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Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Titel: Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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gewesen - na, die können sich freuen!«
    Da trat Annemarie mit niedergeschlagenen Augen in Vaters Sprechzimmer, ihr Puppenkind krampfhaft an das Herz gepreßt.
    »Na, Lotte, was willst du?« Vaters Zorn verflog im Umsehen, als er sein Nesthäkchen erblickte.
    »Ich - ich -« druckste die Kleine und wäre am liebsten wieder davongelaufen, wenn sie sich nicht vor ihrem Kinde geschämt hätte.
    »Na, was hast du denn auf dem Herzen, meine kleine Lotte?« Liebevoll zog Vater sie zu sich heran.
    Da schlang Annemarie ihre Ärmchen um Vaters Hals.
    »Ich habe das Barometer fallen lassen«, flüsterte es leise - ganz leise.
    »Du -« Des Vaters Gesicht wurde ernst. Er schob die kleine Sünderin ein Endchen von sich ab. »Was hast du denn an meinem Barometer zu suchen, Annemarie?«
    »Annemarie« sagte Vater und nicht »Lotte«, wie sonst immer, nun hatte er sie ganz sicher nicht mehr lieb!
    »Ich wollte doch so schrecklich gern, daß es morgen regnet, weil doch meine Kinderstube reingemacht wird. Und Fräulein hat gesagt, wenn das Barometer fallt, gibt es schlechtes Wetter!« schluchzte es in tiefstem Schmerz.
    »Und darum hat meine dumme, kleine Lotte es fallen lassen?« Vater biß sich auf die Lippen, um das Lachen zu verbergen.
    Auch Mutti und Fräulein mußten sich umwenden, weil es in ihren Gesichtern vor verhaltenem Lachen zuckte.
    Annemarie aber sah das alles nicht, die hörte nur, daß Vater wieder »Lotte« zu ihr gesagt hatte. Gott sei Dank, dann war er nicht mehr so böse! Da nahm Doktor Braun sein Nesthäkchen an die Hand und wies auf die Zahlen, welche auf dem Barometer verzeichnet waren.
    »Siehst du, Lotte, der blaue und der goldene Zeiger hier, die jetzt verbogen sind, die zwei wissen ganz genau im voraus, was es für Wetter gibt.
    Wenn die Witterung schön wird, steigen sie auf eine höhere Zahl. Wird das Wetter schlecht, so rücken sie auf eine niedrigere Zahl, und dann sagt man: Das Barometer fallt. Aber das bleibt trotzdem ruhig an der Wand hängen«, so belehrte sie der Vater. »Bist du auch nicht mehr böse, Vatchen, ich will es auch nie mehr wiedertun«, bat Annemarie noch ganz schüchtern.
    Da drohte Vater lächelnd: »Daß du mir nicht wieder an meine Sachen gehst!« und dann gab er ihr endlich den Verzeihungskuß.
    Abends im Bettchen faltete sie die Hände und betete: »Lieber Gott, mach du doch, daß es morgen regnet, hagelt und schneit, weil doch das Barometer nun kaputt ist und nicht mehr dafür sorgen kann - Amen!«

Maikäfer, fliege
     
    Der liebe Gott mußte wohl Annemaries Gebet erhört haben. Zwar hagelte und schneite es nicht am nächsten Tage, aber es goß in Strömen vom Himmel herab. Und immer neue Regenwolken zogen auf.
    Keiner war glücklicher als Annemarie.
    Mutti war weniger erfreut. Denn ihr Nesthäkchen war nicht aus der Kinderstube herauszubekommen und war jedem im Wege. Dabei fand das kleine Fräulein, daß es alle Hände voll zu tun hätte.
    In ihrem kleinen Eimer holte Annemarie Sodawasser und scheuerte ihre Küche, bis auch kein bißchen mehr von dem hübschen braunen Papier, mit dem der Fußboden beklebt war, darauf zu sehen war. Dann ergoß sich eine Sintflut über die Puppenstube und verdarb den hübschen roten Plüschteppich, den Annemarie vorher wegzunehmen vergessen hatte.
    Daraufhin schickte Mutti ihr Töchterchen in die Jungenstube nebenan, wohin die Puppen bereits gewandert waren.
    Nicht lange dauerte es, da öffnete Annemarie wieder die Tür, die in die Kinderstube führte.
    Da drin war es jetzt über alle Begriffe schön. Hanne watete auf Holzpantinen in einem See von Seifenwasser und scheuerte den Fußboden, wie Annemarie vorher ihre Puppenküche. Nur daß die Farbe nicht gleich mit dem Schmutz abging.
     
    Vorsichtig setzte Klein-Annemarie die äußerste Spitze ihres Füßchens in die Nässe. Ach, wer doch auch da so herumpatschen dürfte und noch dazu auf Holzpantinen.
    »Du bekommst nasse Füße, geh zurück, Annemariechen«, rief Frieda.
    Die gute Hanne aber, welche die sehnsüchtigen Blicke der Kleinen sah, trocknete sich die Seifenhände an der Schürze ab und - schwupp - da saß Nesthäkchen auf dem großen, weißen Kinderstubentisch, mitten in dem See wie auf einer Insel.
    Sie klatschte in die Hände und rutschte vor Freude hin und her, daß Hanne Angst hatte, sie könnte jeden Augenblick in den Scheuereimer fliegen.
    Mutti aber, die gerade vorbeiging, drohte dem kleinen Eindringling: »Na warte, wenn du nicht ganz brav bist, wirst du wieder an die Luft

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