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Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Titel: Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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darauf hörte man Frau Trudchen in lautes: »I du meine Jüte!« ausbrechen. »Nein, so 'ne Überraschung! Was wird unsere Frau Jeheimrat man bloß jesagt haben! Kunze, - Jon, wo steckt der Mann denn nu wieder - unsere jnädige Frau Urselchen aus Brasilien is jekommen!« Rührend war die Freude der Treuen.
    Unter der Linde streckte der Geheimrat seiner Frau die Hand über den Tisch hinüber: »Daß ich diesen Tag erlebt hab', das dank' ich, nächst dem da droben, dir und deiner aufopfernden Pflege, meine gute Alte.«
    »Ich bin heute eine schlechte Pflegerin, Rudi. Mit keinem Gedanken habe ich daran gedacht, daß die Aufregung, wenn auch noch so freudiger Art, dir schaden könnte. Nur eins vermochte ich zu denken: Urselchen ist da!«
    »Gottlob, daß sie da ist! Ja, wo steckt's denn, das Ursele? Scheint halt noch derselbe Irrwisch zu sein wie ehedem.«
    »Hier steckt sie!« rief eine lachende Stimme irgendwo aus der Höhe herab. Auf dem kleinen Tausendschönchenbalkon ihres ehemaligen Mädchenstübchens stand die Ursel und hielt von ihrem ureigensten Reiche aus Umschau. Diese engen Wände hatten ihre fröhliche Kindheit, ihre sorglosen Mädchenjahre beschirmt, bis sie aus ihrer Obhut hinausgezogen war in die Weite, in die Fremde. Nein, sie brauchte es nicht zu bereuen - liebevoll dachte sie an ihren fernen Mann. Aber was war das für ein warmes, wohliges Gefühl, wieder daheim zu sein. Sich wieder Kind zu fühlen im Elternhause. Ist man auch noch so alt inzwischen geworden, dieses Sichgeborgenwissen findet man sonst nirgends auf der Welt.
    Der kleine Juan hatte sich bereits auf Omamas Schoß etabliert. Er ließ sich gern verhätscheln, der kleine Nachkömmling.
    »Nicht einmal Kuchen hatte die Omama zum Empfang backen können«, beklagte sich Frau Annemarie, als man nun gemütlich beim Kaffee saß.
    »Keinen Kuchen, Muzi. Eine Berliner Butterschrippe, das ist jetzt die größte Delikatesse für mich. Oder noch lieber eine Butterstulle, die habe ich die ganze Zeit drüben entbehrt.«
    Frau Ursel ließ es sich schmecken. Dabei wanderte ihr Blick glücklich von den lieben Zügen der Mutter zum Vater hin und wieder zu ihrer Muzi zurück. Dem Vater sah man die überstandene Krankheit noch an. Sein Haar war gebleicht, die Augen matt. Und auch die Mutter, ihre kleine Muzi, zeigte Silberfäden in dem noch vollen Goldhaar.
    »Wo hast du denn dein Gepäck abgestellt, Ursele? Soll Kunze es vom Bahnhof abholen?«
    unterbrach der Geheimrat sachlich Ursels Beobachtungen. »Ich nehme nit an, daß Donna Tavares mit dieser kleinen Handtasche von Brasilien herübergekommen ist.«
    »Bringst du etwa ebenso viele Koffer mit wie deine beiden Mädel, Urselchen? Dann kündige ich dir das Logis«, scherzte die Mutter mit glücklichen Augen.
    »Das brauchst du gar nicht erst, Mutterchen. Ich bin im Hotel abgestiegen. Juans alte Rosita, die Mulattenkinderfrau, ist bei den Sachen zurückgeblieben. Milton meinte, wir könnten euch unmöglich doch auch noch ins Haus fallen und ...«
    »Bestell deinem Mann einen schönen Gruß von seinem Schwiegervater, und vielleicht war das in Brasilien Mode, daß ein Kind ins Hotel geht, wenn es zu seinen Eltern heimkommt. Bei uns in Deutschland nimmer, verstehst?« Nein, wie sich der sonst so ruhige Vater aufregte. Daran erkannte man, daß er noch nicht ganz gesund war.
    »Milton hat es sicher gut gemeint«, begütigte Frau Annemarie. »Aber sag, Kind, hast du wirklich im Ernst geglaubt, daß wir dich nach jahrelangem Entbehren wieder fortlassen? Daß wir nicht jede Minute, jede Sekunde des Zusammenseins ausnützen werden, um uns zu entschädigen?«
    »Ich hab's Milton gleich gesagt, daß ihr es nicht zulaßt. Und wenn ich im Ziegenstall logieren muß, ich gehöre ins Rosenhaus nach Lichterfelde. Nur mit Sack und Pack wollte ich nicht gleich hier vorgefahren kommen. Meiner kleinen Muzi sollte nicht himmelangst werden bei der Überrumpelung.«
    »Da kennst du deine Mutter schlecht, Urselchen. Seit sechzehn Jahren ist alles für deinen Empfang geordnet. Sicher richtet Frau Trudchen schon das Biedermeierzimmer für dich her. Unser kleiner Hansel wohnt mit seiner Kinderfrau oben, neben den Schwestern. Also du siehst, Donna Tavares braucht nicht im Ziegenstall zu logieren.« »Ja, so geht's«, meinte Frau Ursel lachend, »die Jungen verdrängen die Alten. Meine beiden Mädel haben mich aus meinem Stübchen, dem Paradies meiner Kinderzeit, vertrieben, und ich verdränge meine kleine Muzi aus ihrem Heiligtum, dem

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