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Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Titel: Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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wünschen übrig ließ. »Zu Haus, da haben sie mich alle lieb, da lacht mich keiner aus!« setzte sie leise hinzu.
    »Hier werden wir dich auch alle lieb haben, Annemie, wenn du brav und fleißig bist«, tröstete das Fräulein.
    Die gütigen Worte erfüllten das liebe gewohnte Herzchen von Klein-Annemarie mit einer großen Zärtlichkeit für die junge Lehrerin.
    Eins - zwei - drei - kletterte sie auf die Schulbank und von dort -da sie noch immer nicht heranreichen konnte - auf den langen, schmalen Tisch.
    Ehe die Lehrerin sich versah, schlangen sich ihr zwei Ärmchen um den Hals, und ein roter Kindermund küßte sie voll Ungestüm.
    »Ich werde dich sehr, sehr lieb haben, Tante«, versprach Annemarie, und schmiegte ihr Gesichtchen zärtlich an die Wange der Lehrerin.
    Sanft machte sich diese von den umstrickenden Ärmchen frei.
    »Das ist nett von dir, Annemie«, sagte sie belustigt, »aber wir sagen hier nicht Tante, dazu ist ein Schulmädel schon zu groß. Ihr sagt Fräulein Hering zu mir.«
    »Hahaha«, lachte es da aus einer Ecke, und »hahaha« fiel der ganze Chor von fünfzig Kindern ein.
    »Ei, über was freut ihr euch denn so?« fragte Fräulein Hering.
    »Hahaha - Hering - den ißt man doch mit Pellkartoffeln, so kann man doch nicht zu einer Lehrerin sagen!« Es war dasselbe vorlaute, kleine Ding, das vorhin »Haach - die lutscht ja noch!« gerufen hatte.
    »Aber warum kannst du mich denn nicht Fräulein Hering nennen, Hilde?« Das Fräulein amüsierte sich gottvoll.
    »Nee, Hering ist doch ein Tier, und alle Tiere, Ochse, Esel, Schaf, das sind Schimpfnamen. Und seine Lehrerin darf man doch nicht schimpfen!« rief Hilde eifrig.
    »Ihr könnt mich ruhig Fräulein Hering nennen, das ist nicht geschimpft, denn ich heiße doch so«, sagte die Lehrerin, noch immer mit dem Lachen kämpfend. Dann wandte sie sich nach der anderen Seite. »Aber Margot, weinst du denn noch immer?« Sie neigte sich zu einem kleinen Mädchen hinab, das die ganze Zeit über ihr Gesicht hinter dem rotgeränderten Taschentuch vergraben hatte.
    Annemarie drehte neugierig den Kopf nach der Heulsuse hin, und alle anderen Kinder wandten sich ebenfalls nach der weinenden Margot um.
    »Sieh nur, wie vergnügt die vielen kleinen Mädchen hier sind, nur du weinst und hast immer Angst; wir tun dir doch nichts, Margot«, redete Fräulein Hering ihr weiter zu.
    Da ließ die furchtsame Kleine endlich ihr feuchtes Taschentuch sinken, und ein verweintes, schmales Kindergesicht mit großen, braunen Augen kam zum Vorschein.
    Annemarie reckte sich fast den Hals aus. Herrgott - kannte sie das kleine Mädchen denn nicht? Natürlich - das war doch die Kleine, die seit dem ersten April in der Kinderstube ihr gegenüber eingezogen war. Sie hatten sich doch schon öfters zugenickt, alle beide.
    Mit einem Satz war Annemarie über den Tisch hinüber. Springen und klettern konnte sie, das hatte sie von ihrem Bruder, dem wilden Klaus, gelernt. Sie rannte durch die Klasse und rief, der kleinen Margot beide Hände hinstreckend, freudestrahlend: »Du, heul bloß nicht mehr, ich bin ja auch hier!«
    Wirklich verklärte ein Glücksschimmer plötzlich Margots Jammermiene, als sie ihre kleine Nachbarin ebenfalls erkannte.
    »Rück mal'n bißchen, dann setze ich mich zu dir«, kommandierte Klein-Annemarie, die jetzt jede Scheu verloren hatte.
    »Nein, das geht nicht, Annemie, hier in der Schule läuft man nicht von seinem Platz weg, da mußt du sitzen bleiben, wo ich dich hingesetzt habe«, mischte sich Fräulein Hering ein.
    »Aber dann weint Margot doch wieder, wenn ich sie allein lasse«, gab Annemarie zu bedenken.
    Wirklich verzog sich Margots Mund bereits, ein neues Geheul verheißend.
    »So tausche meinetwegen mit Erna Rust und setze dich neben Margot Thielen«, erlaubte Fräulein Hering, da sie eine zweite Tränenauflage fürchtete.
    Und nun saßen die beiden kleinen Hausgenossinnen, die sich eigentlich kaum kannten, mit glücklichen Gesichtern nebeneinander.
    »Ich habe einen kleinen Pudeltintenwischer, süß ist der!« Annemarie zog den süßen Tintenwischer aus dem Federkasten und hielt ihn hoch, damit ihn auch die anderen Kinder bewundern konnten.
    »Ich habe einen Mohrentintenwischer« - »Ich einen Glückspilz« - »Meiner ist noch viel, viel feiner, der ist mit Perlen« - »Und meiner ist aus Münchens ollem Handschuh« - so zwitscherte das mit einemmal in der Klasse lustig durcheinander.
    Fräulein Hering klatschte in die Hände und gebot Ruhe.
    »Nun seid

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