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Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Titel: Neobooks - Die Zitadelle der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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kostete, den Rücken durchdrücken musste. Canon hatte keine Träne vergossen, als seine Zukünftige in seinen Armen starb, und Derea hatte vor den Kriegern über eine arg verstümmelte Leiche gescherzt, bevor er sich in seinem Zelt zitternd übergeben hatte. Sie hatte wahrhaft fähige Heerführer großgezogen, und jetzt erntete sie die Früchte ihrer Saat. Derea war auf dem Weg in den feindlichen Norden, und Canon kämpfte eine nahezu aussichtslose Schlacht.    
    Sie riss sich von ihren Gedanken los und sah hoch in das erschöpfte und von tiefem Kummer gezeichnete Gesicht ihres Adjutanten.
    Ihr zweiter, etwas längerer Blick galt ihren Reitern.
    Niemals zuvor waren die Krieger bei einer Rast so schweigsam gewesen. Ihr siegreiches Heer glich immer mehr einem Trauerzug.
    Sie spannte ihren Körper, atmete tief durch und lenkte ihr Pferd auf die Truppe zu. »Wir werden jetzt zur Straße von Tho reiten. Von dort sind es noch knappe vier Tagesmärsche bis nach Mar’Elch. Wir sollten uns beeilen, wenn wir noch ein wenig von dem Ruhm ergattern wollen, die Stadt verteidigt zu haben. Ich wäre ungern nur noch mit Aufräumarbeiten beschäftigt, während sich andere für Heldentaten feiern lassen. Unsere Lebensmittel werden knapp: Ein weiterer Grund, sich zu beeilen! Soll ich euch etwas Tröstliches sagen? Wir haben keine Schwierigkeiten mit unseren Wasservorräten.«
    Nur sehr verhaltenes Gelächter erklang.
    Der äußere Ring war gefallen, aber sie hatten fast bis zum Sonnenuntergang standgehalten – länger als erwartet. Die Stadtmauer hatte ohnehin nur der Verzögerung dienen sollen, und die Verteidiger zogen sich plangemäß in den zweiten Ring zurück. Die Burgmauer, viel älter als die Stadtmauer, war einst zur Abwehr von Angriffen erbaut worden. Sie würde länger standhalten.
    Auf ihrem Rückzug durch die Straßen Mar’Elchs wurden die bereits zuvor aufgebauten Barrikaden aus Steinen, Kisten und Wagen geschlossen, um die Horden und vor allem die Ramme und die Geschütze aufzuhalten. Die meisten Straßen waren ohnehin zu schmal für große Gefährte. An der Mauer um die Burg herum würde der Kampf Mann gegen Mann den Ausschlag geben: erfahrene, blutrünstige Krieger gegen friedliche Bürger, die zum Teil nicht einmal ihre Waffen richtig halten konnten! Aber die Krieger kämpften auf Befehl, die Bürger um ihr Leben und das ihrer Familien! Es würde sich zeigen, wer letztlich entschlossener kämpfte.
    Arneke Partos hörte seinen Kommandanten keuchen und drehte sich um. Canon lehnte erschöpft und leichenblass an einer Hauswand, hatten seinen Regenumhang zur Seite geschoben und hielt seinen rechten Unterarm umklammert, aus dem der kurze Schaft eines Bolzen herausragte. Blut tropfte von den Fingern.
    »Scheiße«, stöhnte er mit geschlossenen Augen. »Sieh zu, dass du weiterkommst. Ich komme nach.«
    »So sehe ich aus, was?«, knurrte Partos ungehalten. »Los, komm!« Er zog seinen Kommandanten aufs nächste Haus zu und trat kräftig gegen die Tür.
    Dass das Haus in aller Eile verlassen worden war, war nicht zu übersehen. Einer der sechs Stühle um einen Holztisch herum war umgefallen, genau wie der Wasserkrug auf dem Tisch.
    Partos schubste Canon unsanft auf einen Stuhl. Dessen Ärmel war dunkel vom Blut, und sein Adjutant schüttelte ärgerlich den Kopf. »Das glaube ich ja nicht. Seit wann ist das Ding drin?«
    »Schon länger … Hat mich erst gar nicht gestört.« Er zog scharf die Luft ein, als sein Adjutant den Arm untersuchte und ihn dabei unsanft hin und her drehte.
    »Da fehlte nicht viel. Der wäre fast durchgegangen.« Hektisch sah er sich bei diesen Worten schon nach allen Seiten um und riss dann zwei Holzbretter aus einem Regal. Becher und Schalen, einst liebevoll getöpfert und bemalt, klimperten und zerschellten unbeachtet auf dem Boden.
    »Oh, nein!«, protestierte Canon mit entsetztem Gesichtsausdruck, als ihm dämmerte, was sein Begleiter vorhatte. Er wollte aufspringen, wurde aber von Partos daran gehindert. Der nagelte ihn mit der Hand auf der Schulter förmlich wieder auf den Stuhl.  
    »Oh, doch! Wir brauchen dich noch, und du bleibst deshalb schön hier. Die Dinger haben Widerhaken, wie du weißt. Die krieg ich auf die Schnelle nicht anders raus. Aber keine Angst: Ich konnte die Spitze ertasten.«
    Er legte die Bretter mit kurzem Abstand nebeneinander auf den Tisch, plazierte den Arm darauf so, dass genau in Höhe des Bolzens die Lücke zwischen ihnen war. »So müsste es

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