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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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seinem Namen unterschrieben haben.«
    »Genau! Und dieser Bericht von dem König, dem bösen Fürsten und des Königs Verwaltern ist ein Gleichnis, eine Geschichte, aus der wir lernen sollen. Der König ist ein Bild für Yehwoh, den allmächtigen Gott, der das Universum erschuf. Der böse Fürst ist Melech-Arez, Yehwohs Widersacher, der unsere Welt Neschan machte, um sich Yehwoh gleichzustellen. Die Verwalter aus dem Gleichnis aber stellen die Richter Neschans dar; sechs sind schon da gewesen und der siebente soll in unserer Generation erscheinen.«
    »Die Götterboten sind also die Richter Neschans und der göttliche Brief ist das Sepher Schophetim. Dann ist der wahre Name Gottes – Yehwoh.« Yomi nickte. »Raffiniert!«
    Yonathan hatte es geschafft Yomi selbst die Antwort auf die Fragen nach dem wahren Namen Gottes finden zu lassen. Genau so hatte es ihn Navran stets gelehrt. »Das Buch der Richter Neschans ist der Schlüssel zu vielen alten Legenden. Nachdem du ihn gefunden hast, musst du ihn nur noch benutzen.«
    »Das alles ist ziemlich schwer zu begreifen. Alles hatte so gut zusammengepasst – der Weltwind, der die Wolken hervorbringt, und die Gezeiten.«
    »Gewiss gibt es eine logische Erklärung für Naturerscheinungen wie Wind, Ebbe und Flut.«
    »Ja, ja.« Yomi war mit grüblerischer Miene von seinem Stuhl aufgestanden. »Ich muss mir das alles durch den Kopf gehen lassen«, murmelte er vor sich hin, zog seinen Mantel über und sagte zu Yonathan gewandt: »Ich werde zunächst einige Dinge im Frachtraum erledigen. Wir reden später weiter.«
    Yonathan nickte ihm lächelnd zu. Er hatte Yomis Weltbild gründlich durcheinander gebracht.
    Als Yonathan allein in Kaldeks Kajüte saß, ergriff ihn wieder dieses Frösteln. Aus den Augenwinkeln spähte er zu Zirahs Käfig herüber. Der schwarze Vogel saß wie immer regungslos da und hatte seine orange umränderten Augen auf ihn geheftet. Abermals glaubte er eine Veränderung an dem Tier wahrzunehmen, doch er konnte sich nicht erklären, was diesen Eindruck hervorrief.
    Noch etwas anderes fiel ihm auf: Aus dem bösartigen Blick des Vogels sprach etwas Neues, ein Gefühl, das mit der bereits vertrauten Feindseligkeit des Tieres verflochten war. Yonathan verwarf diesen Gedanken, denn konnte es sein, dass Zirah beleidigt war über das, was er eben erzählt hatte? Genau diese Empfindung glaubte er nämlich im Blick des Vogels zu erkennen. Er schüttelte den Kopf. »Blödsinn!«, sagte er sich, verließ aber doch lieber die Kapitänskajüte. Jede Gesellschaft war ihm lieber als die dieses gefiederten Ungeheuers.
    Er war schon längst außer Hörweite, sodass er nicht mehr die drei Worte vernahm, die aus dem schaukelnden Käfig drangen.
    »Wir werden sehen.«
     
     

Wettlauf auf Leben und Tod
     
    »Schiff steuerbord voraus!«, rief eine sich überschlagende Stimme vom Ausguck der Weltwind herab. Der stürmische Wind verschluckte fast die Worte. Yonathan befand sich zum Unwillen von Kapitän Kaldek wieder einmal an Deck. Inzwischen waren vier weitere Tage an Bord der Weltwind verstrichen. Obwohl das Wetter nur selten Ausflüge ans Oberdeck erlaubt hatte, fühlte er sich doch recht wohl auf dem großen Dreimaster. Yomi hatte ihm viel vom Schiff gezeigt und nicht zuletzt wegen ihrer täglichen Gespräche, die seit der Unterhaltung über die Weltwind-Legende ständig tiefgründige Themen ausloteten, war ihm die Zeit nicht lang geworden. Yomi war zwar eher zurückhaltend, aber wenn man ihn aus der Reserve lockte, wurde er recht mitteilsam.
    Dies war nun der siebente Tag seit Verlassen des Hafens von Kitvar und zum ersten Mal hatte es aufgehört zu regnen. Sogar der Sturm gönnte sich eine kleine Ruhepause und der Himmel trug ein etwas freundlicheres Grau. Der Wind hatte gedreht und wehte nun von Süden. Kapitän Kaldeks zuletzt sehr üble Laune war mit dem Wetter umgeschlagen, konnte die Weltwind doch endlich – da die Klippen des Ewigen Wehrs bereits als schwarze Linie am Horizont in Sichtweite gerückt waren – westlichen Kurs einschlagen und mit halbem Wind segelnd Abstand gewinnen zu der nahen Küste.
    Als die Stimme aus der Höhe des Großmastes ertönte, blickte Yonathan unwillkürlich zu Zirah hinüber. Schon seit einigen Stunden war ihm aufgefallen, dass der Vogel sich seltsamunruhig benahm. Üblicherweise hockte Zirah wie eine Statue bewegungslos in ihrem Käfig. Aber heute wanderte sie ununterbrochen auf ihrer Stange hin und her. Der kahle Kopf wippte in

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