Neobooks - Erotische Frühlingsträume
warf noch einen Blick auf ihren Zettel, dann klappte sie den Koffer zu. Eigentlich wollte sie nicht fahren, aber ihre Freunde hatten ihr gut zugeredet. Schließlich hatte sie ihre trotzige Haltung aufgegeben und die Vorteile akzeptiert. Eine Woche Davos, das bedeutete eine kuschelige Hütte mit Sauna und viel Schnee drum herum. Der Frühling kündigte sich schon an; es war somit die letzte Chance, Ski zu fahren.
Sie würde den Nachtzug vom Gare de L’Est bis nach Zermatt nehmen und dann am nächsten Morgen mit dem Glacier-Express nach Davos fahren. René hatte sich schon immer gewünscht, mit diesem Zug zu reisen. Sie verstand nicht, dass er erst alles buchte und bezahlte und nun nicht mitkommen wollte. Sie schüttelte den Kopf und band sich ihre Locken mit einem dicken Haargummi im Nacken zusammen. Er war ein hoch dekorierter, allseits geschätzter Professor an der Sorbonne. René besaß so etwas wie einen Freifahrtschein, und gerade er wollte sie glauben machen, dass er keine Zeit hatte? Nika schloss die Wohnungstür ab, schleppte ihren Koffer nach unten und wechselte einige Worte mit der Concierge. Sie würde sich in der kommenden Woche um ihre Post kümmern. Als Nika auf die Straße trat und ein Taxi herbeiwinkte, war sie in Gedanken immer noch bei René. Zugegeben, sie hatte ihn nicht gefragt, warum er nicht mitkommen konnte oder wollte.
Vielleicht soll es ja so sein
, überlegte sie,
vielleicht tut mir die Woche allein in der Hütte sogar gut.
Am Bahnhof herrschte Chaos. Als sie vor zehn Jahren aus der Bretagne nach Paris gekommen war, hatte sie das alles genervt. Inzwischen konnte sie ebenso stoisch mit Dreck und Krach und dem immerwährenden Durcheinander umgehen wie alle Pariser. Unbeirrbar bahnte sie sich einen Weg durch die Menge der Wartenden und versuchte, sich ihre Wagonnummer in Erinnerung zu rufen. Obwohl sie Zermatt bereits gegen Mitternacht erreichen würden, hatte René ein Schlafwagenabteil gebucht.
Selbst schuld, René, wenn du nicht bei mir bist
, dachte sie und trat einen Schritt zurück, denn der Zug fuhr bereits ein.
Eine halbe Stunde später saß Nika auf ihrem ausgeklappten Bett und versuchte zu lesen. Sie genoss das ungewohnte Gefühl, in einem Abteil so viel Platz zu haben. Es gab sogar ein winziges WC mit einem Waschbecken, hinter einer kleinen Tür in einer Nische versteckt. Sie legte das Buch zur Seite und schaute nach draußen. Die dämmerige Landschaft flog an ihr vorbei, aber da war nichts Spannendes, was sie zu fesseln vermochte. Irgendwie war es ziemlich langweilig in diesem Zug. Nikas Gedanken waren auf einmal wieder bei René. Vielleicht stellte sich ja alles nur als blöder Witz heraus, und er würde am nächsten Bahnhof zusteigen. Nein, natürlich würde er das nicht. René besaß zwar Humor, aber etwas Ungewöhnliches, gar Abenteuerhaftes hatte sie bislang noch nicht an ihm entdecken können. Nika kramte in ihrer Handtasche nach Süßigkeiten, aber außer einem angebrochenen, sandigen Schokoriegel fand sie nichts. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie noch gut sieben Stunden hier verbringen musste. Sie nahm den Zugplan des TGV zur Hand. Der Speisewagen befand sich nur zwei Wagons weiter. Einen Versuch war es wert. Vielleicht konnte sie dort ein wenig plaudern, und wenn es nur mit einem der Kellner war. Sie sprühte sich etwas von dem Parfum auf die Handgelenke, das Karim ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. René hatte getobt. Nika roch an ihrem Arm. Ein wunderbarer Duft strömte ihr entgegen, orientalisch, aber zugleich zitronig und kühl. Sie wuschelte sich durch die Haare und gab etwas Glanzgel hinein, dann machte sie sich auf den Weg zum Speisewagen. Nika hatte noch nicht die Tür hinter sich geschlossen, da sah sie die Zwillinge. Einer der beiden winkte ihr zu, der andere drehte sich zu ihr um und winkte ebenfalls.
So ein Zufall
, dachte Nika und beschleunigte ihren Schritt.
»So ein Zufall«, begrüßte sie einer der Brüder mit strahlendem Lächeln und bot ihr einen Platz am Fenster an. »Ich bin übrigens Louis.«
»Ach wirklich?«, fragte Nika kokett und gab ihm ein Küsschen auf beide Wangen. Nun stand auch Sebastian auf und begrüßte sie.
Er riecht nach Pfefferminz
, stellte sie fest und setzte sich.
»Was wollen wir trinken?«, wandte sich Louis an sie. »Sag jetzt bitte nicht Gin Tonic.«
»Oh, doch«, erwiderte Nika und blickte die Zwillinge herausfordernd an. Die lachten wie abgesprochen gleichzeitig, und Louis bestellte ein Flasche
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