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Neptuns Tochter (Gesamtausgabe)

Neptuns Tochter (Gesamtausgabe)

Titel: Neptuns Tochter (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Waiden
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langgezogenen Ton wurde.
    Exitus.

~*~*~*~
    » W ie konntest du sie so einfach gehen lassen?«, schimpfte Adrienn Illay. »Wir sind mit meiner Geschichte noch lange nicht fertig.«
    »Das habe ich dir gerade erklärt.« Timea bemühte sich, ruhig zu bleiben. Ihre Großmutter war seit genau zwei Stunden zu Hause, die Koffer noch nicht richtig ausgepackt, da hielt sie Timea schon eine Standpauke.
    »Timea, wenn du sagst: Sie hat anderweitige Verpflichtungen , ist das nicht einmal ansatzweise eine Erklärung.«
    »Ich verstehe dich nicht, Großmutter. Diese Schreibarbeit kann doch auch jemand anderes übernehmen.«
    »Jetzt nicht mehr.« Timea kannte ihre Großmutter zu gut, als dass sie die Unmutsfalte zwischen ihren Brauen übersehen könnte. »Mika hat eben genau gepasst. In allen Belangen.«
    Das war der Punkt, an dem Timea das Thema beenden wollte. Sie wusste, dass ihre Großmutter auf die logische, nächste Frage wartete, aber Timea stellte sie nicht.
    »Ich werde mich morgen um Ersatz kümmern, sofern du das möchtest«, bot sie stattdessen an. »Wobei mir lieber wäre, wenn du das Ganze überhaupt vergisst.«
    »Das sollte ich vielleicht«, murmelte ihre Großmutter. »Und wegen meiner Biographie werde ich mir etwas überlegen.«
    »Ich weigere mich, auf deine Andeutungen einzugehen, Großmutter«, machte Timea klar. »Zurzeit habe ich andere Probleme, als mit dir Rätselraten zu spielen.«
    »Dann sag mir endlich, was los ist.« Adrienn deutete ihrer Enkelin, sie zu ihrem Lieblingssessel zu führen. Ein Trick, wie Timea wusste, denn ihre Großmutter war sehr wohl in der Lage, den Platz selbst zu finden. Aber manchmal nutzte sie ihre Blindheit schamlos aus, um ihr Gegenüber weichzuklopfen.
    Warum sie das auch bei ihr versuchte, war Timea schleierhaft. Ihre Großmutter müsste wissen, dass das bei ihrer Enkelin nicht verfing. Jedenfalls meistens. Timea betrachtete das Gesicht genauer, in dem das Leben deutliche Spuren hinterlassen hatte. Es sah müde aus, das Gesicht. Drei Wochen Kur in der alten Heimat Ungarn hatten zum ersten Mal, seit Timea sich erinnern konnte, keine sichtbare Erholung für ihre Großmutter gebracht.
    »Ich will dich damit nicht belasten«, winkte Timea daher ab.
    »Ich bin zwar alt, Timea. Das heißt aber nicht, dass ich behandelt werden muss wie ein unmündiger, seniler Tattergreis.« Die alte Dame saß wie eine Königin vor dem Kamin, die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst.
    »Das habe ich auch nicht gemeint«, rechtfertigte sich Timea. »Es ist halt eine lange Geschichte, und du bist gerade erst angekommen.«
    »Papperlapapp. Du packst mich in Watte, das ist alles. Aber damit ist jetzt Schluss. Ich will wissen, was los ist. Schließlich bin ich immer noch deine Großmutter und mache mir Sorgen um dich.«
    Timea gab nach. In knappen Sätzen, so emotionslos wie möglich, fasste sie die letzten Tage zusammen. Gernot Hampfs Erpressung und die wundersame Rettung.
    Die Geschichte zwischen ihr und Mika ließ Timea außen vor. Das war zu intim, war nichts, was eine Großmutter über ihre Enkelin wissen sollte. Zumal die Enkelin die Tatsache, dass sie lesbisch war, noch nie zur Sprache gebracht hatte.
    Als Timea geendet hatte, herrschte erst einmal Stille. Nur das laute Ticken der Wanduhr war zu hören.
    »Gut«, begann ihre Großmutter und übertönte damit das gleichmäßige Tick-tack . »Das heißt, wir haben noch für ein Jahr ein Dach über dem Kopf.«
    »So gesehen – ja«, antwortete Timea.
    »Alternativen?«
    Jetzt wusste Timea, von wem sie diese Ein-Wort-Sätze übernommen hatte. »Kaum«, gab sie in entsprechender Form zurück.
    »Aber es gibt welche? Verstehe ich das richtig?« Timeas Großmutter saß immer noch in ihrem Stuhl, wie es sich für eine gebürtige Aristokratin gehörte. Auch wenn sie sich schon lange nicht mehr Gräfin nennen durfte – die Erziehung, die sie genossen hatte, ließ sich nicht verleugnen.
    »Nur eine.«
    »Die da wäre?«
    Wie war Timea bloß in dieses Fahrwasser geraten? Ohne es zu merken, hatte ihre Großmutter sie in eine Richtung manövriert, aus der Timea nur schwer herauskam.
    »Ich denke nicht …«, begann sie langsam, nach Auswegen suchend.
    »Du sollst nicht denken«, verhinderte die Großmutter den Versuch, »du sollst Tacheles reden. Hör also auf hier herumzudrucksen.«
    Timea war sauer. Diesen Befehlston, den ihre Großmutter angeschlagen hatte, konnte sie nicht leiden. Als wäre sie ein kleines Kind. »Ich könnte für die

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