Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Titel: Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
Vom Netzwerk:
gesetzt, Lotte!«
    Nebenan in der Jungenstube herrschte weniger Freude. Da war gerade der Klaus polternd und pfeifend aus der Schule gekommen. Er schleuderte seine Schulmappe auf das Arbeitspult und stellte sorglich eine Zigarrenkiste auf den Tisch. Darin kribbelte und krabbelte es von gefangenen Maikäfern; denn sein Schulweg führte durch den Tiergarten.
    Jetzt hatte er die Puppeneinquartierung erblickt, und zugleich durchzuckte den Schlingel ein Gedanke. Er nahm behutsam eines der kribbelnden Wesen aus der Schachtel, holte sich einen langen Faden und band diesen dem Maikäfer an das Bein. Das Fadenende aber behielt er in der Hand.
    Der Maikäfer spazierte erst ganz gemächlich über die Wachstuchdecke des Tisches. Mit ängstlichen Augen sahen sämtliche Puppen seinem Spaziergange zu. Besonders Gerda klopfte das Herz; denn sie hatte noch nie einen Maikäfer zu sehen bekommen.
    Plötzlich schien sich der braune Spaziergänger seiner Freiheit bewußt zu werden. Er breitete prüfend seine Flügel aus, - surr - da summte er durch das Zimmer gegen das Fenster.
    Die Puppen fielen vor Schreck beinahe auf den Rücken. Gerda zitterte wie Espenlaub, solche Angst hatte sie vor dem großen, braunen Käfer.
    Aber es sollte noch schlimmer kommen.
    Klaus zog den gegen die Fensterscheibe surrenden Maikäfer an seiner Leine zurück. Dann ließ er ihn wieder fliegen.
    Surr - diesmal surrte der schlanke Maikäferjüngling geradeswegs auf die ängstlichen Puppen los. Erst flog er zu dem blassen Irenchen, die vor Schreck rot wurde, und kitzelte es an der Nase. Dann surrte er vor Mariannchens noch immer verklebten Augen, und schließlich setzte er sich auf Gerdas blonden Lockenkopf und begann ihr zärtlich das Gesicht zu krabbeln. Denn sie war die Allerschönste. »Hilfe« - rief sie - »Hilfe« - und dann fiel sie in tiefe Ohnmacht.
    Ihren braunen Kavalier aber zog Klaus an dem um sein Bein geschlungenen Faden wieder in den Kerker zurück.
    Auch Puck machte heute einen großen Bogen um den gefährlichen Klaus.
    Denn sobald er die Zigarrenkiste sah, wußte er, was die Glocke geschlagen hatte.
    Am Abend, als die Kinderstube fix und fertig war und es nur so blitzte vor Sauberkeit, als die neuen, weißen Mullgardinen an den Fenstern leuchteten und alle Betten, sogar die der Puppen, blütenweiß bezogen waren, schlich sich der arge Klaus mit seiner Maikäferschachtel heimlich zur Kinderstube.
    Gerade unter das Bett des Schwesterchens stellte er die Kiste. Vorsorglich aber ließ er den Deckel ein ganz klein wenig offen, damit die Gefangenen nicht erstickten.
    Mitten in der Nacht war's. Alles schlief im Kinderzimmer, da begann es sich in der Zigarrenkiste zu regen. Einer nach dem andern der braunen Gesellen marschierte durch die Luftspalte in die Freiheit, und - surr - da surrte der ganze Schwärm gegen die neuen, weißen Mullgardinen.
    Surr - jetzt ging es lustig in der Kinderstube umher. Vier flogen zu Annemaries Bettchen, drei zu Fräulein Lena und ein halbes Dutzend surrte um den Puppenwagen. Das kribbelte und krabbelte.
    Annemarie juckte sich im Schlaf das Näschen; denn dort hatte gerade ein Maikäfer-Großpapa Platz genommen. Fräulein fuhr mit den Händen in der Luft umher - da hatte sie einen Maikäfer zwischen den Fingern. Puppe Gerda aber riß erschreckt die Augen auf, als sie das fürchterliche Surren vernahm, und weckte weinend ihre kleine Mama. Die stimmte denn auch sogleich in das Geplärr ihrer Puppe ein.
    »Fräulein - Fräulein - das Luftschiff muß hier im Zimmer sein, hör nur, wie es surrt!« so schrie sie.
    Fräulein hatte schon Licht gemacht. Da sah sie entsetzt den gefangenen Maikäfer in ihrer Hand - und Maikäfer, wohin sie auch blickte.
    In ihrem Bettchen aber, umgeben von lustig surrenden Maikäfern, stand Nesthäkchen nebst Gerda und schrie wie am Spieß.
    Fräulein beruhigte erst liebevoll ihre kleine, brüllende Annemarie. Dann machte sie beide Fenster auf und - surr - da war die ganze braune Gesellschaft auf und davon - auf Nimmerwiedersehen. In der soeben erst reingemachten Kinderstube jedoch sah es am nächsten Morgen lustig aus. Schwarz die schönen weißen Mullgardinen, schwarz getupft die frischbezogenen Betten. Alles hatten die Maikäfer wieder schmutzig gemacht.
    Klaus aber bekam seine wohlverdiente Keile.

»Herr Doktor, mein Kind ist so krank!«
     
    Auf dem Spielplatz waren eines Tages drei niedliche Kinder, ein Knabe und zwei Mädchen, erschienen. Annemarie sah sie erst von weitem an und schob sich

Weitere Kostenlose Bücher