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Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)

Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)

Titel: Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Anderson
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ich in die Volleyballmannschaft der Schule. Mannschaftssport ist für Engländer die Standardantwort auf jede erzieherische Herausforderung. Ich hasste es. Ich hasste Stretchpants auf meinem dicken Hintern. Ich hasste das Gehopse und das Geschrei. Unsere Trainerin war so eine fitte Lesbe, sie sah aus wie die Frauen, die im Shopping-TV Sportgeräte verkaufen: null Körperfett, Sixpack und alles. Irgendwann stieß sie mich mal beim Training in die Rippen, weil ihr meine Aufstellung nicht passte. Ich stieß zurück, eins kam zum anderen, zuletzt blutete ihre Nase, und ich musste wieder packen.«
    Ross brummte leise.
    »Danach kam ich zu den Nonnen, wo Sie mich vorgestern abgeholt haben. Weil ich katholisch aufgewachsen war, meinte mein Vater wohl, dass ich Nonnen respektieren oder wenigstens nicht blutig schlagen würde. Oder dass sie, als Nonnen, duldsam genug wären, um mich nicht gleich wieder wegzujagen. Natürlich habe ich keine von denen geschlagen, ni quiera Diós! Aber duldsam waren die nicht. Sie hatten nur eiserne Nerven.« Das Mädchen hielt einen Augenblick inne und fuhr dann in verändertem Tonfall fort. »Bin ich froh, dass das endlich vorbei ist. Ich bin gespannt, wie es jetzt weitergeht. Ich meine, wohin. Am liebsten würde ich einfach so weitermachen, so wie gestern und heute. Reisen. Geld ausgeben, essen, tanzen. Sex bis die Sonne aufgeht. Ein paar Joints vor dem Frühstück. Und Sie passen auf mich auf, Walter. Damit mir nichts passiert. Was sagen Sie dazu?«
    Ross war in seinem Sessel zusammengesunken, das Kinn auf der Brust. Er atmete fast geräuschlos. Das Mädchen rollte sich schwerfällig auf den Bauch, kroch auf allen Vieren langsam über das Bett und beugte sich vor, um zu sehen, ob seine Augen geschlossen waren.
    »Schlafen Sie, Walter?«
    Ross reagierte nicht.
    »Habe ich Sie ins Koma gelabert?«
    Sie manövrierte vorsichtig ihre Beine über die Bettkante, ihre Füße in die Flipflops und stand auf. Den Weg zum Fenster lief sie langsam mit gesenktem Kopf und betrachtete jeden einzelnen ihrer Schritte. Sie öffnete beide Flügel. Kalte, saubere Luft stürzte an ihr vorbei in das verqualmte Zimmer. Die Klänge der frühen Stadt, des Hafens und die Rufe der Möwen versammelten sich zu einem Konzert von erstaunlicher Fülle und Tiefe. Das Mädchen konnte jedem Geräusch mühelos eine Entfernung zuordnen. Zwei Stockwerke tiefer schlug jemand den Takt. Sie lehnte sich über die breite Fensterbank; ihr Bademantel öffnete sich, und der Wind kühlte ihre Brüste. Unten fegte ein Junge in Hoteluniform energisch den Bürgersteig, während Wasser aus einem Schlauch darüberlief und dem Asphalt jeden Moment neue Muster und Farbschattierungen verlieh. Nach einer Weile spürte der Junge, dass er beobachtet wurde. Seine Bewegungen wurden unregelmäßig und schwächer, bis er schließlich anhielt und nach oben sah. Das Mädchen lächelte zu ihm hinab. Er lächelte verwirrt und schüchtern zurück. Ehe er den Blick senkte, sah sie, wie er tief errötete. Unbeholfen nahm er seine Arbeit wieder auf, und rechts und links an seinem Kopf leuchteten seine großen roten Ohren.
    ***
    Ross erwachte, weil er aus dem Sessel zu rutschen drohte und vom langen Sitzen heftige Schmerzen in seinem verletzten Bein hatte. Eines der Zimmerfenster stand offen. Er war allein. Er sah auf die Uhr; es war früher Nachmittag. Weil er nicht wusste, wie man von Zimmer zu Zimmer telefonierte, klopfte er erst gegen die verschlossenen Schiebetüren und dann, als er keine Reaktion bekam, im Korridor an die Zimmertür des Mädchens. Entweder schlief sie wie ein Stein oder sie war weg. Er rief die Rezeption an und erfuhr, dass Mademoiselle ausgegangen war und ihn in einem Restaurant am Hafen, in der Nähe des Hotels, erwartete.
    Mademoiselle ist ausgegangen. Was war aus den Sicherheitsvorkehrungen geworden, die sie vereinbart hatten? Ross machte sich eilig auf den Weg. Im verspiegelten Fahrstuhl stand er sich wieder einmal selbst gegenüber. Er sah genau so aus, als hätte er die Nacht durchgemacht und wäre bekifft und in Kleidern in einem Sessel eingeschlafen. Sein neuer Anzug unterschied sich schon fast nicht mehr von seinem alten. Ich hätte mich rasieren sollen, dachte er, oder wenigstens die Zähne putzen. Immerhin, der Haarschnitt und die Hände hatten die Nacht gut überstanden.
    Das Mädchen war nicht schon von Weitem zu sehen, wie er es als selbstverständlich angenommen hatte, er musste sie suchen. Sie saß unter einem grünen

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