Neobooks - Die Zitadelle der Träume
durchaus sein, dass Darius sie jetzt zu seinem Schutz geschickt hatte.
»Weißt du, wo ich diese Marga finden kann?«, fragte er.
Der Wirt schüttelte den Kopf. »Warte einfach hier! Der Junge müsste bald kommen. Den kannst du fragen.«
»Macht es dir wirklich nichts aus, wenn ich hier auf den Jungen warte?«
»Ohne die Tempelwächter hätte ich dieses Wirtshaus nicht und würde noch in der Gosse hausen, wenn ich überhaupt noch atmen würde. Bleib, solange du willst.«
Er rückte noch etwas näher. »Rhonan, ich weiß nicht, was die Horden von dir wollen, aber tu mir einen Gefallen: Wenn es sich nicht vermeiden lässt, stell dich ihnen! Immer noch besser sie als Ligurius. Seine Spione sind ebenfalls auf der Jagd, und er will dich unbedingt lebend. Kinians Ende hat ihm gar nicht gefallen. Er lastet es dir an und wird dich dafür bluten lassen, wenn er dich zwischen die Finger kriegt.«
Der Prinz nickte. »Ich werd’s mir merken.«
Roslin, die dralle Tochter des Wirts, kam jetzt mit leeren Krügen an den Tresen. »Rhonan! War meine Vermutung also richtig. Wie schön, dich gesund wiederzusehen. Du siehst gut aus. Ich hab dir den Ecktisch da hinten frei gemacht. Er liegt im Schatten und ist dicht bei der Hintertür. Ich hab sie schon entriegelt, für den Fall, dass wir ungebetene Gäste bekommen. Aber um diese Zeit dürfte das kaum noch der Fall sein: Gezwungene Jäger schlafen auch gern. Was soll ich dir bringen?«
Sie stellte sich erwartungsvoll vor ihn, reckte sich und hielt die Luft an, um ihr pralles Dekolleté noch besser zur Geltung zu bringen.
Er gab ihr den gewünschten Kuss und erwiderte lächelnd. »Es ist gut, Freunde zu haben, die wissen, worauf es ankommt. Roslin, du bist so gescheit und schön wie eh und je. Ich möchte nur etwas Brot, Käse und Wasser.«
Sie nahm sein Gesicht in beide Hände und betrachtete ihn stirnrunzelnd. »Wer bist du, Fremder? Du kommst nach einer halben Ewigkeit aus der Einöde zurück, küsst mich, als wäre ich deine Schwester, und willst Wasser trinken? Ich habe mich wohl doch geirrt, als ich glaubte, dich zu kennen.«
Sein Blick bat um Entschuldigung. »Tut mir leid, Schätzchen, mir geht zurzeit nur viel zu viel im Kopf herum.«
»Das glaube ich gern. Was hast du angestellt, dass alle Welt dich plötzlich sucht?«
Sie erhielt nur ein verlegenes Achselzucken und fuhr kopfschüttelnd fort: »Geheimnisvoll wie immer! Genau das zieht mich zu dir hin. Hast du schon eine Unterkunft für die Nacht?«, fragte sie mit bedeutungsvollem Blick und dunkler Stimme.
»Ja! Ich will dich auch nicht in Gefahr bringen.«
Sie trat ganz dicht an ihn heran und streichelte seine Wange. »Und wenn ich vielleicht gern in Gefahr bin?«
Aus einer Ecke der Wirtsstube kamen laute Unmutsäußerungen. »Es gibt hier noch mehr Gäste, Süße. Wo bleibt unser Gebrautes?«
»Steht bereit. Wenn du nicht warten kannst, schwing deinen fetten Arsch hierher und hol’s dir selbst«, brüllte sie zurück.
Gelächter erklang.
Ihr Finger fuhr über Rhonans Lippen. »Denk noch mal über mein Angebot nach und lauf nicht weg, Schatz«, säuselte sie und schnappte sich mehrere Krüge.
Er ging zum Ecktisch und setzte sich. Unwillkürlich schweiften seine Gedanken zu Caitlin. Sie waren tatsächlich unbemerkt nach Kairan hineingekommen und hatten sich heute Morgen vor der Tempelanlage getrennt. Zweimal hatte er sie noch in den Händlergassen gesehen, allerdings ohne, dass sie ihn bemerkt hätte. Sie hatte so traurig ausgesehen und so hilflos gewirkt. Es hatte ihn große Überwindung gekostet, sie nicht anzusprechen oder zu berühren. Noch mehr Überwindung hatte es ihn gekostet, die Männer nicht auf der Stelle zu erschlagen, die ihr begehrliche Blicke zugeworfen oder sie sogar angesprochen hatten. Allerdings hatte er seine wahre Freude daran gehabt, zu sehen, wie leicht die kleine Priesterin Anmaßung im Keim erstickt hatte und wie schnell übermütige Herren verstört das Weite gesucht hatten. Er konnte kaum fassen, dass ausgerechnet dieses schöne und von allen bewunderte Geschöpf ihm gehörte.
Drei Tage würden Caitlin und Gideon in Kairan bleiben, um sich von den Strapazen der Reise zu erholen, und dann die Stadt verlassen. Er vermisste seine Frau schon jetzt … ihre Wärme und ihr Lachen. Solange er noch in Kairan war, würde er wieder versuchen, sie zumindest zu sehen. Auch dann würde er sie nicht ansprechen, sondern im Schatten bleiben, aus lauter Angst, sie könnte sich ihm an den Hals
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