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Nette Nachbarn

Nette Nachbarn

Titel: Nette Nachbarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Gilbert?«
erkundigte er sich ruhig.
    Gilbert hob die rechte Faust und
schüttelte sie. Sie umklammerte ein Stück weißes Papier, das aussah, als trüge
es den Briefkopf von All Souls. »Damit wirst du nicht durchkommen!«
    Hank kam jetzt ganz nach unten, stellte
die Schachtel neben dem Baum ab. »Ehrlich gesagt, ich denke doch!«
    »Niemals! Du kannst die Partnerschaft
nicht auflösen! Nicht ohne jedermanns Zustimmung! Und ich werde meine niemals
geben! Ebensowenig — «
    Hank richtete sich auf, wischte sich
lässig die Hände ab. »Dein Problem, Gilbert, ist, daß du nicht sorgfältig genug
liest. Genauso wie du die Vorschriften darüber, wer die Einfahrt benutzen darf,
nicht richtig gelesen hast. Wahrscheinlich ist das der Grund für deine
mittelmäßigen Noten gewesen.«
    Das brachte Gilbert vorübergehend zum
Schweigen.
    Hank fuhr fort: »Siehst du, in unserem
Partnerschaftsabkommen gibt es eine Klausel für die Auflösung, wie in allen
derartigen Abkommen. Und sie sieht vor, daß die Partnerschaft mit einer
Stimmenmehrheit aufgelöst werden kann.«
    Gilberts kleine Augen schossen von
rechts nach links. Offensichtlich rechnete er sich aus, welche Partner für ihn
und welche gegen ihn sein würden. Ich fühlte Triumph in mir aufsteigen.
    »Mach dir nicht die Mühe zu zählen«,
sagte Hank. »Ich bin dir über, um eine Person. Das Treffen, von dem dieser
Brief dich in Kenntnis setzt, wird stattfinden, die Partnerschaft wird
aufgelöst und die Besitztümer aufgeteilt werden.«
    Gilberts Gesicht zuckte noch wütender.
»Die Besitztümer ? Welche Besitztümer?«
    Hank grinste. »Nun, da ist die
Büroeinrichtung — das ist eine verdammt gute Selectric II, die Ted da benutzt.
Die Aktenschränke sind ein wenig mitgenommen, die Möbel nicht die besten, die
Bücher in der juristischen Bibliothek gehören größtenteils Einzelpersonen. Es
gibt so einiges. Da ist die einhundert-Dollar-Kaution zur Reinigung des Hauses —
wenn sich jemand die Mühe macht zu putzen. Da ist natürlich vor allem die
Nutzung unseres Namens. Aber du und deine Freunde, ihr wolltet den Namen nicht,
oder? Zu altmodisch, aus den Sechzigern, war es nicht das, was du gesagt hast?«
    Er machte eine Pause, sah angestrengt
nachdenklich aus. »O ja, dann ist da noch die Trophäe, die wir vor zwei Jahren
beim ABA-Stadttennis gewonnen haben. Sie ist zwar ziemlich kitschig, aber zehn
Dollar könnte man vielleicht dafür bekommen. Wenn man das natürlich gegen die
Schulden aufrechnet... ich bin mir nicht einmal sicher, ob wir die letzte
Rechnung für Büromaterial bezahlt haben.«
    Gilbert knüllte den Brief zusammen, den
er in den Händen gehalten hatte, und schleuderte ihn zu Boden. »Du hältst dich
wohl für sehr schlau, was?«
    »Ach, durchschnittlich. Aber vielleicht
für schlauer als dich.«
    »Ich will diese Klausel im
Partnerschaftsabkommen sehen.« Aber der Kampfgeist hatte Gilbert verlassen. Er
ergab sich bereits in der Niederlage.
    Hank wies mit dem ganzen Arm auf sein
Büro. »Klar. Komm mit, dann zeig’ ich sie dir. Ich habe zufällig eine Kopie auf
meinem Schreibtisch liegen.« Er zwinkerte mir zu und begleitete das Kaninchen
den Gang entlang.
    Ich ging hinüber und hob den Brief auf,
strich ihn glatt, damit ich ihn lesen konnte. Er war von Hank, in der typischen
Juristensprache abgefaßt, und informierte die Partner über ein Treffen um zehn
Uhr am Montagmorgen. Der Zweck dieses Treffens würde eine Abstimmung über die
Auflösung der Partnerschaft sein.
    Ich lächelte. Ich war bereit zu wetten,
daß nur Gilbert und seine Freunde Durchschriften dieses Briefes bekommen
hatten. Und ich war ebenso bereit, zu wetten, daß es nicht zu einer Auflösung
kommen würde, sondern nur zu ein paar Kündigungen und einer ruhigen Lösung
aller noch offenstehenden Probleme. Unten auf die Seite hatte Hank noch ein
Postskriptum gefügt, in dem es hieß: »Natürlich ist All Souls immer wenig
formell vorgegangen. Sollte es in der Zeit bis Montag morgen zu einer Übereinstimmung
kommen, daß dieses Treffen unnötig ist, dann bin ich sicher, daß wir darauf
verzichten und uns der wichtigeren Arbeit dieser Firma widmen können — nämlich,
unseren Klienten zu helfen.«
    Mir gefiel die Kursivschrift. Das war
ein netter Touch. Der Brief war von Ted getippt und mit seinem Zeichen versehen
worden, und vielleicht hatte er die Schrift sogar benutzt, weil seine ›verdammt
gute Selectric II‹ ein Kursivelement besaß, auf das er sehr stolz war. Ja, sie
war wirklich

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