Neonazis in Nadelstreifen
Hamburg, räumt selbst ein, bei den Linken abgeschaut zu haben. Nach Verboten von neonazistischen Kleinstparteien und Vereinen Anfang der 90 er Jahre überlegte er, warum »bei der radikalen Linken und Antifa Verbot ohnehin nicht greifen«. In »Gedanken über freien und autonomen Nationalismus« bekannte Worch 2005 : »Von den Linken zu lernen, erschien höchst sinnvoll.« Nicht ohne Eitelkeit führte er aus, Ende 1992 Anfang 1993 , habe er das Konzept der Kameradschaften als strukturelle Organisation ohne formale Organisation entwickelt. Ein Erfolgsmodell für die »nationale Bewegung«. Mit diesem Netzwerk aus militanten Neonazis, aggressiven Rechtsrockmusikern und gewaltbereiten Neonaziskinheads gelang es besonders, rechtsorientierte Jugendliche anzusprechen, da das »Kameradschaftsleben zwischen Aufmärschen, Konzerten und Partys für viele attraktiv ist«. Lange Zeit blieben die Kameradschaften auf Distanz zur NPD , zu legalistisch sei das Personal, zu moderat das Programm, zu parlamentaristisch die Strategie. Mit der Annäherung der Kameradschaften an die NPD 2004 begann auch der langsame Aufstieg der »Autonomen Nationalisten«. Denn den AN ist die NPD noch immer im Programm zu brav und in den Aktionen zu bieder.
„Jeder, der begriffen hat, dass wir mit Betteln nicht weiterkommen, sondern uns unsere Forderungen erkämpfen müssen, kann beim nationalrevolutionären schwarzen Block mitmachen«, schrieben »Autonome Nationalisten« 2004 und warben: »Support your local NS black block«. Vor allem jüngere Neonazis im Alter von 18 bis 25 Jahren schließen sich in solchen Kameradschaften zusammen. Das sei eine »militante Randerscheinung«, erklärte 2007 noch Verfassungsschutzchef Heinz Fromm. 2008 spricht er in Bezug auf diesen Neonazi-Blocks von einer »neuen Qualität« der rechtsextremen Gewalt, die vor allem wegen ihres Aktionismus Zulauf bekomme.
Eine theoretisch-ideologische Positionierung fand sich lange nicht bei den »Autonomen Nationalisten«. Erst Juni 2007 erklärten die » AN Nord-West«: »Das Konzept des politischen Soldaten ist der exekutiven Macht des Systems heute nicht mehr gewachsen. An seine Stelle tritt der politische Partisan, der sich (…) anonym in der Gesellschaft, die er ablehnt, bewegt, um sie gezielt im Sinne der nationalen Revolution zu unterwandern«.
»Die Autonomen Nationalisten sehen sich tatsächlich als politische Kämpfer, die gezielt und geplant strafbare Aktionen gegen Sachen und Menschen ausführen«, sagt Holger G., der im Juni 2008 aus der Szene ausstieg. Acht Jahre lang war der 26 -Jährige in der militanten Szene aktiv gewesen, zuletzt bei den »Autonomen Nationalisten« in Dortmund. Beim Internetportal »Netz gegen Nazis« erzählt er, die »Autonomen Nationalisten« hätten weder ein modifiziertes Programm, noch würden sie einen »weltoffenen« oder »toleranten« Umgang pflegen. »Es sind ganz klar Leute, die das 3 . Reich glorifizieren, begangene Verbrechen leugnen«, erklärt er und hebt hervor, diese Kameradschaften strebten »ein Regime nach dem Vorbild von Hitler-Deutschland« an. Mit dem Kopieren linker Lifestyles und Aktionsformen wollten sie vor allem Jugendliche ansprechen. Holger G. betont denn auch, dass die Selbstzuordnung zu den AN zuerst »über die Kleidung, über die Kopie des Stils der autonomen Antifa« und der »Gewalt« erfolge. »Die Neonazis bei den Autonomen Nationalisten sind sehr erlebnisorientiert, (…) sie sind richtig heiß, dass es zu Ausschreitungen und Auseinandersetzungen kommt.«
Auch mit dieser neuen, für Jüngere attraktiven rechten Subkultur muss sich Udo Voigt auseinandersetzen. Ihm liegt an der nationalen Bewegung mit der NPD an der Spitze, und dafür müssen alle Strömungen für die Partei gewonnen werden. In Bamberg dürften einige der Parteitagsgäste, als sie die ersten Worte von Voigt zu den »Autonomen Nationalisten« hörten, an die Bilder vom Aufmarsch am 1 . Mai in Hamburg gedacht haben. Auf »YouTube« finden sich diverse Clips zu dem Marsch von Kameradschaften und NPD an der Elbe. Unterlegt mit Rechtsrock, zeigen sie, wie »Autonome Nationalisten« als »schwarzer Block« Polizisten wegdrängen, Bauzäune umreißen, Journalisten schlagen, Gegendemonstranten angreifen.
Kurz hielt Udo Voigt im Grundsatzreferat inne und schaute in den Bamberger Hegelsaal. »Kommen wir zu dem leidigen Thema: Schwarze Blöcke«, begann der Bundesvorsitzende schließlich. »Wir werden das in Zukunft nicht mehr bei unseren
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