Neongrüne Angst (German Edition)
Kinn vor und fletschte die Zähne.
»Warum kommst du erst jetzt, du Penner? Die Josy hätte tot sein können in der Zeit!«
Pit nahm deutlich Abstand von Krüger. Er schien Angst oder zumindest großen Respekt vor ihm zu haben.
Leon dagegen schimpfte: »Halt du dich da raus! Du hast doch gar nichts damit zu tun! Verzieh dich hier, Mensch! Wir haben auch schon ohne dich genug Probleme.«
»Ich semmel dir gleich eine rein, dann weißt du, was Probleme sind!«, fauchte Krüger zurück.
Leon hatte nun wirklich keine Lust, sich mit diesem Typen hier zu streiten. Aber er wusste auch nicht, wie er aus der Situation herauskommen konnte. Er wollte sich um Johanna kümmern, statt das diesem Pit zu überlassen, aber er war auch unheimlich wütend, und zwar auf Johanna.
Wieso trieb sie sich hier auf dem Freimarkt herum? Was hatte sie mit diesen Typen zu tun? In der glühend aufwallenden Eifersucht fragte sich Leon in der Tat, ob Johanna irgendeine Droge eingenommen hatte. Das passte nun so überhaupt nicht zu ihr, doch er konnte sich ihren Zustand nicht anders erklären. Es reichte ihm schon, einen Vater mit Alkoholproblemen zu Hause zu haben. Er brauchte nicht noch eine Freundin, die sich irgendwelche Trips reinpfiff.
Er griff in seine Hose und fingerte nach einem Tempotaschentuch. Krüger deutete das falsch, zog ein Springmesser und zeigte drohend die Klinge.
»Lass den Dolch in der Tasche, Schwarz. Ich bin sowieso schneller.«
Wenn Volker Krüger die Leute mit ihren Nachnamen anredete, war er immer kurz davor, auf sie loszugehen, das wusste an der Edith-Stein-Schule jeder.
»Ja, dann kann ich jetzt wohl gehen, oder braucht mich noch jemand?«, fragte der Sanitäter mit dem Lichter-Schnauzbart.
»Bleib ruhig noch da, hier fließt gleich Blut!«, rief einer von den Cowboys.
Vorsichtig und langsam, so dass Krüger jede Bewegung verfolgen konnte, zog Leon sein Tempotaschentuch aus der Jeans. Dann grinste er Krüger an und machte damit »Buh!«, als könne er mit dem Taschentuch zustechen. Er hoffte, so die ganze Situation zu entkrampfen und zu entschärfen.
Er traute sich jetzt sogar, Krüger den Rücken zuzudrehen, und lief hinter Johanna und Pit her. Er wollte Johanna das Taschentuch geben, damit sie sich das Gesicht reinigen konnte, aber sie hielt bereits eins von Pit in der Hand.
Hinter ihnen brüllte der Punk: »Äi, was ist jetzt mit meinen Pommes?«
Pit ging jetzt links, Leon rechts von Johanna. Sie stützte sich auf Pits Arm, hakte sich aber bei Leon ebenfalls unter. Sie bestimmte mit ihren wackligen Schritten das Tempo. Dann hielt sie an, richtete den Kopf nach oben und verdrehte die Augen so merkwürdig, dass Leon schon glaubte, sie könne gleich wieder so einen Anfall bekommen. Stattdessen sagte sie nur: »Mir ist so schwindlig. Hier ist alles so laut und so bunt. Bring mich hier weg.«
Keiner der beiden jungen Männer wusste genau, wer damit gemeint war, deshalb blieben sie beide.
Pit wurde ganz redselig. Er sprach nicht mit Johanna, sondern zu Leon, als müsse er ihm gegenüber etwas klarstellen: »Ich bin richtig froh, dass ich da war und Johanna helfen konnte. Sie hat mich auch mal rausgehauen, als dieser Brüllaffe dahinten mich verdreschen wollte.«
Er deutete mit dem Kopf kurz in Richtung Krüger, der hinter ihnen sein Messer wieder wegpackte, weil der Sanitäter drohte, sofort die Polizei zu rufen.
Leon kannte die Geschichte. Johanna hatte sie ihm mehrfach erzählt.
Pit war von Krüger auf der Prager Straße übel zusammengeschlagen worden. Johanna hatte durch ihr beherztes Eingreifen noch Schlimmeres verhindert.
Sie gingen gemeinsam zu Leons Fiat. Dort blieben sie unschlüssig stehen. Johanna war immer noch blass, und an ihren Haaransätzen klebte eine vertrocknete Ketchupkruste.
Leon wusste nicht, wohin er Johanna bringen sollte und ob er Pit Seidel anbieten musste, ihn zu seiner Wohnung in der Potsdamer Straße mitzunehmen. Er fühlte sich so unsicher.
Johanna stützte sich auf dem Autodach ab und nahm dann die Initiative in die Hand. »Ich muss mich bei dir, Pit, wirklich bedanken. Das war ganz großartig von dir. Dieser Trick wirkt. Im ersten Moment dachte ich, du spinnst, aber das mit der Tüte war wirklich toll.«
»Hattest du so etwas schon öfter?«, fragte er.
»Nein, noch nie.«
Er lächelte. »Sonst würde ich dir empfehlen, in Zukunft immer eine Tüte dabeizuhaben. Und wenn mal keine Tüte da ist, kannst du auch einfach beide Hände vors Gesicht halten und da
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