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Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Titel: Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Mädelchen, die höchst unternehmungslustig die Klasse betraten.
    Da schämte sich Annemarie ihrer Furcht und ging herzklopfend hinter ihren neuen Mitschülerinnen her.
    »Guten Morgen«, sagte sie leise, blieb an der Tür stehen und steckte vor Verlegenheit den Finger in den Mund.
    Aber erschreckt zog sie ihn wieder heraus; denn hell klang es von einem vorlauten, kleinen Ding durch die Klasse: »Haach - die lutscht ja noch!«
    Alle Kinder blickten neugierig zu Annemarie hin.
    Die griff nach der Türklinke und wollte sofort wieder davon. Nein - hier blieb sie nicht - i wo - sie ließ sich doch nicht auslachen!
    Da aber kam eine freundliche Stimme vom Pult her: »Na, tritt nur näher, mein Kind, gib mir die Hand und sage mir, wie du heißt.«
    Die Stimme war so sanft und lieb, fast wie die von Mutti. Und die junge Lehrerin, die Annemarie nicht gleich unter all den vielen Kindern entdeckt hatte, schaute so vertrauenerweckend aus, daß die Kleine ihren Plan, fortzulaufen, aufgab. Zögernd trat sie an das Pult heran.
    »Wie heißt du denn, mein Kind?« klang es wieder aufmunternd an ihr Ohr.
    »Annemie«, flüsterte das kleine Mädchen so leise, daß die Lehrerin Ohren wie ein Luchs hätte haben müssen, um es zu verstehen. Nesthäkchen hielt dazu den Kopf zur Erde gesenkt.
    Sanft hob das Fräulein den Blondkopf des schüchternen kleinen Mädchens zu sich empor.
    »Ei, du schämst dich doch nicht etwa, daß du mich nicht ansehen magst?« fragte sie lächelnd.
    »Nein, gar nicht, bloß weil die Kinder mich ausgelacht haben, schäme ich mich«, stieß Klein-Annemarie etwas hörbarer hervor; denn sie hatte inzwischen Vertrauen zu der netten, jungen Dame gefaßt.
    Da lächelte das Fräulein noch mehr.
    »Na, dann sage uns doch mal ganz laut, wie du heißt, du kannst doch gewiß schreien!«
    »Annemie, und wenn ich artig bin, 'Lotte'!« brüllte Nesthäkchen jetzt, daß die Lehrerin und alle Kinder vor Schreck zusammenfuhren. Das mußte sogar Fräulein Lena unten im Treppenflur vernommen haben.
    »So ist's recht, nun möchte ich aber auch gern noch wissen, wie dein Papa heißt, Annemie?« sagte die Lehrerin, wieder schnell gefaßt.
    »Der heißt Vater.« Die Kleine sah das Fräulein treuherzig an.
    »Ja, aber er muß doch noch einen anderen Namen haben?« Nesthäkchen dachte nach.
    »Freilich, Mutti nennt ihn 'Edchen', und manchmal auch 'mein Bester', aber Hanne und Frieda sagen 'Herr Doktor'«, rief sie voll Stolz.
    Da lachte das Fräulein, und alle Kinder lachten mit, ohne eigentlich zu wissen, warum. Klein-Annemarie wandte den Kopf verlegen nach der Tür. Wurde sie nicht schon wieder ausgelacht? Diesmal blieb sie aber nicht hier. Spornstreichs machte sie kehrt, und fort war sie, ehe die erstaunte Lehrerin sie noch zurückhalten konnte.
    Drunten im Treppenflur stand Fräulein Lena mit mehreren Müttern und Kindermädchen und wartete auf Annemarie. Da erschien Nesthäkchen plötzlich vor ihr mit heißem Gesicht, ohne Hut und Mantel.
    »Kind - Annemie - warum kommst du denn jetzt schon wieder, ist denn die Schule schon aus?« fragte sie erschreckt.
    »Nein, aber ich gehe nicht mehr in die olle Schule«, erklärte die Kleine weinerlich, »ich will nach Haus zu Vater und Mutti, und zu Hanne und Frieda!«
    »Aber Annemiechen, warst du denn unartig, daß man dich fortgeschickt hat?« forschte Fräulein Lena, aufs höchste betroffen.
    »I wo« - unter Tränen begann es in Nesthäkchens Blauaugen schon wieder schelmisch zu blitzen - »ich bin ganz von allein ausgerückt. Sie haben mich ausgelacht, und - das brauche ich mir nicht gefallen zu lassen!«
    Mit großer Mühe gelang es dem Fräulein endlich, der Kleinen den richtigen Sachverhalt zu entlocken, und mit noch größerer Mühe, Nesthäkchen zu überreden, es noch einmal mit der Schule zu versuchen. Sie führte die kleine Ausreißerin selbst in die Klasse zurück, wo die Lehrerin schon in Sorge um sie gewesen war.
    Von Fräulein Lena erfuhr die Klassenlehrerin auch, daß die kleine Schülerin Annemarie Braun heiße. Es wurde ihr ein Platz auf der vordersten Bank zwischen zwei anderen Kindern angewiesen, und ihr Fräulein Lena konnte die Klasse wieder verlassen.
    »So, Annemarie«, wandte sich die junge Lehrerin jetzt nochmals der Kleinen zu und fuhr ihr freundlich über die weichen Locken, »nun verrate mir mal, warum du nicht bei uns bleiben wolltest. Gefällt es dir denn nicht hier in der Schule?«
    »Nee, gar nicht!« war Annemaries Antwort, die nichts an Ehrlichkeit zu

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