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Nette Nachbarn

Nette Nachbarn

Titel: Nette Nachbarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ein netter Touch.
    Aus Hanks Büro konnte ich Stimmen
hören. Gilberts Stimme klang gedämpft, ziemlich weinerlich.
    Ich ging den Gang entlang, lächelte vor
mich hin. Es würde alles wieder gut werden. All Souls würde überleben und durch
diesen Konflikt wahrscheinlich nur noch stärker werden. Und mein Job wäre
sicher. Mein Job...
    Auf halbem Weg zum Lesezimmer blieb ich
stehen, bemerkte, daß ich immer noch den Brief in der Hand hielt. Irgend etwas
zwang mich, ihn noch einmal anzusehen, ihn sorgfältig zu lesen.
    Diese Kursivschrift...
    Mein Lächeln wurde zu einem
Stirnrunzeln, und ich stand ein, zwei Minuten ganz still. Meine Gedanken gingen
alle durcheinander, die Fakten wollten sich nicht miteinander verbinden lassen.
Dann rannte ich den Rest des Weges auf die Rückseite des Hauses — und ein paar
Minuten später paßten alle Fakten zusammen.
    Ich wußte jetzt, wo Duc war — und wer
seinen Freund Hoa Dinh ermordet hatte.

DREIUNDZWANZIGSTES
KAPITEL
     
    »Du solltest mich lieber mitkommen
lassen«, sagte Don.
    Ich umklammerte den Telefonhörer noch
fester. »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es mein Job ist, nicht deiner.«
    »Aber es könnte gefährlich werden — «
    »Nein!«
    Meine Erbitterung war offensichtlich,
und Don am anderen Ende der Leitung verstummte. Er hatte bei All Souls
angerufen, als ich gerade auf dem Weg zur Tür gewesen war, weil er hoffte, daß
wir später irgendwo in Ruhe etwas zusammen trinken könnten. Statt dessen hatte
ich ihn mit der Lösung eines Mordes — möglicherweise auch zweier Morde — und
einem Plan konfrontiert. Jetzt machte er sich Sorgen um meine Sicherheit.
    »Sharon«, wiederholte er in grimmigem
Ton, »geh zur Polizei.«
    »Kann ich nicht.« Aber wieder dachte
ich darüber nach. Vielleicht würde Greg mir zuhören, wenn ich ihm erklärte,
worauf ich gekommen war. Wenn ich ihn noch einmal anrief und ihm sagte... Aber
ich kannte Greg; er würde nicht zuhören. Die einzige Möglichkeit, diese
Angelegenheit erfolgreich zu Ende zu führen, war, Duc zu befreien. Greg konnte
sich nicht weigern, dessen Erzählung zuzuhören. »Ich kann nicht«, sagte
ich wieder. »Ich rechne fest mit dir. Du mußt dafür sorgen, daß alles gutgeht.
Wenn ich dich nicht in genau einer Stunde anrufe, dann möchte ich, daß du die
Bullen rufst. Sag ihnen, du willst einen Mord melden, der gerade begangen wird,
und gib ihnen die Adresse — «
    »Mord!«
    »Das ist nur, damit sie so schnell wie
möglich hinkommen.«
    »Sharon, um Gottes willen, warte — «
    »Vergiß nicht, in genau einer Stunde
von jetzt an.« Ich legte auf und rannte zur Tür.
    Ich fuhr mit dem Wagen dicht an das
Gerüst, das das Crystal Palace Theatre umgab, und stellte dann Motor und Licht
ab. Ich zog meine Taschenlampe aus der Tasche, sah nach, ob die Pistole noch
sicher in der Seitentasche steckte, und stieg aus dem Wagen. Die Nacht War noch
immer klar und noch kälter geworden; die Umrisse des alten Theaters wirkten
härter als im Nebel in der Nacht zuvor. Ich schaute die Straße hinauf und
hinab, sah niemanden und rannte auf die Öffnung im Gerüst zu. Als ich sie
erreichte, blieb ich stehen, lauschte. Ich konnte nichts anderes hören als
gedämpften Verkehrslärm.
    Die kahlen Glühbirnen im Gang neben dem
Gebäude brannten, und der schmale Steg war so unheimlich wie eine verlassene
Bühnendekoration. Ich ging dicht am Gerüst entlang, in einer Hand die
Taschenlampe, die andere griffbereit an der Waffe. Ich näherte mich der
Seitentür, durch die Dolly und ich am Abend zuvor eingetreten waren. Aber als
ich am Griff zerrte, ließ sich die Tür nicht öffnen.
    Also schön, dachte ich, das kann
schließlich nicht der einzige Eingang sein. Das Theater würde einen
Bühneneingang haben, weiter hinten. Ich ging zurück, blieb an der Öffnung im
Gerüst stehen, um hinauszusehen. Die Straße war immer noch verlassen. Ich ging
ungefähr zwanzig Schritte weiter, in den Schatten hinein. Das Licht der
Glühbirnen reichte nicht bis hierher, aber ich fand eine kleine Treppe, die zu
einer anderen Tür führte. Aber als ich sie hinaufstieg und am Knauf zerrte,
rührte sie sich nicht.
    Natürlich hatte die Polizei nach dem
Mord an Otis Knox — und jetzt war ich ganz sicher, daß es Mord gewesen war — das
Gebäude gesichert. Aber es mußte noch einen anderen Weg hinein geben, einen,
den sie nicht bemerkt hatten. Die Person, hinter der ich her war, war oft
hineingelangt, hatte auch Duc dorthin gebracht. Ich würde das Gebäude so

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