Nero
helfen.
Dank den Prämien, die der Cäsar für die bis zu einem gewissen Zeitpunkt erfolgte Fertigstellung der Neubauten ausgeworfen hatte, übertraf die Thätigkeit der Privaten jede Erwartung. Man schaffte bei Tag und bei Nacht; selbst die furchtbare Julihitze unterbrach diese Arbeiten nicht vollständig.
Ein neuer, lebendiger Geist hatte sich der Römer bemächtigt, so daß der Jahrestag der furchtbaren Katastrophe zwar mit ernsten, aber durchaus nicht trübseligen und niedergeschlagenen Gefühlen begrüßt wurde.
Die Provinzen, besonders Kleinasien und Griechenland, hatten herhalten müssen, um die Schatzkammern des Imperators zu füllen, der das also erbeutete Gold mit vollen Händen über die Hauptstadt ausgoß.
Eine Art von Privatministerium – Helius, der ›Mann mit den Schweinsaugen‹, an der Spitze – war dazu eingesetzt worden, um zu beratschlagen, wie man der kaiserlichen Schatulle immer neue Geldquellen aufschließen möchte; und die Methode, die man bei dieser Erschließung befolgte, sprach jeder Gerechtigkeit Hohn.
Gegen Mitte September nahm die Bauthätigkeit einen erneuten Aufschwung. Gallische und hispanische Werkleute waren zu vielen Tausenden eingetroffen. Wenn das so fortging, durfte man gegen Ende des Jahres die Vollendung auch des letzten Hauses erwarten, – abgesehen von einigen Rückständen betreffs der inneren Einrichtung, namentlich im Punkte der Malerei; denn die Herren vom Senatoren und Ritterstand erhoben hier große Ansprüche.
Der Hof hatte den ganzen Sommer wieder in Bajä verbracht, und zwar in der prachtvollen neuen Villa, deren Kosten der Freigelassene Phaon damals auf neunhundert Millionen veranschlagt hatte, während sie in der That mit all ihren Kunstschätzen und Luxuseinrichtungen noch drittehalbhundert Millionen mehr verschlungen hatte. Auf dem Dach dieser Villa befanden sich Baumanlagen, Pflanzungen, Springbrunnen und ein zierlicher Teich von einigen dreißig Ellen im Geviert, ganz in Onyx gefaßt. Eine Barke aus Zedernholz, für zwei Personen und einen Ruderer berechnet, lag hier am Stamm einer Fächerpalme. ›Meine hängenden Gärten‹ nannte Poppäa Sabina dies wunderbare Solarium.
Dennoch war Nero durch dieses Meisterstück unerhörter Verschwendung nicht völlig zufriedengestellt. Er träumte Gewaltigeres, – und dieses Gewaltigere hatte sich unterdessen am Esquilinischen Hügel zu Rom verwirklicht: der orientalische Märchenpalast, der im staunenden Volke den Namen des ›Goldenen Hauses‹ erhalten sollte.
Gegen Ende Oktober lehnte das Herrscherpaar unter den Wipfeln des Dachgartens und blickte hinaus in den Bajanischen Golf, wo eben, von Ostia kommend, die kaiserliche Trireme Ichthys am Kap Misenum vorüber in stolzem Bogen hereinschwenkte. Neben dem Kaiser stand Tigellinus. Auf einem gepolsterten Rundstuhl, einige Schritte entfernt, saß Phaon, der Freigelassene, der vor kaum einer Viertelstunde von Rom angelangt war. Ganz im Hintergrund kauerte der Leibsklave Cassius mit einigen Dienerinnen Poppäas.
»Du siehst, Herr,« sagte der Freigelassene mit einer Handbewegung nach der Trireme, »wie pünktlich der Obersteuermann seine Fahrten berechnet. Zwei Stunden vor Sonnenuntergang wollte er drüben beim Herkulestempel vor Anker gehen.«
»Ich danke euch,« gab ihm der Imperator zurück. »Heute abend noch brechen wir auf. Nach allem, was du erzählt und berichtet hast, darf ich voraussetzen, daß ich nun endlich ein wirklich menschenwürdiges Heim erhalte.«
»Ein Heim aus lauterem Golde, mit Edelsteinen geschmückt, von denen mancher den Wert dieser Villa erreicht.«
»Du hörst's, Poppäa. Spiegelnde Goldplatten überdecken die Wände. Aus dem königlichen Metall wird dein blühendes Bildnis dir tausendfältig entgegenstrahlen. Dein Fuß wandelt über akanthusfarbigen Malachit. Rubine, Smaragde und Diamanten wetteifern mit dem Glanze des Tages, der durch Scheiben aus phönicischem Glas in die funkelnden Säle bricht. Alles was Kunst und Reichtum, lodernde Schöpferkraft und keuchender Sklavendienst irgend zu leisten vermögen –: dort, in dem goldenen Hause hat's Leben gewonnen. Nun soll eine Aera des Taumels beginnen, des todverachtenden Schwelgens, der wonnigsten Raserei, wie sie nicht dagewesen seit Ninus und Sardanapal!«
»Herr, du bist glücklich,« sagte der Agrigentiner, eine tiefe Gemütsbewegung erheuchelnd. »Heil dir, Liebling des Schicksals! Heil auch dir, Poppäa Sabina, Herrin des Reichs, Schönste und Beneidenswerteste unter
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