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Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Titel: Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Posten im Stich und rettete sich mit einem erschreckten »Wau - wau« ans Ufer. Die Passagiere aber, Fräulein Gerda, Fräulein Irenchen und Mariannchen, stürzten sich kopfüber in die blauen Fluten. Nur Lolo, das Negerkind, reiste jetzt noch einsam auf dem großen Schiffe weiter nach Amerika.
    Da kamen Hans und Klaus aus der Schule. Als die das Schwesterchen bei ihrem lustigen Spiel sahen, schlug Hans vor: »Komm, Annemarie, ich mache dir noch ein Schiff aus Papier, das bindest du dann als Rettungsboot hinten an!«
    »Ach ja, Hänschen«, jubelte Annemarie und lief hinter dem großen Bruder her.
    Klaus ließ seine Augen inzwischen über die verunglückte Besatzung des Schiffes schweifen. Puppe Gerda bibberte schon an allen Gliedern, weil sie den gefährlichen Klaus nun im Zimmer wußte. Wie aber wurde ihr erst zumute, als sie sich von tintenbeschmierten Jungenhänden plötzlich roh am Arm emporgezerrt fühlte! Die Leiter, die Frieda soeben verlassen hatte, um frisches Wasser zu holen, kletterte der Nichtsnutz mit der armen Puppe empor. Immer höher und höher ging es.
    Aber jetzt wurde haltgemacht. Wupp - da saß die vor Angst halbtote Gerda hoch oben auf dem Ofen, der noch dazu an dem kalten Apriltage geheizt war.
    »Au - ich hab' mich verbrannt!« schrie Puppe Gerda, aber hohnlachend rutschte der wilde Klaus die Leiter herunter.
    Weinend thronte die Puppe auf ihrer einsamen Höhe.
    »Ach Gott - ach Gott, wie soll mich mein Mütterchen bloß je im Leben hier wiederfinden?«
    Da kam Annemarie glückstrahlend mit ihrem Rettungsboot zurück. Sie band es an die Teppichmaschine und fischte die Ertrunkenen wieder aus dem Ozean heraus.
    »Nanu, wo ist denn mein Gerdachen hingekommen?« verwunderte sie sich. »Habt ihr Gerda nicht gesehen?« wandte sie sich an die übrigen Fahrgäste.
    Irenchen wies mit dem ausgestreckten Arm in die Richtung des Ofens, aber die Kleine achtete nicht darauf. Auch nicht auf das feine, weinende Puppenstimmchen, das sie von oben rief. Sie stürzte in die Jungenstube, denn sie ahnte sogleich, wer der Täter war.
    Dort saß Klaus mit dem harmlosesten Gesicht der Welt und machte seine Rechenaufgaben.
    »Klaus, hast du meine Gerda genommen?« fragte sie kampfbereit.
    »Laß mich mit deiner dummen Puppe in Frieden«, brummte der und steckte die Nase noch tiefer ins Buch.
    Die Kleine hielt es für geraten, andere Seiten aufzuziehen.
    »Kläuschen, liebes gutes Kläuschen, ach gib mir doch meine kleine Gerda wieder!« bettelte sie.
    »Such sie dir«, brummte der Puppenräuber.
    »Also du hast sie genommen, du abscheulicher Junge, na warte!« Annemaries schon zum Boxen erhobene Ärmchen sanken aber wieder herab.
    Sie jagte aus dem Zimmer, die Mutterliebe war stärker als die Rauflust.
    »Sie ist nach Amerika geschwommen, wenn sie nicht unterwegs ein Haifisch verschluckt hat«, rief der ungezogene Klaus noch hinter dem Schwesterchen her. Im Wohnzimmer durchsuchte Annemarie in Gemeinschaft mit Frieda jeden Winkel. Gerda blieb verschwunden. Bitterlich weinend stand die kleine Puppenmutter unten, während oben auf dem Ofen ihr Kind ebenso bitterlich weinte.
    Da rief Frieda, welche den Kronleuchter säuberte, plötzlich von der Leiter herab: »Ich sehe sie - da guckt ein Bein über den Ofenrand - na, hoffentlich ist sie nicht aus Wachs, sonst ist die da oben bestimmt geschmolzen.«
    Sie rückte die Leiter an den Ofen und holte das arme Puppenkind herunter. Das Herz klopfte der kleinen Annemarie inzwischen bis zum Hals.
    Lieber Gott - würde ihre Gerda, ihr süßes Nesthäkchen, auch nicht geschmolzen sein?
    Da hielt sie ihr Kind endlich wieder im Arm, fest, ganz fest. Nein, es war noch genau so schön wie vorher, nur ein bißchen erhitzt fühlte es sich an.
    Selig küßten sich die beiden, als ob Gerda wirklich aus Amerika angereist gekommen wäre.
    Von nun an aber hatte Puppe Gerda noch viel, viel größere Angst vor dem bösen Klaus.

Nesthäkchen macht schlechtesWetter
     
    Die Bäume im Tiergarten hatten ihr neues, hellgrünes Maikleid angelegt, die Vögelchen pfiffen und flöteten ihre Frühlingslieder, herrlich blühte der Flieder. Auf den Bäumen krabbelte es von Maikäfern und auf den Spielplätzen von kleinen Buben und Mädeln.
    Aber so lustig es auch im Tiergarten war, es kostete Annemarie jedesmal einen Kampf, von zu Hause fortzugehen; denn dort war es jetzt noch tausendmal lustiger. Da wurde der alte, häßliche Winterstaub aus allen Ecken und Winkeln gejagt, mit großen Besen und

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