bat Juna leise. »Meine Mutter hat diesen Schritt auch gewagt und ging kurze Zeit später in den Freitod. Ich war damals sehr jung und weiß bis heute nicht, warum. Sie muss Schreckliches gesehen haben. Ich spüre, dass auch Eure Zukunft mehr Unglück als Glück birgt. Tut es also nicht!«
    Ihr ungewohnter Ernst berührte ihn, doch er erwiderte, ohne zu zögern: »Wir befinden uns im Krieg, Unglück ist unser Begleiter.«
    »Es ist jedoch ein Begleiter, auf den man nicht noch warten will. Ich kann Euch

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