Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)
Rosenkranz; Mercedes, Gnaden; Socorro, Rettung; Soledad, Einsamkeit; Consuelo, Trost; Esperanza, Hoffnung; Milagros, Wunder; Amparo, Schutz; Concepción, Empfängnis. Empfängnis! Stellen Sie sich das mal auf Englisch vor, Walter. Ich meine, ich gehe auf eine Party, ich treffe einen heißen Typen, ich sage: ›Hi, mein Name ist Empfängnis.‹ Shit!«
Sie lachte los und warf sich rückwärts aufs Bett. Sie lachte, bis sie außer Atem war und Tränen über ihr Gesicht liefen. Sie richtete sich mühsam halb auf, sah, dass Ross auch lachte, und begann prustend von neuem. Lange konnte sie nicht aufhören. Manchmal wieherte sie hysterisch, manchmal gluckste und kicherte sie. Ihr großer Körper bebte und zuckte minutenlang in dem gigantischen Bademantel, bevor sie sich wieder unter Kontrolle hatte. Endlich lag sie schwer atmend auf dem Rücken und sagte, gegen die Zimmerdecke gerichtet: »Versprechen Sie mir, dass Sie nicht lachen, wenn ich Sie wieder ansehe.«
»Einen Moment noch«, sagte Ross mit erstickter Stimme.
»Okay … okay. Hey, mein Joint ist weg.«
»Haben Sie ein Loch in mein Bett gebrannt?«
»Ich glaube nicht. Ich glaube, er war schon alle. Geben Sie mir noch einen. Oder ist das schon eine Überdosis?«
Eine Zeitlang rauchten sie schweigend.
»Wissen Sie, Walter«, sagte das Mädchen dann, »seit ich mit Ihnen unterwegs bin, geht richtig etwas ab in meinem Leben. Ich meine, in den letzten drei Tagen habe ich mehr erlebt, als vorher in Jahren.«
Ich auch, dachte Ross. Er sagte: »Aber Sie hatten doch auch Spaß in New York. Mit Hausers Leuten.«
»Ja, doch, sicher. Aber das war nicht dasselbe. Das war wie Kindergeburtstag. Dagegen, jetzt … Überlegen Sie mal«, sie hob einen Finger, »ich habe gekämpft, richtig, in echt.«
»Wie ein Mann.«
»Ich bin nicht besiegt worden«, sagte sie stolz. Sie hob den zweiten Finger. »Ich habe eine Eroberung gemacht. Einen süßen Jungen. Drittens hatte ich einen One-Night-Stand. Das habe ich vorher noch nie gemacht. Ich schwöre es. Viertens, ich bin zum ersten Mal geleckt worden.«
»Carmen. Bitte.«
»Fünftens«, sie hielt den Joint hoch, »fünftens, das ist mein erster Joint. Also, mein zweiter, aber das erste Mal. Alles in zwei, drei Tagen. Alles zum ersten Mal. Jetzt sagen Sie mal selbst!«
Sie zog, inhalierte und hielt die Luft an.
Ross sagte bedächtig: »Okay, das sind eine Menge erste Male. Für drei Tage.«
Sie hustete lange, bevor sie weiterreden konnte. »Die Mädchen aus meiner Schule, die es angeblich schon mal getan … bekommen haben, haben immer schwer davon geschwärmt, aber ich finde es gar nicht so ungeheuer aufregend. Ich meine, klar, es ist irgendwie nett, sehr zärtlich und so, aber …«
Zärtlich? »Marihuana?«
»Lecken.«
»Carmen. Bitte. Ich will keine Einzelheiten aus Ihrem Sexleben wissen.«
»Nicht?«, fragte sie verwundert. Sie wälzte sich auf dem Bett hin und her, um sich im Zimmer umzusehen. »Niemand anderes ist hier, mit dem ich reden könnte. Also müssen Sie das jetzt aushalten.«
»Sie kennen mich doch überhaupt nicht.«
»Menos mal. Sie sind prüde, das ist das Problem! Sie sagen nicht Titten. Sie sagen Busen. Seit ich Sie kenne, haben Sie kein einziges Mal fuck oder shit gesagt, oder motherfucker oder so was. Das ist nicht normal. Sind Sie so ein Wiedergeborener?«
»Nein.«
»Ein Mormone!«
»Nein. Ich gehöre keiner Kirche an. Ich bin auch nicht religiös.«
»Gut. Dann sagen Sie jetzt mal fuck.«
»Fuck.«
Sie kicherte. » Fuck. Sie würden sich gar nicht so anstellen, wenn Sie wüssten, wie erbärmlich das Sexleben von einem zwei Meter großen, übergewichtigen Mädchen ist, das alle zwei Jahre das Internat wechselt. Ich bin zwanzig Jahre alt und kann die Jungs, mit denen ich was hatte, an einer Hand abzählen, den von heute Nacht schon mitgerechnet. Und dann sind immer noch Finger frei.«
»Zwei Meter«, sagte Ross schläfrig.
»Zwei Jahre. Das erste Mal haben sie mich rausgeworfen, als ich ein Wochenende lang unerlaubt weggeblieben war. Das war noch in den USA. Da war ich fünfzehn. Die Schule schrieb meinem Vater, dass sie nicht mehr für meine Sicherheit garantieren würde, weil ich nicht kooperierte. Ich wechselte nach England. Ein Albtraum. Das Essen war schauderhaft, nicht nur im Internat, überall! Nicht einmal für viel Geld hat man irgendwo etwas Genießbares bekommen. Aber immerhin, ich war noch nie so dünn wie in England. Weil ich groß bin, und weil ich schwierig war, musste
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