Nesbø, Jo - Harry Hole - 02
ohrenbetäubend. Jens ’ Gesichtsausdruck wandelte sich in grenzenlose Ungläubigkeit.
»Nur in schlechten Krim is haben alle Pistolen sechs Schuss, Jens. Das da ist eine Ruger SP-101. Die hat fünf.«
»Fünf?« Jens starrte die Pistole an. »Fünf? Woher wusstest du das?«
»Ich lebe davon, dass ich so was weiß.«
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Harry konnte das Blaulicht unten auf der Straße sehen. »A m besten, du gibst m ir die W affe, Jens. Polizisten haben so eine Tendenz zu schießen, wenn sie eine Pistole sehen.«
Die Verwirrung stand Jens ins Gesicht geschrieben, als er Harry die Waffe reichte, der sie unter seinen Hosenbund schob.
Vielleicht war es der fehlende Gü rtel, der die P istole an seinem Bein nach u nten rutschen ließ, v ielleicht war er einfach m üde oder hatte einen Moment lang die Konzentration verloren, als er die Kapitulation in Jens’ Augen sah. Überrumpelt von Jens’
rascher Bewegung taumelte er nach hinten, als der Schlag ihn traf, und registrierte, dass sein linkes Bein unter ihm nachgab, ehe er mit dem Hinterkopf auf dem Beton aufschlug.
Er war einen Mom ent lang weggetreten. Das konnte er sich jetzt nicht erlauben. Frenetisch suchte sein inneres Radio nach einer Station. Das Erste, was er sah, war das Aufblitzen eines Goldzahns. Harry blinzelte. Es war kein Goldzahn, es war das Mondlicht, das sich auf der Klinge des sam ischen Messers
spiegelte. Dann senkte sich der durstige Stahl zu ihm hinunter.
Harry würde nie eine Antwort darauf bekommen, ob er einfach instinktiv gehandelt hatte oder ob seinem Tun eine Überlegung zugrunde lag. Seine linke Hand st reckte sich m it gespreizten Fingern dem Messer entgegen und die Klinge schnitt sich w eich durch die Handfläche. Als sie bis zum Schaft hindurchgedrun-gen war, riss Harry die Hand zu sich und trat m it seinem
unverletzten Bein zu. E r traf irgendwo in das schwarze Blut, Jens klappte zusammen, stöhnte und fiel seitlich in den Sa nd.
Harry rappelte s ich auf die Knie au f. Jens hatte sich in Säu g-lingsstellung zusammengekauert und presste beide Hände auf seinen Bauch. Er heulte. Ob vor Lachen oder vor Schm erz, war schwer zu sagen.
»Verdammt, Harry. Das tut so weh, das ist schon wieder fantastisch.«
Er rang nach Atem, grunzte und lachte abwechselnd.
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Harry kam auf die Beine. Er blick te auf das Messer, d as in seiner Hand steckte, unsicher, was er tun sollte: es herausziehen oder wie einen Korken in der Hand stecken lassen ? Unten auf der Straße hörte er jemanden in ein Megafon sprechen.
»Weißt du, was jetzt geschieht, Harry?« Jens hatte die Augen geschlossen.
»Nicht wirklich.«
Jens machte eine Pause und sammelte sich. »Dann erklär ich dir jetzt mal, was passieren wird, Harry. Jetz t ist Zahltag für einen ganzen Haufen Poliziste n, Juristen und Richter. Zum Teufel mit dir, Harry, das wird mich teuer zu stehen kommen.«
»Wie meinst du das?«
»Wie ich das m eine? Du spielst wohl wieder den norwegischen Pfadfinder, was? Alles is t käuflich. Wenn man Geld hat.
Und ich habe Geld. Außerdem …« Er hustete.
»… gibt es da ein paar Politiker mit Interesse an der Bauwirt-schaft, denen es wichtig ist, dass BERTS nicht vor die Hunde geht.«
Harry schüttelte den Kopf. »Dieses Mal nicht, Jens. Dieses Mal nicht.«
Jens fletschte die Zähne zu einem schmerzerfüllten Grinsen.
»Wollen wir wetten?«
Geh weg, dachte Harry. Tu jetzt nichts, was du später bereust, Hole. Er sah auf die Uhr, ein Reflex. Der Zeitpunkt der F
est-
nahme, für den Bericht.
»Eine Sache ist m ir nicht ganz klar, Jens. Hauptkomm issarin Crumley meinte, ich hätte zu v iel verraten, als ich dich nach Ellem Limited fragte. Vielleicht habe ich das. Aber du w eißt schon seit einiger Zeit, dass ich dich als Täter identifiziert hatte, nicht wahr?«
Jens versuchte, seinen Blick auf Harry zu heften.
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»Eine ganze Weile. Deshalb habe ich nicht verstanden, warum du dir so viel Mühe gegeben hast, m ich aus der Untersuchungshaft zu holen. Warum, Harry?«
Harry spürte, wie ihm schwindelig wurde, und setzte sich auf einen der Werkzeugkoffer.
»Nun, vielleicht war es mir da noch nicht ganz klar. Vielleicht wollte ich wissen, welche Karte du als Nächstes ausspielst. Oder ich wollte dich irgendwie aufscheuchen, ich weiß nicht. W oran hast du erkannt, dass ich es wusste?«
»Jemand hat es mir gesagt.«
»Unmöglich. Ich habe kein W ort darüber verloren, erst heute Abend.«
»Jemand hat es erkannt, ohne dass du etwas gesagt
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