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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Also doch, schoss es Yonathan durch den Kopf. Dieser Vogel war – so unglaublich das klang
    – ein Verbündeter Sethurs, ein Spion, dessen war Yonathan sich sicher. Ihm blieb keine Zeit weiter darüber nachzudenken. Kapitän Kaldeks raue Stimme erhob sich über den aufbrausenden Sturm.
    »Du bekommst uns nicht, so wahr ich Kaldek heiße!«, brüllte er der Narga entgegen – und seine Stimme konnte wohl nur deshalb das Tosen des Sturmes übertönen, weil sich kein anderes Geräusch mit ihrem giftigen Knarren vermischen wollte.
    Abermals bohrte sich die unheimliche Stimme wie ein lähmender Stachel in die Köpfe der Männer: »Ich sage es Euch ein letztes Mal, Kaldek: Gebt auf! Ich will nur den Jungen. Wenn Ihr ihn mir ausliefert, dann lasse ich Euch ziehen.«
    Für einen Moment wanderte Kaldeks Blick zu Yonathan herüber. Obwohl Regen auf das Deck der Weltwind peitschte, glaubte Yonathan doch ein Abschätzen in diesen Augen zu sehen, so wie bei ihrem ersten Treffen vor sieben Tagen. Würde Kaldek, der schlitzohrige Kaufmann, lieber auf eine Ware verzichten, um dafür wertvollere Dinge – die Weltwind, sein Leben und das aller seiner Männer – behalten zu können?
    »Handel ist Handel!« Kaldeks Stimme zerschnitt das Brüllen des Windes. »Der Junge ist mir anvertraut. Du bekommst ihn ebenso wenig wie mich oder unser Schiff.«
    Kaldek wandte sich entschieden ab und würdigte das schwarze Schiff Sethurs keines Blickes mehr. Einen Moment verharrte er in dieser Haltung, so, als wolle er die Narga dadurch von der Oberfläche der aufgewühlten See verbannen. Dann erhob er die Augen und brüllte seinen Männern zu: »Werft alles, was wir nicht zum Segeln benötigen, von Bord: die Ladung, die Aufbauten, eure Habseligkeiten – alles. Aber achtet darauf, dass die richtige Trimmung erhalten bleibt! Wir müssen unser altes Walross leichter machen. Es soll auf seine alten Tage noch einmal Flügel bekommen, denn wenn wir dieser schwarzen Ausgeburt dort drüben nicht entkommen, dann gnade uns Gott.«
    Mit diesen Worten hatte Kaldek den lähmenden Bann gebrochen, der von Sethurs übernatürlicher Stimme in die Köpfe der Männer gepflanzt worden war. Wie vom Irrsinn gepackt begannen sie alles, was nicht niet-und nagelfest war, von Bord zu werfen. Auch Yonathan beteiligte sich.
    »Gib es auf, du kannst nicht entkommen«, krächzte immer wieder Zirahs Stimme aus dem Käfig, der nun im Sturm heftig hin und her schaukelte. Niemand schenkte dem Vogel Beachtung, aber offensichtlich dachte auch niemand daran, den Käfig über Bord zu werfen.
    Fässer, Kisten und Ballen hatten bald den Weg in die aufgewühlte See gefunden und der Abstand zwischen der Narga und der Weltwind verringerte sich kaum weiter. Yonathan glaubte die bösartige Entschlossenheit in den Augen der bewaffneten Männer auf der Narga erkennen zu können, so nahe waren sich die Schiffe inzwischen schon gekommen.
    Enterhaken wurden zur Weltwind hinübergeschleudert, doch die wenigen, die gegen den orkanartigen Wind ankamen und das Deck der Weltwind erreichten, fanden dort keinen Halt mehr, denn die Reling und viele andere Aufbauten waren bereits abgebrochen und der grauschwarzen Gischt übergeben worden. Das von den Wellen geschüttelte Schiff knarrte und ächzte beängstigend, aber Kaldek wagte nicht die Segelfläche weiter zu verringern. Jedes Segel weniger würde die Weltwind langsamer machen und jedes zu viel könnte die Masten brechen lassen.
    Yonathan blickte zur Narga hinüber und wünschte sich, dass eines ihrer prallen Segel reißen würde. Inzwischen hatte Dunkelheit die beiden Schiffe umhüllt, obwohl es für den Einbruch der Nacht noch viel zu früh war. Von den Begleitschiffen der Narga war nichts mehr zu sehen. Der Wettlauf fand nur noch zwischen den beiden großen Schiffen statt.
    Yonathan starrte auf den Großmast der Narga und überlegte fieberhaft. Nur ein winziger Vorteil würde schon genügen, um der Weltwind die Flucht in die Dunkelheit zu ermöglichen. Wenn nur irgendwas geschähe! Wenn dieser Mast dort bräche…
    Die Situation schien aussichtslos. Aber das verstärkte nur seinen Zorn. Im Geiste stemmte er sich gegen jenen Mast auf Sethurs Schiff. Dies durfte nicht das Ende seiner Mission sein. Ein Stoßgebet zu Yehwoh…
    Da geschah das Unglaubliche: Mit einem lauten Krachen zerbarst der Großmast der Narga unmittelbar über dem Deck.
    Die folgenden Ereignisse schienen sich mit seltsamer Zähigkeit abzuspielen. Man hätte denken können, die Zeit

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