Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)
nicht kannte, einen kleinen älteren Mann und eine junge Frau. Sie standen wartend einige Meter vor Carmen, weil Young und Nash sie offenbar daran gehindert hatten, näher zu treten. Während sich Ross noch wunderte, drehte sich der kleine Mann abrupt um und ging. Die junge Frau folgte ihm. Auf dem Weg zum Ausgang kamen sie an Ross vorbei. Beide waren Asiaten und so, wie sie gekleidet waren, Gäste aus dem angrenzenden Festsaal. Das Gesicht des Mannes war wie aus Stein; die junge Frau wirkte verschüchtert.
Ross setzte sich wieder zu Carmen. Er fragte: »Wer war das?«
»Keine Ahnung.«
»Was wollten sie denn?«
»Er wollte, dass ich aufstehe.«
»Und?«
Sie antwortete nicht.
Ross sagte: »Wir sollten so schnell wie möglich von hier verschwinden.«
»Sobald ich mit meinem Vater gesprochen habe …«, sagte sie, und dann, plötzlich freudig überrascht: »Hey, da sind ja Randy und Winston!«
Was? Wer?
»Die, von denen ich dir erzählt habe!« Farbe stieg in ihr Gesicht, ihre Augen glänzten. »Die, die immer mit mir ausgegangen sind!« Sie sprang auf und lief zwei Männern entgegen, die von der Tür kamen. Ross sah staunend zwei der gutaussehendsten Typen, die ihm jemals unter die Augen gekommen waren, einen Schwarzen und einen Weißen. Alles an ihnen und an ihrer Aufmachung schien perfekt, von den Haaren bis zu den Schuhen, und gleichzeitig waren sie von einer selbstverständlichen, maskulinen Lässigkeit, für die zu erlernen selbst Denzel Washington und George Clooney noch Geld ausgegeben hätten. Beide waren ebenso groß wie Carmen. Zu dritt erschienen sie Ross wie Angehörige einer überlegenen, außerirdischen Rasse, die sich nur vorübergehend und zufällig auf einem zweitklassigen Planeten aufhielten. Er sah zu, wie sie sich überschwenglich begrüßten, und fand, dass Hauser gut gewählt hatte. Randy und Winston waren zweifellos wunderbare Partner für Das Volle Programm, wie Carmen es lachend genannt hatte. Ross sah sie vor sich, vier oder fünf Jahre in der Vergangenheit, ein moppeliges, übergroßes Schulmädchen, das keine Tanzpartner fand und natürlich auch niemanden, mit dem sie ihre stürmische Sexualität ausleben konnte. Und dann waren da auf einmal diese beiden unverschämt gutaussehenden Jungs, die ihr jeden Wunsch erfüllten. Selbstverständlich hatten sie nicht auf eigene Faust die Tochter des Chefs gevögelt, warum auch. Hauser hatte sie abkommandiert. Ross malte sich aus, wie er Randy und Winston kommen ließ und sagte: »Meine Herren, ich erwarte, dass Miss Whittaker eine gute Zeit mit Ihnen hat. Wie Sie sehen, ist sie kein Kind mehr, wenn Sie verstehen, was ich meine. Haben Sie ein Problem damit?« »Nein, Sir!« »Gut! Dann tun Sie, was nötig ist, wenn es nötig ist.« »Jawohl, Sir!« »Aber tun Sie es wie Gentlemen. Ich will keine Klagen hören. Ich verlasse mich auf Sie.« Als Hauser dafür sorgte, dass Carmen mit seinen Männern – handverlesen, immerhin – ins Bett ging, war das wohl in erster Linie eine Sicherheitsmaßnahme. Aber vielleicht war es auch ein Akt der Fürsorge. Ross traute Hauser zu, dass er auf eine verdrehte, soldatisch-onkelhafte Art Verständnis gehabt hatte für die sexuellen Nöte einer Sechzehnjährigen, weshalb er ihr mit Randy und Winston aushalf. Das war zwar nicht gerade romantisch, aber Hauser hatte alles unter Kontrolle, Carmen erhielt, was sie brauchte, und so wie es aussah, waren sie und die beiden Männer auch noch Freunde geworden. Richtige Romanzen, fand Ross, bringen gewöhnlich viel schlechtere Ergebnisse.
Dann kam Hauser. Ross fühlte ihn den Bruchteil einer Sekunde früher als er ihn sah, als würde ihm eine Schwingung vorauseilen. Randy und Winston strafften sich unwillkürlich und traten von Carmen zurück. Irritiert vom plötzlichen Wechsel der Stimmung sah sie sich um, aber da war Hauser schon fast bei ihr. Er erwiderte ihre überraschte Begrüßung nur flüchtig und ohne zu lächeln, legte einen Arm um sie, nahm sie zur Seite und redete mit ernstem Gesicht auf sie ein. Ross beobachtete, dass sie Hauser weder widersprach noch sich dagegen wehrte, von ihm wie ein Haustier umhergeführt zu werden. Sie hielt sich gerade, und ihr Gesicht war ausdruckslos, aber mehr denn je war ihre Haltung als Pose zu erkennen und als das Einzige, was sie Hausers Autorität entgegenzusetzen hatte. Randy und Winston, Stills, Young und Nash sahen es auch, wahrscheinlich nicht zum ersten Mal, und Ross verstand, warum Carmen keine Macht über Hausers
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